18.08.2016

Preise wie Stern­schnuppen

The Wounded Angel
The Wounded Angel des Kasachen Emir Baigazin gewann den »Fünf Seen Filmpreis«

Das Fünf-Seen-Filmfest endet mit einem Preisregen und neuem Besucherrekord

Von Ingrid Weidner

Das Wetter am zehnten Geburtstag des Fünf-Seen-Film­fes­ti­vals war durch­wachsen – mal gab es strah­lenden Sonnen­schein und sommer­liche Tempe­ra­turen, an anderen Abenden froren die Open-Air-Fans in ihren Liege­stühlen trotz Woll­de­cken. Doch selbst strö­mender Regen störte die Freiluft-Kino­gänger anschei­nend nicht, denn 20.000 Besucher sind der Einladung gefolgt, haben sich an den acht Spiel­orten Filme angesehen, die es viel­leicht nie ins reguläre Programm schaffen, längst nicht mehr laufen oder bereits zu den Publi­kums­lieb­lingen zählen.

Festi­val­leiter Matthias Helwig begrüßte so viele Gäste wie noch nie. Ins Fünf­se­en­land reisten etwa Doris Dörrie, Heino Ferch, Florian David Fitz, Nicolette Krebitz, Dani Levy, Goran Paskal­jević, Sebastian Schipper und Götz Spielmann, um mit dem Publikum über ihre Filme zu disku­tieren. Manche Regis­seure verrieten auch das ein oder andere Geheimnis zum Dreh. Neben der Prominenz stellten aber auch viele junge und/oder weniger bekannte Filme­ma­cher ihre Filme persön­lich vor. Das Fünf-Seen-Film­fes­tival zählt zwar zu den B-Festivals und ist im Vergleich zu mancher etablierten Filmrevue noch ein junger Hüpfer, doch Helwig und sein Team fanden eine Nische im Festival-Marathon und füllen diese mit einem anspre­chenden Programm und einem Kino­er­lebnis vor impo­santer Land­schafts­ku­lisse.

Für Regis­seure attraktiv, für Besucher etwas verwir­rend sind die neun Wett­be­werbe und vielen Preise des Festivals. Weshalb es einen Doku­men­tar­film- und einen Horizonte-Preis gibt, bleibt zwar ein Rätsel, doch die Gewinner quälen sich vermut­lich nicht mit solchen Neben­säch­lich­keiten. Bereits nach dem ersten Festival-Woche­n­ende wurden die Horizonte-Preise für zwei Doku­men­tar­filme vergeben. Der tatsäch­liche Doku­men­tar­film­preis ging an Der zornige Buddha von Stefan Ludwig. Sieger des Kurz­film­wett­be­werbs mit dem nied­li­chen Titel »Goldenes Glühwürm­chen« wurde Samira von Charlotte A. Rolfes. Den Short-Plus-Award, ein Publi­kums­preis, erhielt 100 Stunden Lesbos von Manuela Federl. Gewinner des erstmals verlie­henen Video-Art-Preises war Sabbath 2008 von Nira Pereg (hier auf Vimeo), der Video-Art-Publi­kums­preis ging an Sense of Warmth von Sven Johne (hier auf Vimeo).

Den Haupt­wett­be­werb und damit den »Fünf Seen Filmpreis« gewann The Wounded Angel des Kasachen Emir Baigazin. Die Jury­mit­glieder Michael Verhoeven, Molly von Fürs­ten­berg, Roland Colla, Kirsten Martins und Martin Kaufmann begrün­deten ihre Entschei­dung so: »Wir begeben uns auf eine Reise in die Welt von vier Jungen in Kasachstan. Sie sind eigent­lich die Zukunft des Landes, aber sie haben keine Zukunft. Der Film hat eine eigene Hand­schrift – konse­quentes, keines­wegs konven­tio­nelles Kino. The Wounded Angel lässt dem Zuschauer viel Raum für die eigenen Asso­zia­tionen, seine manchmal vers­tö­renden, aber auch poeti­schen und sugges­tiven Bilder machen den Reichtum des Films aus.« Das Preisgeld beträgt 5000 Euro und der Film startet am 3. November 2016 in den deutschen Kinos. Die Dreh­buch­au­toren Alexandru Baciu, Radu Muntean und Razvan Radulescu konnten sich für Ein Stockwerk tiefer von Radu Muntean über den Preis für das beste Drehbuch freuen.

In der Sektion »Perspek­tive Junges Kino« gewann Aline Fischer mit Mete­or­straße. Die Jury­mit­glieder begründen ihre Wahl so: »Ein Coming-of-Age-Drama über zwei Paläs­ti­nen­ser­brüder in Berlin. Näher am Hier und Jetzt geht’s nicht. Die Suche nach dem Ich, die Suche nach Identität, die Suche nach Heimat und Zukunft. Zwei außer­ge­wöhn­liche Helden, gespielt von hervor­ra­genden unbe­kannten und viel­ver­spre­chenden Darstel­lern. Ein unbe­stech­li­cher weib­li­cher Blick auf eine Männer­welt – anrührend, nicht wertend, entlar­vend und zutiefst human. Der Preis ist ein kleiner Ansporn für den nächsten Film von Aline Fischer.« Die Regis­seurin erhielt ein Preisgeld von 2000 Euro. Der erstmals vergebene Dreh­buch­preis (Preisgeld 1000 Euro) in der Sektion »Perspek­tive Junges Kino« geht an Vlaznost/ Humidity von Nikola Ljuca, der gemeinsam mit Stasa Bajac das Drehbuch geschrieben hat. Und schließ­lich gab es noch einen Publi­kums­preis (2000 Euro) für Eine unerhörte Frau von Hans Stein­bichler, der ab dem 6. Oktober in den deutschen Kinos zu sehen sein wird.