67. Berlinale 2017
Rebellion gegen Kosslick! |
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Einer von 400: Mia Spenglers Back For Good | ||
(Foto: NFP marketing & distribution GmbH / Filmwelt Verleihagentur GmbH) |
»Wer sich um ein Amt bewirbt, den gilt es zu verhindern.«
Leitsatz der Katholischen Kirche
»400 Filme – das geht doch einfach nicht mehr!« Mehr als eine Person in höheren FFA-Ämtern, also nicht irgendeiner Institution, stimmte ein in das Gespräch, das sich an einem der letzten Abende entwickelte. »Da muss jetzt mal was passieren.« »Eine Rebellion gegen Kosslick, das wäre gut.«
Ja, das würde sogar zu einem Festival passen, das sich als politisch bezeichnet.
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Man muss die Dinge mal beim Namen nennen: Es gibt viele, sehr viele deutsche Produzenten, Regisseure, Filmemacher anderer Gewerke, und Förderer, die die Berlinale entsetzlich schlecht finden. Die die Qualität bemängeln, die darunter leiden, dass ihre Filme nicht wahrgenommen werden, oder zu wenig, oder die beklagen, dass sie in der »Perspektive deutsches Kino« de facto im Ghetto abseits der internationalen Konkurrenz gezeigt werden – und im Publikum sitzen dann die, die für
den Rest keine Karten bekamen, oder mit den Filmemachern befreundet sind und unter all den Deutschen auch noch eine Handvoll Ausländer, die halt reinmüssen.
Es geht so einfach nicht (mehr). Das Festival hat keine Würde. Keinen Begriff von Kino. Keine Wertschätzung für Besucher und Publikum.
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Mit V. aus Barcelona und spanische Kollegin spreche ich zunächst über den FC Barcelona. Barca verlor 0-4 gegen PSG in der Championsleague. »A lack of soul« sagt sie. »They need a new coach. It’s like the Berlinale«
Ihre Festivalbilanz ist hundsmiserabel: »10 days, 5 films that I liked, and I say like, not a masterpiece. Thats not even one film per day. Many colleagues are thinking of not coming back.«
Aber wer könnte diesem untoten Festival wieder Seele einhauchen?
»Where is the Jürgen Klopp of Berlinale?«
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In den vielen Gesprächen am Rande der Berlinale tauchten zwei Gedanken immer wieder auf: Muss Dieter Kosslick als Berlinale-Direktor bis zum bitteren Ende im Jahr 2019 weitermachen? Warum hört er nicht früher auf? Kann man ihn zwingen, wenn er nicht freiwillig geht?
Warum müssen die Amtszeiten von Berlinale-Direktoren eigentlich die von sowjetischen Parteifunktionären übersteigen?
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Die zweite Frage: Wer soll es denn machen? Immer wieder genannt werden zwei Namen. Alfred Holighaus, der einzige Ex-Sektionschef, der unter Kosslick freiwillig den Absprung schaffte, dem ganz offenkundig die Machtgeilheit der andern fehlt – er muss nicht auf seinem Pöstchen sitzen, bis man ihn herausträgt.
Holighaus, ein charmanter, weltgewandter Mann, der das Kino liebt, nicht nur das Deutsche, hat seitdem zwei Jobs gemacht: Zunächst bei der Filmakademie, jetzt bei der
SPIO. Er wäre ein guter Berlinale-Chef, aber er kommt nicht wirklich aus der Deckung. Keiner, der mit ihm sprach, oder von seinen Plänen zu wissen glaubt, erkennt den Wunsch, Berlinale-Chef zu werden. Das spricht für ihn: Denn »Wer sich um ein Amt bewirbt, den gilt es zu verhindern.« lautet der eherne Grundsatz der Katholischen Kirche.
Der zweite Name, auf den ich bereits allein in
Saarbrücken gleich von fünf verschiedenen Leuten angesprochen wurde, ist Kirsten Niehuus – die Chefin des Medienbiord Berlin-Brandenburg. Dass sie diesen Job will, ist für mich seit Jahren offensichtlich. Als ich Niehuus mal vor etwa fünf Jahren darauf ansprach, war ihre Antwort: »Daran habe ich noch nie gedacht. Die Frage stellt sich gar nicht.« Das muss man akzeptieren. Aber vielleicht sieht alles fünf Jahre später anders aus?