Freche Filmemacher, singende Rabbis |
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Hier wird der große Schritt gewagt, das Regelwerk der Orthodoxie zu verlassen und sich in die große weite Welt der Vergnügungen zu begeben: Leaving the Fold |
Von Dunja Bialas
Wie immer man an die deutsche Filmgeschichte denkt, sie ist undenkbar ohne ihre großen Regisseure Lubitsch, Lang, Ophüls, Oswald, Preminger und 1.995 andere jüdische Filmkünstler, die vor und während des Nazi-Regimes aus Deutschland emigrierten. Wenn man an den Zustand der deutschen Komödie heute denkt (Rainer Gansera in der SZ: »dumm, dümmer, deutsche Komödie«) und sich dann zum x.ten Male Lubitschs Hitler-Komödie To Be or Not to Be aus dem Jahre 1942 ansieht, dann wird der große Verlust deutlich, dass der jüdische Witz nicht mehr in der Mitte unserer Gesellschaft zu finden ist.
In Erinnerung auch an die jüdischen Filmschaffenden, möchte die Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition »Einsichten« bereithalten, wenn sie vom kommenden Sonntag an bis zum 7. März zu den 3. Jüdischen Filmtagen bittet. Einsichten in die Kultur der Juden, aber auch in »Riten und Spiritualität«.
Im Hinblick auf den Verlust der größten komödiantischen deutschen Regisseure, sollte man sich unbedingt am Sonntag den Dokumentarfilm Hitler und die Traumfabrik von Michael Kloft ansehen. In Archivaufnahmen entsteht rund um Hollywood noch einmal der freche Geist der Emigrierten: Billy Wilders Geniestreiche sind in Ausschnitten zu sehen, ebenso wie Lubitschs bereits erwähnte Hitler-Komödie. (So., 04.03., 11:30 Uhr)
Eröffnet wird dann mit The Art of Living, einem israelischen Dokumentarfilm. Amir Har-Gil erzählt über die Verflechtung mit Geschichte: Sein Vater liebte eine nichtjüdische Deutsche, diese möchte ihm nach Israel folgen, als sie erfährt, dass ihr Vater wiederum in den Holocaust verstrickt war. Geschichte lässt uns nicht los. (So., 04.03., 18:00 Uhr und 20:00 Uhr (Reprise))
Die Unausweichlichkeit, mit der die Vergangenheit immer noch auf die Gegenwart wirkt, ist auch das Thema des Dokumentarfilms von Malte Ludin, 2 oder 3 Dinge, die ich von ihm weiss, der hier die »Geschichte meines Vaters, eines Kriegsverbrechers« erzählt (Mi., 07.03., 18:00 Uhr). Und auch im Spielfilm von Claude Miller, Ein Geheimnis (2007), geht es um ein düsteres Geheimnis aus dem Zweiten Weltkrieg, das bis heute auf die Elterngeneration nachwirkt. (Mi., 07.03., 20:00 Uhr)
Einsichten in die jüdische Kultur offenbart der Dokumentarfilm über Jüdische Rapper und singende Rabbis in New York (Mo., 05.03., 18:00 Uhr) und Leaving the Fold (Di., 06.03., 18:00 Uhr): Hier geht es um die chassidischen Enklaven von Montreal, Brooklyn und Jerusalem, die sich von ihren ultra-orthodoxen Wurzeln lösen. Ein ganzes Regelwerk bestimmt hier bis heute das Leben auch der jungen Menschen: Was soll ich anziehen? Welchen Beruf ergreifen? Wen heiraten? Alles ändert sich, wenn man das Regelwerk verlässt.
Alle Filme werden im Vortragssaal der Stadtbibliothek im Gasteig gezeigt. Eintritt 7 Euro / ermäßigt 4,50 Euro. Eröffnungsfilm: Eintritt 10 Euro inklusive Empfangs-Buffet (beide Vorstellungen). Jüdische Rapper: Eintritt frei. Weitere Informationen zur Veranstaltung und das ausführliche Programm mit allen Filmen finden Sie hier.
Zum Weiterlesen empfiehlt Artechock: Die Emigration Filmschaffender während der Nazizeit (Hg. vom deutschen Filmportal)