13.05.2021

Wolkig bis heiter

Beuys
Eröffnungsprogramm des Theatiner: »Ich strahle aus. 100 Jahre Joseph Beuys«
(Foto: Pinakothek der Moderne / Erich Puls / Klaus Lamberty)

Die Kinos in München und Bayern dürfen seit dem heutigen Donnerstag wieder öffnen. Warum die meisten nicht aufmachen und welche Pläne trotzdem geschmiedet werden

Von Dunja Bialas

Ja, es stimmt, seit gestern dürfen die Kinos wieder öffnen. Warum ist trotzdem ist kein offenes Kino zu sehen, und auch kein Kino­pro­gramm auf »artechock«? Sagen wir es so: Die Verlaut­ba­rung von letztem Sonntag wird als typische Söder-Aktion gewertet, die Schlag­zeilen machen sollte, während alle anderen ihren freien Tag genießen. Das der 12. Fassung der »Baye­ri­schen Infek­ti­ons­schutz­maß­nah­men­ver­ord­nung« beigefügte Rahmen­kon­zept für Kino sieht folgende Regeln für einen Kino­be­such vor:

- Pflicht, einen negativen Test oder eine voll­s­tän­dige Impfung vorzu­weisen
- FFP2-Masken­pflicht auch beim Sitzen im Kinosaal
- Abstands­pflicht (1,5 Meter)
- Verzehr­verbot (Snacks, Getränke, Langnese-Eis)

Die Kino­be­treiber müssen die Einhal­tung über­wa­chen, außerdem die Kontakt­daten der Besucher erfassen. Also alles wie gehabt? Nein: schlimmer. Letztes Mal gab es keine Tests, keine FFP2-Masken und kein Verzehr­verbot.

Unter diesen Voraus­set­zungen kann kein Kino aufmachen, das ist unisono die Meinung der Münchner Kino­be­trei­be­rinnen und –betreiber.

Ob sich aber auf absehbare Zeit etwas ändern wird, etwa bei einer Inzidenz von unter 50? Nach­ge­fragt beim Digi­tal­mi­nis­te­rium wurden wir an das Gesund­heits­mi­nis­te­rium verwiesen. Dieses schrieb am gestrigen Vormittag: »Bei den Öffnungen (…) handelt es sich nicht um einen Auto­ma­tismus, sondern die zustän­dige Kreis­ver­wal­tungs­behörde kann weitere Öffnungen (im Einver­nehmen mit dem Staats­mi­nis­te­rium für Gesund­heit und Pflege) zulassen.«

Ein Zirkel­schluss also, bei der das eine Minis­te­rium auf das nächste verweist und dieses wieder zurück, wie in Kafkas »Schloss«: Wir kommen aus der Behör­den­schleife nicht raus. Außerdem inter­es­sant, dass die Öffnungen kein Auto­ma­tismus sein sollen. Das spricht Bände. Immerhin garan­tiert das Grund­recht die Kunst­frei­heit, die aller­dings, wie in den letzten Tagen zu erfahren war, kein Recht auf Ausübung dieser Freiheit bedeutet. Zumindest fällt mit der Öffnung für die Kinos das Betriebs­verbot, womit jetzt nach über einem halben Jahr auch wieder Vermie­tungen zulässig sind.

Fünf Stunden nach seiner ersten Mail schickt das Gesund­heits­mi­nis­te­rium eine zweite hinterher: »Das Erfor­dernis dieses Test­nach­weises [PCR und Schnell­tests] entfällt bei einer Inzidenz von 50 (und niedriger).« Aha. Also jetzt doch. Die übrigen Rege­lungen bleiben unan­ge­tastet. Wurde da eilig etwas entschieden, bevor das am heutigen Donnerstag bei der Demons­tra­tion »Aufstehen für Kultur« für Schlag­zeilen sorgt (Münchner Königs­platz, 15 Uhr)?

Fakt ist: Es gibt keinen Stufen­plan für die Öffnungen, und damit auch keine Öffnungs­per­spek­tive. Die poli­ti­schen Entscheider befinden sich, was die Kultur anbelangt, im Dauer­tief­schlaf.

Öffnungs­pläne der Kinos

Dennoch ist das Wegfallen der Tests eine gute Nachricht. Einige Kinos in München haben nämlich bereits konkrete Öffnungs­pläne, nur nicht unter den jetzigen Rege­lungen. Das sind meist Arthouse- und Einsaal­kinos mit einer spezi­ellen Programm­aus­rich­tung, die nicht von großen Film­starts (Stichwort: James Bond) abhängig sind.

Die Theatiner Filmkunst öffnet zum 21. Mail, zunächst als verlän­gertes Woche­n­ende. Das Programm dafür steht schon fest: Gezeigt werden die Filme von Cinema! Italia!, die noch aus der Zeit vorliegen, als der Kultur-Shutdown im November jäh den laufenden Spiel­be­trieb unter­bro­chen hat. In Koope­ra­tion mit der Sammlung Moderne Kunst in der Pina­ko­thek der Moderne ist beglei­tend zur Ausstel­lung »Ich strahle aus. 100 Jahre Joseph Beuys« eine Filmreihe geplant, außerdem wird die Skulptur »Das Schweigen« im Foyer des Theatiner zu sehen sein. Einige Filme, die sich im Herbst nicht mehr richtig entfalten können, werden noch einmal aufge­nommen. Außerdem gibt es ein paar Previews, so Aznavour by Charles und den kuba­ni­schen Film Die außer­ge­wöhn­liche Reise der Celeste García.

Ab Mitte Juni rechnet das Kino mit dem Beginn des regulären Film­pro­gramms, bis dahin werden genügend Filme im Verlei­h­an­gebot sein, so Bastian Hauser von der Theatiner Filmkunst.

Auch das Studio Isabella wird öffnen, Anfang Juni. Das Film­theater Send­linger Tor, das nicht mehr von gekün­digten Miet­ver­trägen spricht (die finale Antwort steht noch aus), möchte schnell wiedereröffnen, wird nun aber um seinen Eröff­nungs­coup Der Boandlkramer betrogen. Thomas Kuchen­reu­ther zieht mit dem ABC und den Leopold Kinos am 10. Juni nach und zeigt die Oscar-prämierten oder –nomi­nierten Filme: Mank, Nomadland, Der Rausch, außerdem Neues aus der Welt, The Trial of the Chicago 7 und anderes.

Das Werk­statt­kino öffnet bereits am Dienstag, bleibt aber noch abwartend. Wenn die Über­prü­fung von Nega­tiv­tests wegfalle, falle auch das »größte Hindernis« für die Öffnung weg, so Wolfi Bihlmair vom Kino-Kolletiv.

Andere Kinos, die City Kinos, das Rex, Rottmann, das Monopol, Arena und Maxim warten bis zum 1. Juli. Dann soll der große bundes­weite Kinostart statt­finden, so lauten die Pläne der AG Kino Gilde. Dann wird auch schon das Filmfest München beginnen, das um wenige Tage nach hinten verschoben wurde. Neben Open Airs besteht der Plan, auch die Kinos in das Festival einzu­be­ziehen.

Die Aussichten auf den Sommer sind also immerhin wolkig bis heiter.