53. Berlinale 2003
Ob die Welt noch steht. |
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Winterbottoms IN THIS WORLD | ||
(Foto: Arsenal) |
Von Thomas Willmann
Abends, nachts, wenn man aus dem letzten Film des Tages, noch halb im Kinorausch, in sein Berliner Quartier gewankt kommt, wird dieses Jahr als erstes stets der Fernseher angemacht. Um zu sehen, ob jetzt schon Krieg ist im Irak. Ob die Welt noch steht.
Sind Filmfestivals ohnehin schon perfekt geeignet, einem aus aller Realität zu heben, so ist es die Berlinale doch noch ein Stück perfekter, seit sie am Potsdamer Platz residiert, dieser tyrannischen New Economy-Utopie, Stein, Glas und Chrom gewordene Science Fiction vom verfallsfreien, designbaren, »offenen« und »freien« Menschen. Dieses Jahr aber haben die Realitäten schon im Vorfeld zugeschlagen: Nicht nur Deutschland, auch die Berlinale ist weniger rot als vor 12 Monaten
– der Hauptsponsor Premiere mitsamt seiner Signalfarbe ist (warum wohl?) nirgends mehr zu erblicken. Das Geld ist knapp, das Festival einen Tag kürzer, die Filme weniger geworden, der Trailer vom Vorjahr recycled. Dass am Potsdamer Platz noch immer neue Wolkenkratzer hochgezogen werden wirkt wie das trotzige Festhalten an einem längst geplatzten Traum.
Befinden Filme sich ohnehin immer im Spannungsfeld zwischen Abbildung, Aufzeichnung von Welt und Erschaffung ihres eigenen
künstlichen Universums, so scheint die Positionierung auf dieser Achse die Auswahl der Werke diesmal besonders stark zu beschäftigen.
Der Eröffnungsfilm, CHICAGO, beginnt mit der Kamerafahrt auf ein Auge zu, in das Schwarz inmitten der Iris hinein. Will man das als ein programmatisches Statement lesen, dann könnte die Sache nicht klarer sein: Die wahren Abenteuer sind im Kopf. Ein Musical zu wählen als Startschuss, noch dazu ein so mit Wonne artifizielles wie CHICAGO, das scheint ein Plädoyer zu sein für Kino als Karneval der Künstlichkeit.
Aber so einfach ist das alles nicht: CHICAGO hat viel über die wahre Welt zu sagen – es ist ein Film darüber, wie alles im Leben nur eine Performance ist, wie unser Reden und Handeln immer quasi Singen und Tanzen für ein Publikum sind. Rob Marshalls Werk flieht nicht vor der Welt, ist nicht einfach pure Fiktion, sondern er zeigt selbst, wie Welt transformiert wird zum Spektakel. Und beharrt dabei zugleich, so schnell und virtuos er auch geschnitten sein mag, auf der Macht des Kinos als wahrheitsgetreue Aufzeichnungsmaschine: Eine seiner (im Abspann auch noch einmal extra betonten) Hauptattraktionen ist, dass die Stars hier wirklich selbst trällern und steppen, dass wir auch in den Musiknummern ihren authentischen Körpern zuhören und -sehen dürfen. Und während keiner dieser Stars dabei die selbe Magie entfesseln kann, die einem beim Ansehen der Großen des Genres, bei einem Astaire, einem Kelley, einer Rogers anrührt, so machen sie ihre Sache doch erstaunlich gut.
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Vermeintlich größtmögliches Kontrastprogramm dann beim ersten Wettbewerbsfilm: IN THIS WORLD heißt, nicht weniger programmatisch lesbar, Michael Winterbottoms Beitrag. Die Geschichte zweier pakistanischer Flüchtlinge und ihrem langen, illegalen Weg nach London. Gedreht auf DV, mit winzigem Team und Laiendarstellern, nur an Originalschauplätzen. Mit einer Offenheit gegenüber dem, was vor Ort zu finden und zu sehen ist, die sich auszahlt: Das ist eben – vielleicht sogar gegen seinen ursprünglichen eigenen Willen – keiner dieser Bedenkenträger- und Gutmenschenfilme, die sich zum Sprachrohr für Entrechtete machen wollen und doch nur ihre eigenen, kopfgeborenen Parolen hinausposaunen. IN THIS WORLD suhlt sich nicht im Elend; über weite Strecken sucht er es nicht einmal und findet es noch seltener. Von einigen etwas aufdringlichen Musikeinätzen abgesehen, ist er erstaunlich emotionsfrei, nimmt ohne Schreien und Klagen hin was kommt. Zwar gibt es kurze Einschübe, in denen eine Stimme aus dem Off zu computergenerierten Landkartenbildern Daten und Fakten zu Flüchtlingsströmen doziert (was in seiner eindeutig kenntlichen Lehrerpult-Haltung auch wieder in Ordnung geht) – aber sonst ist der Film auch frei von Thesen.
Freilich, es sind die warmen, weichen, goldbraunen Farbtöne der Videokamera, sind ihre Breitwand-Bilder, die viel über die Haltung bestimmen, mit der man als Zuschauer das Gezeigte aufnimmt. Aber dennoch wirkt es, als hätte die Wirklichkeit manch Sieg errungen über vorgefasste Konzepte. Das bestätigt sich auf der Pressekonferenz, wo Winterbottom und seine Produzenten erzählen, wie in einem Dorf nahe der türkischen Grenze die Menschen so freundlich und hilfsbereit waren, dass das Filmteam es nicht mehr verantwortbar fand, die eigentlich geplante Episode von übler Behandlung der und Verrat an den Flüchtlingen zu inszenieren. Statt dessen findet sich im Film an dieser Stelle jetzt eine kleine Oase anrührender Menschlichkeit.
Wahrscheinlich war auch Michael Winterbottom von Anfang an zu intelligent, um einen reinen Anliegen-Film drehen zu wollen. Noch einmal die Pressekonferenz: Eine Weile sucht eine Journalistin nach der richtigen Formulierung, will offensichtlich wissen, welche Erwartungen Winterbottom an die Wirkung seines Films hat, scheint ihrerseits dem Streifen zuzutrauen, dass er was bewegen wird in der realen politischen Situation von Flüchtlingen. Sie findet die rechten Worte für die Frage nicht; Winterbottom übernimmt das nach einer Weile dann einfach selbst, mit nicht wenig Ironie in der Stimme: »Would I like my movie to change the world? – Yeah, sure.«
Letztendlich ist sogar möglich, dem Thema Flüchtlinge nicht einzige oder gar wichtigste Bedeutung beizumessen in diesem Film – man kann ihn auch sehen als Reise-Bilderbogen vom graduellen Übergang des Nahen Ostens ins westliche Europa.
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Wer wirklich was ändern will an dieser Welt, der geht nicht ins Kino, der geht auf die Straße, möchte man sagen. In der Früh, auf dem Weg zur ersten Vormittagsvorführung, ist durchs U-Bahn-Fenster ein Demonstrationszug zu sehen. Die Transparente hängen ziemlich schlapp in der kalten Morgenluft, die Leute stapfen ohne Überzeugung vorwärts, als wüßten sie selbst nicht mehr so genau, warum sie hier sind und was sie sich davon erhoffen, hintendrein schlendert ein kleines Aufgebot gelangweilter, miteinander schwatzender Polizisten. Es ist im Vorbeifahren nicht zu erkennen, ob hier für den Frieden marschiert wird oder für den Krieg, oder ob nur die Müllabfuhr mehr Lohn will. Jedenfalls scheint dem Ganzen der Weltveränderungswille und -glaube schon vorab abhanden gekommen zu sein. Die hätten genauso gut ins Kino gehen können, diese Leute.
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Dann kommt ein Film wie Alan Parkers THE LIFE OF DAVID GALE. Der keinen Zweifel aufkommen läßt: Da wollte jemand was Großes, Weltbewegendes sagen gegen die Todesstrafe. Wahrscheinlich hätte der Autor am liebsten eine Doku gemacht, und dann aber überlegt, dass das ja wieder keiner guckt, und drum den Plan gefasst: Das Anliegen muss in einen Thriller verpackt werden. In dem die recherchierten Fakten, die vertretenen Thesen dann ungemein elegant eins-zu-eins von den Charakteren vorgetragen, aufgesagt werden, in diversen Blöcken von Exposition oder in einer Fernsehdebatte, die der Held (immerhin: Kevin Spacey) bestreitet. Zugleich hat dabei die vermeintlich raffinierte (in Wahrheit jedoch völlig vorhersehbare) Thriller-Konstruktion Überhand gewonnen, verlangt immensen mechanischen Plot-Aufwand. Der Film scheut sich da nicht, einer Figur die Leukämie in die Knochen zu schreiben, nur damit das sehr gewollte, artifizielle Krimi-Konstrukt annähernd plausibel wird.
Nur ganz wenige Details gibt es, gerade zu Anfang, wo der Verdacht nahe liegt, dass da etwas bei der Recherche vor Ort Beobachtetes sich einschmuggeln durfte zwischen all das schon vorab Gewusste, Geplante, Gedeckelte. Dinge wie das »No Hostages Will Exit«-Schild im Hochsicherheitstrakt oder der japanische Garten des Gefängnisses. Und Laura Linney hat eine intime Szene mit Kevin Spacey, in der sie ihrer Figur – die eigentlich nichts ist als ein passgenau gefeiltes Rädchen im Plotwerk – eine herzzerreißend wahrhaftige Dimension verleiht. Was der kalten Kalkuliertheit, mit der der Film sie sonst behandelt, etwas geradezu Obszönes verleiht.
THE LIFE OF DAVID GALE ist einer dieser Hollywood-Filme wo, wenn es eine Party gibt und einen Pool, zwangsläufig Partygäste in diesen Pool fallen müssen, Todesstrafenthriller hin oder her. Und wo uns der Philosophie-Professoren-Protagonist vorgestellt wird mit den letzten Minuten eines seiner Seminare, kurz bevor dann die Glocke läutet und die propperen Studenten hinausströmen, wie sie es in so einem Film einfach tun müssen – David Gale erklärt da mal eben in zwei Minuten Lacan.
Ein Film, der keine Offenheit duldet, der mehr altbacken denn klassisch darauf beharrt, sämtliche Bögen zu schließen, Rahmen abzudichten, »i«s zu tüpfeln. Wenn da am Anfang einiges Gewicht gelegt wird auf einen halben Daumenabdruck, dann darf man gewiss sein, dass der sich nicht einfach aus dem Film verabschiedet. Zumindest in dieser Hinsicht wird man von Alan Parker dann auch nicht enttäuscht.
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Dann doch lieber Yasujiro Ozu, dem eine kleine Werkschau gewidmet ist. Der hat die Abgeschlossenheit wenigstens zu beeindruckender, subtil ausballancierter Meisterschaft getrieben. Und bei TOKYO MONOGATARI beispielsweise passt es wenigstens zu dem, worum es in dem Film geht, wenn die Bildräume starre, unentrinnbare Gefängnisse für die Figuren in ihnen sind. Der handelt ja von Menschen, die in den Höflichkeits-Konventionen Japans, die in ihren genau zugewiesenen Familien-
und Gesellschaftsrollen wirklich wie eingesperrt sind. Die die grausamsten, schmerzhaftesten Wahrheiten wenn überhaupt, dann nur mit einem Lächeln und dem Ton beiläufiger Konversation aussprechen dürfen.
Trotzdem hat diese meisterhafte Strenge auch beklemmende Untertönen, strahlt eine Furcht vor allem Lebendigen aus. Dick säumt der Rahmen des Busfensters die Leinwand, als es doch einmal hinausgeht aus den kontrollierten Interieurs, als man sich auf Fahrt begibt durch
Tokyo und die Welt mit all ihren Unvorhersehbarkeiten vielleicht ins Bild drängen könnte. Man beginnt sich zu fragen, ob der Film an seinen Figuren nur keinerlei Freies finden kann, ob er es ihnen nicht gönnt, oder ob er selbst vor allem Freien schlicht nur Panik hat.
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Dabei hat die Welt da draußen so viel zu bieten: Nicht ins Kino zu gehen ist ja auch keine Garantie für Bodenhaftung in der Realität. Da gibt es diesen älteren Herrn osteuropäischen Aussehens, mit kurzen grauen Haaren und Bart, der am Potsdamer Platz die Straße auf den Berlinale Palast zu entlangspaziert und dabei »Volare«, nein, nicht singt sondern geradezu brüllt. Gar nicht mal so völlig falsch, was die Tonhöhen betrifft, und er kann den kompletten Text, nur eben ohne jeden
ersichtlichen Anlass, in gellender Lautstärke und mit seltsamen Pausen nach jeder Phrase: »VOOO-LAAA-RE.« – Pause, Pause, Pause – »OOOOHHHH-HOOOO.« – Paauuussseee – »CAAAN-TAAA-RE.«...
Filme braucht der Mann vermutlich nicht.
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Andere leben offensichtlich nicht minder tief in ihrem eigenen Kopf, aber sie haben dazu das dringende Bedürfnis, ihr Inneres der Welt nicht nur durch kleine Gesangseinlagen näher zu bringen. Die müssen gleich Filme machen.
ADAPTATION ist einer dieser Streifen, deren Entstehung vermutlich spannender war als das letztendliche Resultat: Autor Charlie Kaufmann (BEING JOHN MALKOVICH) sollte Susan Orleans' Reportage-Bestseller »The Orchid Thief« in ein Drehbuch verwandeln. Und fand
sich nach einem knappen halben Jahr daran gescheitert. Statt seine kreativen Schwierigkeiten zu bewältigen, machte er sie darauf zum Thema des Drehbuchs. Und: Die Produzenten waren begeistert.
Es ist nicht, dass dieses Spiel mit all den Faltungen, Spiegelungen, Dopplungen von Realitäts-, Ironie- und Fiktionsebenen, mit Nicholas Cage als »Charlie Kaufman« und sein (komplett fiktiver) Zwilling Donald, dass dieses Spiel keinen Spaß machte. Es läuft sich nur mit der Zeit tot und
verpufft. Es ist ein erstaunlich gewagter Versuch, all die Strategien der »klassischen« postmodernen Literatur in einen Hollywood-Studiofilm zu packen – aber es gibt eben einen Grund, warum die Literatur seit einigen Jahren schon wieder woanders hingewandert ist, warum das ewige Spiegel-im-Spiegel-im-Spiegel-im-Spiegel-Kabinett irgendwann für erschöpft befunden wurde. (Ähnlich verzettelt sich der koreanische RESURRECTION OF THE LITTLE MATCH GIRL in einem heil-, weil regel-
und damit belanglosen Durchbrechen der Grenzen zwischen Computerspiel-Virtualität und Realität, das durch mit großem Aufwand, aber wenig ästhetischem Flair inszenierte MATRIX-Anleihen und Hong Kong-Kino-Zitate nicht ansehnlicher wird.)
Und nur, weil beispielsweise die Macher selbst wissen, dass unaufhörliche Voice-Over-Erzählung nicht sonderlich filmisch und clever ist, und das auch im Film selbst eingestehen, und darüber selbstironisch reflektieren, wird unaufhörliche
Voice-Over-Erzählung noch nicht viel filmischer und cleverer. ADAPTATION ist mehr Papier als Zelluloid, und gerade das sollte man von einem Regisseur wie Spike Jonez nicht erwarten.
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Während sich ADAPTATION tief in der Selbstbespiegelung verirrt, versucht auf dem Potsdamer Platz friedensbewegte Aktionskunst umgekehrt, mit Filmwerbungs-Ästhetik der politischen Realität beizukommen: Ein Plakat prangt da für den (fiktiven) Streifen PEACEKILLER – THE WAY TO FIN BIN LADEN, eine »Enron, Haliburton & Realtime Films«-Produktion mit den Konterfeis von Bush, Blair und Cheney in Hauptdarstellermanier. Nach ein paar Tagen verschwindet das Plakat nachts. Wer es aus dem Gerüst geschnitten und geklaut hat und warum, weiß keiner.
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Ausgerechnet der mit Abstand künstlichste aller bisher gezeigten Wettbewerbsfilme mußte sich derweil am meisten herumschlagen mit politischen Vorwürfen. Zhang Yimous unglaublicher HERO ist eigentlich verdammt nah an der Abstraktion, hebt – in vollem Bewusstsein des Genres, seiner Tradition und seiner literarischen Ahnen – den Kung Fu-Film auf eine Ebene, wo er sich löst in purer Form, Rhythmus, Bewegung und Farbe, Farbe, Farbe. Von der Parallelität von Kung Fu und Kalligraphie, Kung Fu und Musik wird da nicht nur gesprochen, sie wird erfahrbar gemacht. Aber es kommt eben auch der Kaiser Qi vor, und ein vereitelter Plan zu seiner Ermordung. Und schon geht es vielen nur noch darum, ob der Film eine Rechtfertigung sei für Gewaltherrschaft, und ob er historische Wahrheiten richtig abbildet. Sowas könne man doch nicht einfach ignorieren, sagen diese Leute dann. Interessant ist nur, dass sie keinerlei Probleme damit haben, die restlichen 99% des Films komplett zu übergehen.
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Weil wir gerade bei Martial Arts sind: Auch Jackie Chan ist mit einem Film in Berlin. Aber diesmal nutzt er seine Weltberühmtheit, um einer dokumentarischen Geschichtsstunde zur Aufmerksamkeit zu verhelfen. TRACES OF THE DRAGON gräbt auch für Chan selbst bisher unbekannte Familienwurzeln aus und wird dabei gleichzeitig zum Film über all das an Zeitgeschehen, was Chinesen im letzten Jahrhundert durchlebt haben.
Ein braver, aber oft anrührender Film, der wiederum
unsereins die wohl ziemlich einmalige Gelegenheit einer kaum halbvollen Pressekonferenz mit Jackie Chan beschert hat.
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Erstaunlich viele Filme handeln dieses Jahr mehr oder minder poetisch und profund davon, wie kurz die Zeit auf Erden doch sein kann und wie man sie nutzen sollte, so lange man kann. Am Dienstag Mittag, während im ersten Stock des Hyatt die Pressekonferenz zu LICHTER läuft, erleidet der französische Produzent Daniel Toscan du Plantier im Eingangsbereich des Hotels einen Herzinfarkt, an dem er kurz darauf im Krankenhaus stirbt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass SON FRÈRE oder MY LIFE WITHOUT ME zu den letzten Filmen gehörten, die er gesehen hat.
Als man die Treppe herunterkommt von der Pressekonferenz stehen da ein paar freundliche Damen vom Hotel, die einen bitten, den hinteren Ausgang zu benutzen. Mehr sagen sie nicht. Hinter ihnen kann man Polizisten erkennen, die jemanden befragen, und kauernde Notärzte, mit ihren Koffern. Nachträglich weiß man, dass man wohl auch einen Mann dort liegen sehen konnte, auf dem polierten Steinboden und Teppich, über den wenig später wieder die Journalistenhorden zum Pressezentrum strömen.
Die Szene hat Poetisches sowieso nicht, aber auch nichts Profundes. Man erfährt erst später, was da passiert ist. Es gibt einen Moment des Schauerns. Einen Moment des Nachdenkens, einen kurzen. All das Naheliegende geht einem durch den Kopf, für eine Minute werden die Stimmen gedämpfter, aber eigentlich nur, weil man sich verpflichtet fühlt, dieses reale Eindringen des Letzten in diese Tage, die es so oft als ästhetisierte Erfahrung feierten, als etwas Großes, Auratisches zu
empfinden.
Danach geht man in den nächsten Film.
Die Realität, die einen nicht unmittelbar betrifft, hat anscheinend auch zu solch letzten Themen nicht mehr zu sagen als das Kino.