24.10.2013

Asterix in Onondaga

Subjektiv - Dokumentarfilm im 21. Jahrhundert
Kino in Kamerun:
Jean-Marie Tenos Sacred Places

Zum 13. Mal laden die Tage des Ethnologischen Films in München ein. Diesjähriges Thema: Andere Welten – anders sehen

Von Dunja Bialas

Eine Reise um die Welt in verbor­gene Zivi­li­sa­tionen und zu unbe­kannten Ritualen verheißen die Tage des Ethno­lo­gi­schen Films, die an diesem Freitag zum 13. Mal eröffnet werden. Dies­jäh­riges Thema, das sich Peter Neugart und die Medi­en­gruppe München auser­sonnen haben, sind andere Welten, um anders zu sehen. Das kann durchaus weit gefasst werden, denn »anders sehen« bedeutet den Wechsel des Fokus des Blicks von dem, was schon immer in der europäi­schen Zentral­per­spek­tive lag, hin zu dem zunächst Unsicht­baren, Margi­na­li­sierten, Verges­senen. Anders sehen heißt aber auch, den mitge­brachten Blick auf die Welt durch die Begegnung mit dem Anderen in Frage zu stellen. Insofern verspre­chen die Tage des Ethno­lo­gi­schen Films auch dieses Jahr wieder eine spannende Entde­ckungs­reise.

Schon der Eröff­nungs­film Exit 16 – Onandaga Nation Territory zeigt, was die Margi­na­li­sie­rung als Folge von Kolo­nia­li­sie­rung und unter­wer­fender Dominanz braucht, will man überleben: Wider­stand. Der Onindaga Nation Territory im US-Staat New York ist ein souver­änes Terri­to­rium, in dem die Native Americans der sechs Nationen Mohawk, Cayuga, Oneida, Seneca, Onondaga und Tuscarora sich zusam­men­ge­schlossen haben. Die Regierung und die Ämter der USA haben hier nichts zu sagen, und nicht einmal das FBI wagt sich über die Grenze zum Land der wider­s­tän­digen Klane. Filme­ma­cher Claus Biegert gelang das Kunst­stück, im Dorf von »Asterix« hinein­ge­lassen zu werden. Seit 1973 lebt er mit dem Aal-Klan. Zwanzig Jahre lang hat er das Leben im Klan gefilmt. Eine Hommage an die Wieder­s­tän­dig­keit und an Dewasenta, die beein­dru­ckende Klan­mutter. (Fr., 25.10., 17:00 Uhr und 19:00 Uhr)

Frauen haben in anderen Kulturen auch ohne Quote viel zu sagen. Wie die Klan­mütter im Onindaga Nation Territory die Häupt­linge bestimmen und damit die mäch­tigste Größe im Klan sind, gibt es in Indien matri­a­cha­lisch geführte Gemein­schaften. Den Blick auf sie zu richten, lohnt sich gerade in dem Staat, in dem Frauen so wenig wert sind und die trotz scharfer Gesetze syste­ma­tisch durch »Genderzid« getötet werden. Die entsetz­li­chen Folge kennen wir aus den Nach­richten. Was wir nicht aus den Nach­richten kennen, sind die Gegen­welten von Indien. Seit Jahr­hun­derten leben die Khasi im Nordosten Indiens in einer matri­a­cha­li­schen Gesell­schaft. Hier ist die Älteste Oberhaupt und Pries­terin des Klans; sie ist diejenige, die als die »Weise« gilt, die ihr Wissen und ihre Stellung an die wiederum jüngste Enkelin weiter­ver­erbt. Ein unge­wöhn­li­cher Schul­ter­schluss von Ältester und Jüngster. Die Töchter der sieben Hütten zeigt, wie liebevoll die kleine Kamtilin in ihre zukünf­tigen Aufgaben einge­führt wird. (So., 27.10., 19:00 Uhr)

Wie geht es weiter? So wollen wir oft ange­sichts der Lebens­schick­salen, denen wir in Filmen begegnen, wissen. Wir können das Schicksal der heran­wach­senden Kamtilin in Die Tochter – Eine Clansaga aus dem Matri­achart der Khasi im Anschluss direkt weiter­ver­folgen. (So., 27.10., 19:00 Uhr)

Es gibt viele Filme über Afrika, aber kaum Filme von Afri­ka­nern, die sie über ihren eigenen Kontinent gedreht haben. Der Kameruner Filme­ma­cher Jean-Marie Teno ist einer der wenigen, der Afrika aus afri­ka­ni­scher Perspek­tive betrachtet – und damit inter­na­tio­nale Beachtung gefunden hat. In Sacred Places geht er genau dieser Frage nach: Warum gibt es kein nennens­wertes afri­ka­ni­sches Film­schaffen? Er begibt sich in einen Cine-Club, der nebenbei auch Gebets­stätte ist. (Mi., 30.10., 19:00 Uhr)

Was wären Kulturen ohne ihre Musik? In Der göttliche Trommler begegnet Klaus Voßwinckel Ghabana, dem Trommler von Ghana. Seine Trommeln haben magische Kräfte: Sie können auch das Leben preisen und heilen. Robin Schul­kowsky, die begnadete Schlag­zeu­gerin aus Berlin trifft sich mit ihm, auf einen Dialog der Trommeln über Schwarz und Weiß, Afrika und Europa, Mann und Frau. (Fr., 1.11., 19:00 Uhr)

Eine musi­ka­li­sche Begegnung steht im Zentrum des Abschluss­films der Tage des Ethno­lo­gi­schen Films. Trans­mit­ting heißt der Film, der die Jazz­mu­siker Joachim Kühn, Ramon Lopez und Majid Bekkas für ein Projekt zusam­men­bringt, das die »Synthese von Volks­musik und Jazz« plant. Sie laden tradi­tio­nelle marok­ka­ni­sche Musiker dazu ein, mit ihnen gemeinsam zu jammen. (So., 3.11., 19:00 Uhr)

Die 13. Tage des Ethno­lo­gi­schen Films finden statt vom 25.10.-3.11. im Monopol in München.