Preise wie Sternschnuppen |
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The Wounded Angel des Kasachen Emir Baigazin gewann den »Fünf Seen Filmpreis« |
Von Ingrid Weidner
Das Wetter am zehnten Geburtstag des Fünf-Seen-Filmfestivals war durchwachsen – mal gab es strahlenden Sonnenschein und sommerliche Temperaturen, an anderen Abenden froren die Open-Air-Fans in ihren Liegestühlen trotz Wolldecken. Doch selbst strömender Regen störte die Freiluft-Kinogänger anscheinend nicht, denn 20.000 Besucher sind der Einladung gefolgt, haben sich an den acht Spielorten Filme angesehen, die es vielleicht nie ins reguläre Programm schaffen, längst nicht mehr laufen oder bereits zu den Publikumslieblingen zählen.
Festivalleiter Matthias Helwig begrüßte so viele Gäste wie noch nie. Ins Fünfseenland reisten etwa Doris Dörrie, Heino Ferch, Florian David Fitz, Nicolette Krebitz, Dani Levy, Goran Paskaljević, Sebastian Schipper und Götz Spielmann, um mit dem Publikum über ihre Filme zu diskutieren. Manche Regisseure verrieten auch das ein oder andere Geheimnis zum Dreh. Neben der Prominenz stellten aber auch viele junge und/oder weniger bekannte Filmemacher ihre Filme persönlich vor. Das Fünf-Seen-Filmfestival zählt zwar zu den B-Festivals und ist im Vergleich zu mancher etablierten Filmrevue noch ein junger Hüpfer, doch Helwig und sein Team fanden eine Nische im Festival-Marathon und füllen diese mit einem ansprechenden Programm und einem Kinoerlebnis vor imposanter Landschaftskulisse.
Für Regisseure attraktiv, für Besucher etwas verwirrend sind die neun Wettbewerbe und vielen Preise des Festivals. Weshalb es einen Dokumentarfilm- und einen Horizonte-Preis gibt, bleibt zwar ein Rätsel, doch die Gewinner quälen sich vermutlich nicht mit solchen Nebensächlichkeiten. Bereits nach dem ersten Festival-Wochenende wurden die Horizonte-Preise für zwei Dokumentarfilme vergeben. Der tatsächliche Dokumentarfilmpreis ging an Der zornige Buddha von Stefan Ludwig. Sieger des Kurzfilmwettbewerbs mit dem niedlichen Titel »Goldenes Glühwürmchen« wurde Samira von Charlotte A. Rolfes. Den Short-Plus-Award, ein Publikumspreis, erhielt 100 Stunden Lesbos von Manuela Federl. Gewinner des erstmals verliehenen Video-Art-Preises war Sabbath 2008 von Nira Pereg (hier auf Vimeo), der Video-Art-Publikumspreis ging an Sense of Warmth von Sven Johne (hier auf Vimeo).
Den Hauptwettbewerb und damit den »Fünf Seen Filmpreis« gewann The Wounded Angel des Kasachen Emir Baigazin. Die Jurymitglieder Michael Verhoeven, Molly von Fürstenberg, Roland Colla, Kirsten Martins und Martin Kaufmann begründeten ihre Entscheidung so: »Wir begeben uns auf eine Reise in die Welt von vier Jungen in Kasachstan. Sie sind eigentlich die Zukunft des Landes, aber sie haben keine Zukunft. Der Film hat eine eigene Handschrift – konsequentes, keineswegs konventionelles Kino. The Wounded Angel lässt dem Zuschauer viel Raum für die eigenen Assoziationen, seine manchmal verstörenden, aber auch poetischen und suggestiven Bilder machen den Reichtum des Films aus.« Das Preisgeld beträgt 5000 Euro und der Film startet am 3. November 2016 in den deutschen Kinos. Die Drehbuchautoren Alexandru Baciu, Radu Muntean und Razvan Radulescu konnten sich für Ein Stockwerk tiefer von Radu Muntean über den Preis für das beste Drehbuch freuen.
In der Sektion »Perspektive Junges Kino« gewann Aline Fischer mit Meteorstraße. Die Jurymitglieder begründen ihre Wahl so: »Ein Coming-of-Age-Drama über zwei Palästinenserbrüder in Berlin. Näher am Hier und Jetzt geht’s nicht. Die Suche nach dem Ich, die Suche nach Identität, die Suche nach Heimat und Zukunft. Zwei außergewöhnliche Helden, gespielt von hervorragenden unbekannten und vielversprechenden Darstellern. Ein unbestechlicher weiblicher Blick auf eine Männerwelt – anrührend, nicht wertend, entlarvend und zutiefst human. Der Preis ist ein kleiner Ansporn für den nächsten Film von Aline Fischer.« Die Regisseurin erhielt ein Preisgeld von 2000 Euro. Der erstmals vergebene Drehbuchpreis (Preisgeld 1000 Euro) in der Sektion »Perspektive Junges Kino« geht an Vlaznost/ Humidity von Nikola Ljuca, der gemeinsam mit Stasa Bajac das Drehbuch geschrieben hat. Und schließlich gab es noch einen Publikumspreis (2000 Euro) für Eine unerhörte Frau von Hans Steinbichler, der ab dem 6. Oktober in den deutschen Kinos zu sehen sein wird.