Kinder machen Kino |
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Preisverleiheung 2013: Es ist nie zu früh für gute Filme! |
Von Natascha Gerold
Immer schön up to date bleiben. Das war schon dem Aphorismenmeister Georg Christoph Lichtenberg im 18. Jahrhundert klar, der der Borniertheit seiner Mitmenschen ein »Bemühe Dich, nicht unter Deiner Zeit zu sein« entgegenschrieb. Up to date – das heißt nicht nur, über technologischen Fortschritt Bescheid zu wissen, sondern auch das zu kennen, was jene umtreibt, die gerne gönnerhaft »die Macher von morgen« genannt werden.
Denn Macher sind sie heute schon. Davon kann man sich beim 31. »flimmern&rauschen« einmal mehr überzeugen: Am 12. und 13. Februar zeigt das Jugendfilmfestival in der Münchner Muffathalle 60 ausgewählte Filme, gemacht von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter 27 Jahren. Für die Nachwuchsregisseure bietet es Vorteile auf verschiedenen Ebenen: Wer mitmacht kann nicht nur Preise gewinnen, sondern, oft zum ersten Mal, das Gefühl erleben, das eigene Werk einem großen Publikum zu präsentieren. Außerdem schafft das Festival ausreichend Raum und Möglichkeiten, Kontakte mit anderen Filmemacherinnen und Filmemachern zu knüpfen und sich zu vernetzen. Das wird vor allem wichtig, wenn man sich für die kommende Idee oder das nächste Projekt Mitstreiter suchen oder von gegenseitigen Erfahrungen profitieren will.
Zusammengestellt wurde das Programm, das in insgesamt acht Schienen während der beiden Tage gezeigt wird, vom Medienzentrum München des JFF, das das Filmfest in Zusammenarbeit mit Stadtjugendamt München, dem Kulturreferat und der Filmstadt München organisiert und durchführt. Die jüngsten Teilnehmer sind gerade mal drei Jahre alt und gehen in den Evangelischen Kindergarten Neuhausen (Leider ist das »Schulklassenprogramm Grundschule« am Mi., in dem auch die Arbeiten dieser Filmgruppen zu sehen sind, bereits ausverkauft.). Nicht wenige der ältesten Filmemacher stecken gerade mitten in ihrer Professionalisierung, sind Schüler oder Studenten aus Münchner Medien- und Filmhochschulen.
Wer von den Filmgruppen zu »flimmern & rauschen« eingeladen wurde, hat ohnehin schon gewonnen. Wessen Arbeit darüber hinaus noch prämiert wird, darüber entscheidet heuer die siebenköpfige Jury, der Andrea Engl (Kulturreferat der LH München), Tanja Barembruch (matz, die Jugendfernsehredaktion des Medienzentrums München), Tobias Rehm (Gewinner »flimmern&rauschen« 2013), Andrea Rudert (Filmfest München), Jutta Schimacher Bayerische Landeszentrale für neue Medien, Klaus Schwarzer (Stadtjugendamt/ pomki.de) sowie Juryleiter Thomas Kupser (JUFINALE bayerisches Jugendfilmfestival/ Medienzentrum München des JFF) angehören. Aber auch das Publikum entscheidet mit einem eigenen Preis mit.
Der Blick über die eigenen Grenzen – er ist nicht nur bei der diesjährigen Berlinale, unter anderem in der Sektion »Perspektive Deutsches Kino« virulent, sondern auch beim Münchner Jugendfilmfestival. Dies zeigt der Eröffnungsfilm Exploring Korea, in dem die Filmgruppe vom Jugendtreff am Biederstein von ihren Erfahrungen im Rahmen der „Jugendbildungsreise“ zu ihren K-Pop Idolen in Südkorea erzählt, aber auch die anderen Arbeiten, die in dieser Programmschiene zu sehen sind. (Mi., ab 15 Uhr). Ein besonderer Reiz scheint für die jungen Filmemacher von Istanbul auszugehen: Die Metropole am Bosporus steht im Zentrum von vier Beiträgen: Üç (Ütsch), Building Bridges – Munich’s Sound of Istanbul (beide Mi., im Programm 1, ab 15 Uhr), Ötzkan Kuhl – Eine absurde Suche (Mi., im Programm 2, ab 18 Uhr), Istancool (Do., im Programm 7 ab 15 Uhr) beschäftigen sich nicht nur mit dem Mythos und Charme dieser Stadt, dem die ganze Welt erliegt, sondern reflektieren auch den direkten Bezug zur eigenen Heimat München, und zwar jeder auf seine ganz eigene Weise. Andere Utopien, gelebt oder erdacht und gefürchtet, haben am späten Mittwochabend ihren Platz: Nimbin – Das soziale Experiment ist ein Dokumentarfilm über die östlichste Stadt Australiens und ihre ungewöhnliche Sub- und Cannabiskultur, 23V eine vergnüglich-böse, animierte Zukunftsvision, und der Kurzfilm Materica zeigt ein beängstigendes Szenario einer feministischen Diktatur. (Mi., ab 22 Uhr).
Man muss nicht jedoch nicht auf den Abend warten, bis Realität und Fiktion ineinander übergehen: Das Programm 6 für Schulklassen zeigt hierfür viele eindrucksvolle Beispiele (Do., ab 10.30 Uhr; es gibt noch Gruppenkarten zu ermäßigten Preisen, Anmeldung im Medienzentrum unter Telefon 089/1266530 erforderlich). Bis zur Preisverleihung um 20 Uhr kommt keine Langeweile auf – dafür sorgt ein abwechslungsreicher Filmnachmittag, unter anderem mit der Bild-Ton-Collage What Happens When The Heart Just Stops oder dem Spielfilm DIE PINAKOTHEK DER MODERNE, in dem ein Mann seine Frau versetzt und auf der Suche nach ihr Gruseliges erleben muss. (Do., ab 15 Uhr). Im letzten Teil des Festivalprogramms gibt es noch jede Menge Gefühlschaos, beispielsweise in Kuntergraudunkelbunt, der erst vor Kurzem mit dem Deutschen Nachwuchsfilmpreis „Up and Coming“ in Hannover ausgezeichnet wurde, oder in der rasanten Action-Komödie Tai Cheat. (Do., ab 18 Uhr).
Ab 21 Uhr sind die Filme aller Preisträger noch einmal zu sehen – von einem sicherlich begeisterten Publikum.
Flimmern & Rauschen. 12.02. und 13.02.2014 in der Muffathalle München, Zellstr. 4. Festivalpass 7,50 Euro, Ein- und Auslass non-stop.