69. Filmfestspiele Cannes 2016
Goldene Palme für Ken Loach, Regiepreis für Cristian Mungiu und Olivier Assayas, Grand Prix du Jury an Xavier Dolan! |
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Die Jury-Entscheidungen bringen Rüdiger Suchsland auf die Palme. Hier: Der Goldene-Palme-Gewinner I, Daniel Blake von Paul Laverty respektive Ken Loach | ||
(Foto: Prokino Filmverleih GmbH / Studiocanal GmbH) |
»Through early morning fog I see/ visions of the things to be/
the pains that are withheld for me/ I realize and I can see...
that suicide is painless/ it brings on many changes
and I can take or leave it if I please.«
– M*A*S*H – Suicide Is Painless
Der britische Regisseur Ken Loach gewinnt in Cannes zum zweiten mal die Goldene Palme – für das Sozialdrama I, Daniel Blake. Den Regiepreis teilten sich der Franzose Olivier Assayas (für Personal Shopper) und der Rumäne Cristian Mungiu (Bacalaureat), der »Grand Prix du Jury« ging an den Kanadier Xavier Dolan für seinen bisher schlechtesten Film Juste la fin du monde. Den Preis für das Beste Drehbuch gewann der Iraner Asghar Farhadi (Forushande), die Darstellerpreise
gingen an Jaclyn Jose (Ma'Rosa) und Shahab Hosseini (Forushande). Den »Preis der Jury« gewann Andrea Arnold (American Honey).
Damit ging die deutsche Regisseurin Maren Ade mit ihrem gefeierten und im den letzten Tagen favorisierten Film Toni Erdmann bei der offiziellen Jury leer aus. Ade gewann allerdings den Preis der Internationalen Filmkritik.
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Schockierte Gesichter im Presseraum. Ohne den Kollegen zu nahe zu treten, aber damit hatte überhaupt niemand gerechnet. Eine Zusammenballung an Fehlentscheidungen und Geschmacksunsicherheit, wie sie in Cannes in all den Jahren, in denen ich hierher komme, ohne Beispiel ist.
Diese Preisvergabe ist nur erklärbar als die typische Entscheidung einer mehrheitlich mit Schauspielern besetzten Jury. So rückt dann ein Film ins Preisträgerfeld, der eine einzige Karikatur
großen Schauspiels ist, aber hauptsächlich aus Großaufnahmen besteht: Juste la fin du monde. Und ein zweiter, in dem eine Vorstellung von »Tod eines Handlungsreisenden auf holzschnittartigem Schülertheaterniveau präsentiert wird.
Neben dem australischen Mad Max-Regisseur George Miller gehörten der Jury mit Vanessa Paradis, Kirsten Dunst, Valeria Golino,
Mads Mikkelsen, Donald Sutherland gleich fünf Schauspieler an und nur zwei Regisseure Arnaud Desplechin und László Nemes. Die iranische Filmproduzentin Katayoon Shahabi als neuntes Jurymitglied ist die große Unbekannte: Selbst manche Iraner kennen sie nicht, und das Lexikon IMDB verzeichnet nur zwei von ihre produzierte Filme – völlig unklar, womit sie die Einladung nach Cannes verdient hat.«
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Nachfolgend meine Livenotizen von der Preisverleihung: Ich habe spontan notiert, und lasse es jetzt einfach so stehen...
Schöne Musik, zuerst aus Le mépris, dann aus M*A*S*H*: »Suicide is painless«. Dann eine bewegende Ehrung für Jean-Pierre Léaud. Warum konnte sein Auftritt nicht in den
Wettbewerb?
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Na servus, das fängt ja »gut an: Preis für Asghar Farhadi. Und dann Andrea Arnold. Das sind schon mal schlechte und risikolose Filme, mit denen sich die Jury auch nicht aus dem Fenster lehnt. Zugleich können diese Preise auch nur den Grund haben, Filme schon mal abzuspeisen. Die Goldene Palme werden Farhadi und Arnold schon mal nicht gewinnen.
Auch die Hauptdarstellerin von Ma' Rosa ist nicht der beste Preis für die Asiaten. Park Chan-wook wird leer
ausgehen.
Und jetzt ein zweiter Preis für Asghar Farhadi. Oh je. Ja spinnen die denn?«
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Ja, sie spinnen! Das jetzt Cristian Mungiu den Preis für die beste Regie bekommt – für seinen biederen Bacalaureat. Der Film ist in Ordnung, aber ein Lehrstück, das nur über den Inhalt funktioniert. Bisher repräsentiert kein einziger Film, irgendeine ästhetische Vision, irgendeine stilistische und formale Radikalität, cinephile Herausforderungen.
Immerhin jetzt der
zweite Regiepreis an Assayas. Das freut mich für ihn.
Aber nun der »Grand Prix an Dolan. Unglaublich! So unglaublich, dass die Kollegen im Saal nur noch höhnisch lachen.«
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Da hab ich Cannes-Jurys im letzten Blog noch gelobt. Aber zum ersten Mal macht mich eine Juryentscheidung von Cannes richtig aggressiv. Das ist nicht falsch oder schwach, sondern katastrophal. Die möchte man wirklich alle zusammen in die Luft sprengen. Und das hat nichts damut zu tun, dass Toni Erdmann nichts bekommen hat – wenn die anderen Preise gute gewesen wären, hätte man damit leben
können. Aber so...
In nahezu jeder möglichen Hinsicht hat die Jury falsch entschieden. Nur ein einziger der guten Filme hat eine Auszeichnung bekommen.
Fast alle Preisträger waren Filme der zweiten, schwächeren Hälfte. Alles Filme der Cannes-Darlings. Inhaltismus und Biederkeit, das prägt diese Entscheidung. Damit tut sich auch das Festival keinen Gefallen.
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»A brave man once requested me/ to answer questions that are key
is it to be or not to be/ and I replied 'oh why ask me?'
'Cause suicide is painless/ it brings on many changes
and I can take or leave it if I please.«
(to be continued)