Kinos für die Zukunft |
![]() |
|
Ein Kino-Konzert zum Auftakt | ||
(Foto: Okabre / Leah Hochedlinger) |
Von Dunja Bialas
Mit einem dunkel-expressionistischen Auftakt eröffneten am gestrigen Mittwoch die 70. Filmkunstwochen München. Geboten wurde ein Filmkonzert im Obergiesinger Cincinnati-Kino zum in expressionistischem Schwarzweiß gehaltenen Stummfilm A Page of Madness des japanischen Regisseurs Kinugasa Teinosuke. Ein intensiver und beklemmender Film, der in einer Irrenanstalt spielt, mit einem Hausmeister, der vergeblich versucht, seine dort eingekerkerte Frau zu befreien. Begleitet hat die Vorstellung im vollen Kino in der Ami-Siedlung das Linzer Ensemble Okabre, die für ein Jahr die Filmrechte erworben haben, und jetzt mit ihrem im wahrsten Sinne aufsehenerregenden Kino-Konzert touren.
Kino wie noch nie! So war der Eröffnungsabend überschrieben, und in der Tat hatte man derartiges weder im Cincinnati-Kino, eher bekannt für Minions & Co., noch bei den Filmkunstwochen bislang gesehen. Die Arthouse-Kinos, die nun zum 70. Mal für ein Sommerprogramm jenseits von den alle Vorstellungen verstopfenden Arthouse-Blockbustern Guglhupfgeschwader und Monsieur Claude und sein großes Fest sorgen, wollen ein Sommer-Festival des Kinos feiern, das zeigt, was Kino alles kann. Wie aber trotzdem Lust auf Kino machen, wenn die Gassenhauer nicht gezeigt werden?
Den Betreiberinnen und Betreibern der 11 teilnehmenden Kinos in allen Stadtteilen – das ABC, Arena, Rio, Maxim, Rottmann, Rex, Museum Lichtspiele (MuLi), Theatiner, Isabella, City Kinos und im S-Bahn-Bereich das Filmeck Gräfelfing – ist es gelungen, eine beträchtliche Anzahl einschlägiger Previews zu sichern. Das verlangt oft Verhandlungsgeschick mit den Verleihern, die unter Umständen nicht wollen, dass ihre Filme ohne große Kampagne zu sehen sind – mit den eigenen Augen der Zuschauer*innen. Ein paar Filme waren schon auf dem Filmfest München zu sehen, wie Broker von Hirokazu Kore-eda (ABC 30.7. 20:00 + 31.7. 15:00, OmU), Freibad von Doris Dörrie (ABC 17.8. 15:00 + 20:00), Scarlet von Pietro Marcello (ABC 4.8. 15:00 + 20:00, OmeU) oder Nicht ganz koscher von Stefan Sarazin und Peter Keller (Rex 30.7. 20:30 DF, MuLi 3.8. 20:30 OmeU). Noch nicht in München zu sehen war Peter von Kant (ABC 29.7. 20:00 OmU, Arena 6.8. 19:00 OmU), eine Hommage des Fassbinder-Verehrers François Ozon an Die bitteren Tränen der Petra von Kant.
Die Zukunft verbindet sich mit diesen Filmen natürlich allein schon dadurch, dass es Previews sind. Sonne von Kurdwin Ayub, der ebenfalls in Preview gezeigt wird (ABC 3.8. 15:00 + 20:00) aber zeigt, dass die Zukunft erst gefüllt wird, wenn auch neue Themen oder Ausdrucksformen kommen. Sonne war einer der meistgefeierten Filme der Berlinale und überraschte durch respektloses Twerken im Hijab, was zu einer hintersinnigen Geschichte von Rebellinnen geformt wurde. Auch der goldene Berlinale-Bärengewinner Alcarràs der katalanischen Regisseurin Carla Simón ist zu sehen (alle OmU: Rio 1.8. 20:30, City 7.8. 20:00, Isabella 10.8. 18:30, ABC 11.8. 15:00 (dt) + 20:00), mit einem aktuellen Film zum Thema Solarenergie vs. Landschaftsschutz.
Zur Zukunftsweisung gehört so auch das »Cinema for Future«, das sich mit der Themenwahl an die »Fridays for Future«-Bewegung anlehnt. Der Bauer und der Bobo des Österreichers Kurt Langbein (ebenfalls eine Preview) erzählt von einem Twist zwischen einem Bauern und einem Journalisten (Rex 31.7. 18:00, Rottmann 13.8. 20:30), Dear Future Children von Franz Böhm von drei Frauen, die an verschiedenen Punkten der Erde sich für eine bessere Zukunft einsetzen: in Chile, in Hongkong und in Uganda (Rottmann 9.8. 20:00 OmU).
Filmische Narration neu und verspielter einzusetzen, könnte ebenfalls zukunftsweisend sein. Jedermann und Jedermann und ich von Katharina Pethke inszeniert den Schauspieler und Frontmann von »Die Elektrohand Gottes« Philipp Hochmair als Darsteller seiner Selbst, als veritablen Jedermann (City 13.8. 21:15, Pethke und Hochmair sind zu Gast).
70. Filmkunstwochen München
27. Juli -17. August 2022
Das Sommer-Festivals der Arthouse-Kinos
Teilnehmende Kinos: ABC, Arena, City Kinos, Museum Lichtspiele, Maxim, Rex, Rio, Rottmann, Isabella, Theatiner, Filmeck Gräfelfing
Programmübersicht mit allen Spielterminen und Gästen
Die Autorin ist leitende Organisatorin des Festivals. Das Programm stammt von den Kinobetreiber*innen. Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats der Landeshauptstadt München.