Wolkig bis heiter |
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Eröffnungsprogramm des Theatiner: »Ich strahle aus. 100 Jahre Joseph Beuys« | ||
(Foto: Pinakothek der Moderne / Erich Puls / Klaus Lamberty) |
Von Dunja Bialas
Ja, es stimmt, seit gestern dürfen die Kinos wieder öffnen. Warum ist trotzdem ist kein offenes Kino zu sehen, und auch kein Kinoprogramm auf »artechock«? Sagen wir es so: Die Verlautbarung von letztem Sonntag wird als typische Söder-Aktion gewertet, die Schlagzeilen machen sollte, während alle anderen ihren freien Tag genießen. Das der 12. Fassung der »Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung« beigefügte Rahmenkonzept für Kino sieht folgende Regeln für einen Kinobesuch vor:
- Pflicht, einen negativen Test oder eine vollständige Impfung vorzuweisen
- FFP2-Maskenpflicht auch beim Sitzen im Kinosaal
- Abstandspflicht (1,5 Meter)
- Verzehrverbot (Snacks, Getränke, Langnese-Eis)
Die Kinobetreiber müssen die Einhaltung überwachen, außerdem die Kontaktdaten der Besucher erfassen. Also alles wie gehabt? Nein: schlimmer. Letztes Mal gab es keine Tests, keine FFP2-Masken und kein Verzehrverbot.
Unter diesen Voraussetzungen kann kein Kino aufmachen, das ist unisono die Meinung der Münchner Kinobetreiberinnen und –betreiber.
Ob sich aber auf absehbare Zeit etwas ändern wird, etwa bei einer Inzidenz von unter 50? Nachgefragt beim Digitalministerium wurden wir an das Gesundheitsministerium verwiesen. Dieses schrieb am gestrigen Vormittag: »Bei den Öffnungen (…) handelt es sich nicht um einen Automatismus, sondern die zuständige Kreisverwaltungsbehörde kann weitere Öffnungen (im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege) zulassen.«
Ein Zirkelschluss also, bei der das eine Ministerium auf das nächste verweist und dieses wieder zurück, wie in Kafkas »Schloss«: Wir kommen aus der Behördenschleife nicht raus. Außerdem interessant, dass die Öffnungen kein Automatismus sein sollen. Das spricht Bände. Immerhin garantiert das Grundrecht die Kunstfreiheit, die allerdings, wie in den letzten Tagen zu erfahren war, kein Recht auf Ausübung dieser Freiheit bedeutet. Zumindest fällt mit der Öffnung für die Kinos das Betriebsverbot, womit jetzt nach über einem halben Jahr auch wieder Vermietungen zulässig sind.
Fünf Stunden nach seiner ersten Mail schickt das Gesundheitsministerium eine zweite hinterher: »Das Erfordernis dieses Testnachweises [PCR und Schnelltests] entfällt bei einer Inzidenz von 50 (und niedriger).« Aha. Also jetzt doch. Die übrigen Regelungen bleiben unangetastet. Wurde da eilig etwas entschieden, bevor das am heutigen Donnerstag bei der Demonstration »Aufstehen für Kultur« für Schlagzeilen sorgt (Münchner Königsplatz, 15 Uhr)?
Fakt ist: Es gibt keinen Stufenplan für die Öffnungen, und damit auch keine Öffnungsperspektive. Die politischen Entscheider befinden sich, was die Kultur anbelangt, im Dauertiefschlaf.
Dennoch ist das Wegfallen der Tests eine gute Nachricht. Einige Kinos in München haben nämlich bereits konkrete Öffnungspläne, nur nicht unter den jetzigen Regelungen. Das sind meist Arthouse- und Einsaalkinos mit einer speziellen Programmausrichtung, die nicht von großen Filmstarts (Stichwort: James Bond) abhängig sind.
Die Theatiner Filmkunst öffnet zum 21. Mail, zunächst als verlängertes Wochenende. Das Programm dafür steht schon fest: Gezeigt werden die Filme von Cinema! Italia!, die noch aus der Zeit vorliegen, als der Kultur-Shutdown im November jäh den laufenden Spielbetrieb unterbrochen hat. In Kooperation mit der Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne ist begleitend zur Ausstellung »Ich strahle aus. 100 Jahre Joseph Beuys« eine Filmreihe geplant, außerdem wird die Skulptur »Das Schweigen« im Foyer des Theatiner zu sehen sein. Einige Filme, die sich im Herbst nicht mehr richtig entfalten können, werden noch einmal aufgenommen. Außerdem gibt es ein paar Previews, so Aznavour by Charles und den kubanischen Film Die außergewöhnliche Reise der Celeste García.
Ab Mitte Juni rechnet das Kino mit dem Beginn des regulären Filmprogramms, bis dahin werden genügend Filme im Verleihangebot sein, so Bastian Hauser von der Theatiner Filmkunst.
Auch das Studio Isabella wird öffnen, Anfang Juni. Das Filmtheater Sendlinger Tor, das nicht mehr von gekündigten Mietverträgen spricht (die finale Antwort steht noch aus), möchte schnell wiedereröffnen, wird nun aber um seinen Eröffnungscoup Der Boandlkramer betrogen. Thomas Kuchenreuther zieht mit dem ABC und den Leopold Kinos am 10. Juni nach und zeigt die Oscar-prämierten oder –nominierten Filme: Mank, Nomadland, Der Rausch, außerdem Neues aus der Welt, The Trial of the Chicago 7 und anderes.
Das Werkstattkino öffnet bereits am Dienstag, bleibt aber noch abwartend. Wenn die Überprüfung von Negativtests wegfalle, falle auch das »größte Hindernis« für die Öffnung weg, so Wolfi Bihlmair vom Kino-Kolletiv.
Andere Kinos, die City Kinos, das Rex, Rottmann, das Monopol, Arena und Maxim warten bis zum 1. Juli. Dann soll der große bundesweite Kinostart stattfinden, so lauten die Pläne der AG Kino Gilde. Dann wird auch schon das Filmfest München beginnen, das um wenige Tage nach hinten verschoben wurde. Neben Open Airs besteht der Plan, auch die Kinos in das Festival einzubeziehen.
Die Aussichten auf den Sommer sind also immerhin wolkig bis heiter.