67. Berlinale 2017
»Du Jane!« |
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Heike-Melba Fendel (Photo Jenny Fey) |
»Ahnungslos bin ich vor 16 Tagen zum „Haus der Pressekonferenz“ geradelt, wo der Direktor der Berlinale 600 Journalisten das bereits in weiten Teilen bekannte Programm vorstellte.
Hinter der letzten Stuhlreihe filmten Kamerateams über die Köpfe der schreibenden Kollegen hinweg, wie sie es ab morgen bei den täglichen Pressekonferenzen im ersten Stock des Hyatt tun werden, wo Macher und Stars Fragen zu Film oder Rolle oder – wenn es blöd läuft – zu Figur und Frisur beantworten werden.«
So ist sie, die Berlinale – der Rote Teppich führt hier nicht etwa bergauf, wie bei den Filmfestspielen in Cannes, sondern abwärts, auf einer schiefen Ebene, tief bis fast in einen Keller hinein, und manchmal weiß man nicht mehr, ob hier jetzt ein Film die Hauptsache ist, oder eine Frisur.
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»Zehn Tage im Februar« – so heißt jetzt ein Roman aus dem die zitierten Passagen stammen. Er spielt mitten auf der Berlinale und bietet kenntnisreiche, lustige, aber auch beißend spöttische Innenansichten von Deutschlands größtem Filmfestival.
Verfasst wurde er von Heike-Melba Fendel, die einerseits Autorin von Artikeln über das Kino und andere Medien ist, andererseits auch eine Agentur für Filmschaffende, Events und PR hat. In ihrem zweiten Roman nimmt sie jetzt gewissermaßen ihr eigenes Metier aufs Korn, die Marketing Maschine, die natürlich auch die Berlinale hat:
»Wir nahmen zur Kenntnis, welche Gäste zu den jeweiligen Filmen erwartet werden und welche Produkte die Sponsoren, die der Direktor „Partner“ nannte, bereithalten. Diese Partner wurden, in Anwesenheit ihrer in der ersten Reihe sitzenden Marketingchefs, noch einmal ausgiebig gelobt für ihr Engagement.«
Dies ist also ein Roman über die PR-Gesellschaft, über den Medienbetrieb und die Form in der wir alle uns heimlich steuern lassen von Spin-Doktoren und Presseagenten.
Es ist ein Roman, der den dort grassierenden Zynismus anklagt:
»Und dann das: Mitten in die Verkündigungen, die Versprecher, die Floskeln und die Danksagungen, mitten in den connaisseurhaften Zynismus, mitten in die eigene zirkuspferdhaft fröhliche Grüßerei und Plauderei fiel ein keinesfalls vorab verkündeter Name: Der Festivaldirektor sagte, sie würden eine großartige Miniserie einer bedeutenden Regisseurin und Oscar-Preisträgerin vorstellen.«
»Wir freuen uns sehr«, sagte er, und man mochte es angesichts seines Varieté-Tremolos beinahe glauben, »wir freuen uns auf – Jane Campion«.
Es ist auch ein Roman über den Filmbetrieb, prall gefüllt mit Realitätspartikeln aus einer irrealen Welt. Denn Jane Campion gibt es wirklich. So wie einen Berlinale-Direktor, der seine eigenen Gäste nicht kennt.
Und doch ist dies ganz Fiktion.
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Denn »Zehn Tage im Februar« ist vor allem ein Roman, der die Welt, vor allem die Welt der Schönen und Reichen, aus der Sicht einer Frau zeigt.
Das Buch beginnt kurz vor Eröffnung der Filmfestspiele in Berlin. Die Ich-Erzählerin kommt nach Hause, und ihr Mann ist nicht mehr da. Die Hauptfigur verbringt dann die ganze Berlinale damit, sich von diesem Schock zu erholen – statt sich in allgemeinem Männerhass zu ergehen, ohne das Selbstmitleid und die Sentimentalität, die die
Männer an Frauen so lieben, sucht sie Affairen – und Jane Campion. Die hatte sie nämlich vor Jahrzehnten mal kennengelernt.
Zugleich bietet es – gewissermaßen aus der Schlüssellochperspektive – in den geplanten Ausnahmezustand eines Filmfestivals. Der ist, glaubt man der Autorin gar nicht so anders wie eine Liebesbeziehung: Ernst sei eine Beziehung, schreibt sie, »wenn man nicht rauskommt – weil man es nicht schafft oder weil man es nicht will. Vor allem aber, wenn das eine vom anderen nicht zu unterscheiden ist.«
Um keine Pointe verlegen, ist Heike Melba Fendels Buch ein großer, intelligenter Spaß.