61. Filmfestspiele Cannes 2008
»Das Kino ist nicht mehr stilbildend!« |
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Früher gab es Camel-Werbung, heute haben wir Kamel-Filme: Tulpan, Ethnokitsch aus Kasachstan |
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(Foto: Pandora Film Medien) |
Ok, also noch einmal auf den Strand, noch einmal in diesem Jahr auf eine Party, ausgerechnet zu Wenders, den wir gestern erst so verrissen hatten. Ohne das Drängen der Freunde, die auch die Einladung besorgt hatten, wären wir nicht gegangen. Aber auch das gehört andererseits dazu: Man muss Flagge zeigen, dazu stehen, was man geschrieben hat, sich nicht verdruckst um die Ecke drücken.
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Die Tür ist streng, eine der strengsten zumindest derjenigen Partys, bei denen ich in diesem Jahr gewesen bin, ich bin der einzige, der noch rein kommt, weil ich eben eine Einladung habe. Aber statt der erwarteten (und draußen behaupteten) Überfüllung herrscht drinnen gähnende Leere. Wenders, Campino und Co. wollen unter sich sein. Was daran spontan nervt, ist die Doppelmoral: Da macht einer einen Film über das, was einen Star-Photographen vom Pfad des wahren Lebens abführt, und in dem es minutenlange Dialoge über das Fresco »Triumph des Todes« aus Palermo gibt, in denen vorgeführt wird, dass es der Tod auf dem Bild besonders »auf die VIPs seiner Zeit« abgesehen habe, und dann ist die Party dazu eine einzige VIP-Veranstaltung, VIPiger, als fast jede sonst in Cannes.
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Reingekommen geht es dann erstmal um die Qualität des Wettbewerbs und um die persönlichen Favoriten. Der diesjährige Wettbewerb ist besser, als er in den Texten mancher Kollegen erscheint. Das Problem ist aber eine grundsätzliche Gleichförmigkeit der Filme, in ihren Themen, aber dummerweise auch ästhetisch.
Wirklich herausfallen tun vor allem vier Filme: Un conte de Noël von
Desplechin, den wir in den nächsten Ausgaben noch einmal gut begründet richtig loben werden. Serbis vom Philippino Brillante Mendoza, der hier zwar im Gelesenen schlecht ankommt, aber bei denen, mit denen man so redet, gut. Two Lovers von James Gray, ein spannendes, toll gespieltes Liebesmelo. Und Il Divo von Paolo Sorrentino. Diese Polit-Parodie ist zwar nicht perfekt, aber immerhin intelligent, lustig und angenehm grotesk. Aber wetten, dass keiner dieser Filme einen Preis bekommt? Höchstens Un conte de Noël einen Drehbuchpreis.
Woran ich glaube (nicht mir wünsche): Die Goldene Palme für den Mafiafilm Gomorra, der mit seiner Mischung aus Mainstream und Polit-Engagement perfekt zu den Geschmäckern von Sean Penn, Alfonso Cuaron und Susanne Bier passen und am Ende noch aus Ehrfurcht vor dem Meister (und Unverständnis?) Wenders.
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»James Gray hat Potential«, hatte die Kollegin noch vor dem Montags-Screening von Grays neuem Film Two Lovers gesagt, und mir ein schlechtes Gewissen gemacht, weil ich lieber mit Violeta auf den koreanischen Empfang gehen wollte. Sein Potential hat GRAY aber offenbar auch diesmal nicht ausgereizt, jedenfalls war das der Tenor fast aller Kollegen-Berichte, die mich in den nächsten Tagen erreichten. Als ich den Film dann heute, weil gerade Zeit war, doch noch nachholte, zeigte sich wieder mal, dass man sich auch auf die besten und sympathischsten Kollegen nicht verlassen kann, jedenfalls nicht, wenn sie abraten. Zuratenden Tipps sollte man immer nachgehen, abraten lassen sollte man sich von nichts. Von Two Lovers müssen wir später darum noch erzählen. Die koreanische Party war dann immerhin wirklich sehr schön, und es war auch schön zu sehen, dass sich wenigstens die Koreaner noch darüber freuen können, wenn Wim Wenders auf einer Party auftaucht.
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Erzählt wurde auf der Wenders-Party dann davon, der Film habe bei seiner offiziellen Vorführung 20 Minuten Applaus bekommen (da sind sie wieder, die deutschen Applaus-Zähler). Kann schon sein. Man könnte das jetzt so cool abtun, wie Christoph Toke, der deutsche Produzent des Dardenne-Films, der kühl konstatiert: »Applaus gibt es in Cannes ja eigentlich immer viel.« Es ist auch nicht so, dass hier auf der Party alle den Film gut fänden.
Aber interessant ist etwas anderes: Die
Differenz zwischen der Wahrnehmung der Filmemacher selbst, der der Journalisten und der der Öffentlichkeit. Die Filmemacher erleben den Film in einer Gala-Vorführung. Das Publikum ist handverlesen, produktionsnah, wohlerzogen und zu größeren Teilen kinofern. Denn Einkäufer, andere Festivals und eventuell Weltvertriebe sehen den Film vorher im Markt. Die Journalisten in eigenen Pressevorführungen. Für Deutsche gab es vorab bereits ein eigenes Screening, um dann für
Interviews den Film gesehen zu haben. Wer teilnahm, musste eine Sperrfristvereinbarung unterzeichnen. Ich bin dort nicht hingegangen, weil ich keine Sperrfristvereinbarungen unterschreiben wollte (oder nicht wie die Herren Berliner Redakteure diese dann einfach brechen kann), und weil ich keine Lust habe, eine Cannes-Premiere nur mit Deutschen zu gucken – die Reaktion ausländischer Journalisten ist ja interessant, und gab einem – wie gestern beschrieben: Pfiffe,
Buhs und Gelächter – dann ein realistisches Bild.
Allerdings erzählten auch die Besucher der Extravorführung später unisono, wie schlecht sie den Film fänden – der Presseagentin haben das aber nur die wenigsten offen gesagt, weil man ja noch ein Interview führen möchte. Und geschrieben haben auch die wenigsten, was sie wirklich denken, weil man ja zu Wenders freundlich sein will. Das ist verständlich, aber es ist auch klar, dass die gerade in Cannes grassierende
Tendenz zu falscher Gnade oder gar Jubelpersertum gegenüber dem deutschen Kino diesem nur schadet.
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»Es sind alle nur hier, um zu knutschen«, meint Andrea, und als ich frage: »Du auch?« sagt sie einen der schönsten Sätze des Festivals: »Wenn man einen sicheren Hafen hat, kann man auch mal auslaufen.« Wir könnten jetzt für Ehekrisen bei Funktionären des deutschen Films sorgen, wenn wir alles schreiben würden, was wir gesehen haben. Jedenfalls gibt es tatsächlich am Strand Knutschkissen, auf die gerade mal zwei Leute draufpassen, und von drei Seiten geschlossene Boxen. Das wirkt sonderbar ausgerechnet bei einem Film, der so unerotisch ist, wie dieser. Giovanna Mezzogiorno etwa ist reine Männerprojektion: Cool, Single, Wissenschaftlerin, trägt Hosen, Lederjacke und fährt Vespa. Aber weint oft. Von so etwas ist Wenders Kino voll. Und dann mal wieder einer dieser Wenders-Dialoge: »I am scared.« – »Of what?« – »Of Eros and his arrows.« Ist jemandem eigentlich schon aufgefallen, dass bei Wenders immer nur fortwährend gequasselt wird, aber nie geküsst, angefasst, nie Sex vorkommt?
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Der Film hat hier in Cannes jedenfalls nichts zu suchen, auch nicht in einer der Nebensektionen. Er würde hier auch niemals laufen, wenn nicht der Name Wenders draufstünde. Ein unbekannter Regisseur mit diesem Film – no way! Das ärgert, und es ärgert nicht zuletzt die anderen deutschen Filmemacher und Produzenten. Zumal die deutschen Förderrichtlinien kleinere Filme gezielt benachteiligen. Wer in der Semaine, Quinzaine oder »Certain Regard« läuft, bekommt im Bonussystem keine Bonuspunkte – aber ist es wirklich eine größere Leistung als Wim Wenders im Wettbewerb zu laufen? Und hat Wenders die Fördergelder genauso nötig?
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Manchmal kann man schon Schmerzen im Arm oder in der Hand bekommen im letzten Drittel von Cannes. Denn da muss alles geschrieben werden, was überhaupt zu schreiben ist, und zugleich muss man jetzt oder nie noch nachholen, was man Wichtiges versäumt hat, ein paar Tips nachgehen, die auf gute Filme in den Nebenreihen hinweisen. Dafür müssen dann andere dran glauben, Abel Ferrara zum Beispiel, dessen Film Chelsea on the Rocks hier außer Konkurrenz gezeigt wurde.
Am Ende des zwölftägigen Festivals werde ich bei einem Schnitt von drei bis vier Filmen pro Tag gut 40 Filme gesehen haben. Außer der (meist gern erfüllten) Pflichtaufgabe, den Wettbewerb zu verfolgen, und darüber zu schreiben, möchte man ja auch noch Menschen treffen und auf Partys gehen, darum gibt es auch eine Menge zum Teil schmerzhafter Versäumnisse. Viele Filme, vor allem aus den im Prinzip ganz tollen
Nebenreihen Quinzaine und Semaine – deren Programm anderenorts locker ein eigenes gutes Festival ausmachen könnte, konnte ich hier nicht sehen. In einem Jahr aber werde ich dann 70 bis 80 Filme aus dem Cannes-Jahrgang 2008 gesehen haben, denn Cannes bestückt einen Großteil der Festivals der kommenden elf Monate – das geht schon los mit dem Filmfest München in vier Wochen, das immer ein Dutzend Filme aus Cannes mitbringt, und ja bis auf die deutschen Film- und Fernsehreihen und
einzelne Glücksgriffe eine reine Nachspielveranstaltung ist. Chelsea on the Rocks ist dann mit Sicherheit auch dabei.
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Die Laune der Menschen, die hier arbeiten, wird jetzt spürbar besser. Plötzlich plaudern die Einlasserinnen, oder machen Witze bei der Rucksackkontrolle. Sie sehen Licht am Ende des Tunnels, der Stress lässt nach und seit Dienstag, Mittwoch wird der Zahl der Gäste weniger. Die Arbeit der Platzanweiser, Sicherheitsleute und Pressebetreuer ist anstrengend. Aber es lockt der Glamour. Michelle, die seit zehn Jahren im Presseraum arbeitet, und pro Festival allenfalls zwei Filme sieht, ist eigentlich Beamtin in einem Nachbarort. Für das Festival nimmt sie Urlaub, und ihr Arbeitgeber darf nicht wissen, was sie hier macht, der Reiz für sie ist das Geld, aber auch die Nähe zu Glamour und Prominenz. Und als »prominent« gelten hier schon die Journalisten. Wenn sie wüsste...
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In drei Jahren seit 2005 hat die Zahl der Journalisten, die hier akkreditiert sind, um 50 Prozent zugenommen. Vor allem viele Russen sind dazugekommen, und viele Chinesen, auch Inder sieht man mehr. Die neuen Herren der Welt.
Wie zeitgemäß ist überhaupt noch so ein Festival? »Das Kino ist nicht mehr stilbildend.« sagt Carlos. Das lassen wir hier jetzt mal so stehen.
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»Leçon du Cinema«, Kinolektion heißt eine Institution bei den Filmfestspielen von Cannes zu der jeweils einer der Lieblinge des Festivals gebeten wird, um sein Verständnis vom Filmemachen und vom Kino, vom Geist des Mediums – unübersetzbar »Cinema« genannt – zu erläutern.
Diesmal also Tarantino, der hier vor 1994 völlig überraschend mit Pulp Fiction die Goldene Palme
gewann, inzwischen ein Familiemitglied, der ähnlich wie Fatih Akin vom Festival quasi adoptiert wurde, und wenn er mal nicht, wie 2007, mit einem Film da ist, dann sitzt er eben in einer Jury, oder hält eine Leçon du Cinema. 2004 präsidierte Tarantino selbst in der Wettbewerbsjury, damals gewann Michael Moore, tarantinoesker wirkte damals der zweitwichtigste Preis für Old Boy aus Korea und zwei weitere Preise fürs asiatische Kino. Solche Filme, auch so
etwas wie Pulp Fiction wünscht man sich auch im diesjährigen, morgen Abend zu Ende gehenden Wettbewerb, der zwar insgesamt ein gutes Niveau hat, aber mit eher bleiernen, düsteren oder den Arthouse-Konventionen entsprechenden Filmen aufwartet.
Da kam Tarantino ganz recht. Gleich zu Beginn im riesengroßen, aber vollbesetzten Debussy-Saal, erinnerte er an seine Jahre im Video-Store, an
seine Liebe zu C, D und manchmal auch Z-Movies. Das Kino stammt vom Jahrmarkt ab, ist irgendwie immer noch Zirkus und Travestie – das sagt sich so gern, bei Tarantino stimmt es. Um das zu begreifen, muss man nur einmal hingucken, wie der Mann da auf der Bühne steht – energiegeladen, gestikulierend, ein Mensch, dem man – im Gegensatz zu so verhaltenen Geschäftsleuten wie Spielberg oder Wenders, die auch immer von Leidenschaft reden – seine Gefühle sofort
abnimmt.
»Alle meine Filme sind Komödien« sagte er, und das wichtigste an diesem Satz ist natürlich die Mitteilung, man solle alles bitte nicht so ernst nehmen. Aber es gehe auch darum, seine Vorurteile abzulegen: »Die Leute sollen über Dinge lachen, über die sie noch nie gelacht haben – weil sie eigentlich nicht lustig sind.« Dann redete er von Godard und Rohmer, lobte die Franzosen, und auch das war mehr als nur eine Verbeugung vor dem Gastgeber, es machte nebenbei allen seinen
Fans klar, dass Kino auch da Spaß machen kann, wo es anstrengend ist, und keine Blutfontänen an die Decke spritzen.
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Vor der »Salle Debussy« läuft uns dann noch Olivier Assayas über den Weg, als Stil-Nerd und Marken-Fetschist natürlich mit einem iPhone in der Hand. Letztes Jahr war er erst mit einem Film im Wettbewerb. Der Regisseur (und Ex-Kritiker) gehört zu jenen wenigen Filmemachern, die hier – wie Quentin Tarantino, wie Nuri Bilge Ceylan, wie Hany Abu-Assad – wirklich Filme angucken. Gleich geht er in die Wiederholungsvorstellung des argentinischen Films Leonera von Paolo Trapero.
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Wenn einer eine Reise tut, dann kann er viel erleben. Und gerade Filmfestivals sind natürlich wie Reisen in fremde Länder, Kulturen, Lebensweisen. Solche Erfahrungen repräsentiert auch Tulpan vom Kasachen Sergey Dvortsevoy, der am Samstag den ersten Preis erhielt, der beim Festival von Cannes vergeben wird, den »Prix Un certain Regard« für den besten Film der gleichnamigen Sektion. Als Präsident der Jury fungierte der Deutsche Fatih Akin. In vieler Hinsicht ein bemerkenswerter Preis.
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Tulpan lässt sich in das neue Genre der Kamel- und Schafsfilme einreihen – wenn wir das mal so nennen wollen – also der Filme mit Kamelen und/oder Schafen, die außer in der Mongolei auch noch in Kasachstan und anderen ex-sowjetischen Ländern oder womöglich im Westen Chinas angesiedelt sind. In diesen Filmen sind die Steppen karg, weit und gelb, die Sonne
steht niedrig und eine Mädchenstimme singt auch mal gern aus dem Hintergrund. Die Menschen sind arm, aber freundlich, und oft aus unserer Sicht ein bisschen kurios. Statt Haarspray nehmen sie Spucke und sehen tatsächlich bis auf den Dreck unter den Fingernägeln aus wie aus dem Ei gepellt. Sie hören natürlich gern Musik, in diesem Fall die »Rivers of Babylon« von Boney M., abends drückt man sich gegenseitig die Pickel aus, die Kinder sind süß und lustig, die Esel machen I-Ah und die Natur
geht ihren Lauf.
Ungefähr die Hälfte der Leinwand ist von Himmel bedeckt, was auch Vorteile hat, denn dann kann man sich ganz auf die andere Hälfte konzentrieren, wenn sich auf ihr nicht gerade eine Schafsherde tummelt, in der Hütte knetet derweil die Dame des Hauses den Schafskäse und hört »Radio Kazakh«, das noch so klingt, wie früher RIAS Berlin, und in dem vom Programm »Kasachstan 2030« von Präsident Nazierbajew die Rede ist.
Das ist genau wie es sich anhört: Zumindest am Beginn
ein Klischeebeispiel poetisierenden Ethno-Kinos. Es wird aber besser. Lämmer sterben, der Schwager will heiraten und findet keine Frau, weil die versprochene Gattin bockt. Sie heißt Tulpan und ist den ganzen Film nicht zu sehen, fungiert als Leerstelle und Mythos des Films. Denn die Tochter will in die Stadt, ins College, ihr Papa findet das blöd, »but we are cultivated people« – soll heißen: in die Ehe prügeln wird er sie nicht.
Der Film macht sich schon auch lustig über die
Leute, die zum Beispiel bei einem Bild von Prinz Charles fragen, wer das ist, und sich mit der Antwort »Amerikanski« zufrieden geben. Solche Lacher funktionieren nur vor westlichem Publikum. Tulpan ist ganz offensichtlich nicht für Kasachstan gemacht.
Die Europäer beamen sich mit solchen Filmen da mal kurz rein zwischen Hüttenfeuer und Schafsdung. Aber immerhin gibt
es auch eine Schafsgeburt, zu sehen, und das Gejammer des Schafs zu hören, ist wirklich herzzerreißend, die Menschen müssen mithelfen, denn von der vielen Musik sind die Schafe offenbar so degeneriert, dass sie nicht mehr allein gebären können. Es kommt zur Mund-zu-Mund Beatmung von Mensch zu Schaf – das ist natürlich Kitsch, aber die Dreharbeiten müssen schon toll gewesen sein.
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Es gibt gegen diesen Film eigentlich nicht wirklich etwas zu sagen. Aber neben dem Mainstream, den wir alle kennen, gibt es auch Arthouse-Mainstream. Und da passt Tulpan perfekt hinein. Wenn man bedenkt, dass dieser Film vermutlich größere Chancen hat, in Deutschland einen Verleih zu bekommen, als Desplechins wunderbarer Un conte de Noël aus dem Wettbewerb, der heute, wenn es mit rechten Dingen zugeht, einen großen Preis bekommt, dann beginnt man, auf Filme wie Tulpan, die mit ihrer Anbiederungsattitüde unsere Kinos verstopfen und die wirkliche Filmkunst verdrängen, auch ein bisschen wütend zu sein.
Rüdiger Suchsland