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16. internationales Dokumentarfilmfestival München 2001
Reihe: Das Tier im Blick

Tagesprogramme:
Fr 27.4. | Sa 28.4. | So 29.4. | Mo 30.4. | Di 1.5. | Mi 2.5. | Do 3.5. | Fr 4.5. | Sa 5.5. | So 6.5.
Filmreihen:
Alle Filme | Wettbewerb | Point of View | Das Tier im Blick | Neue Filme aus Bayern | Hommage an Boris Galanter | Land und Frieden (Palästina und Israel) | Europe in Shorts | Aspects of Future | LiteraVision 2001 | Kurzfilme | Special Screening


Alfred Machin | Hermann Hähnle | Jean Painlevé | Ulrich Karl Traugott Ferdinand Schulz | Hans Schomburgk | Hans Hass | Bernhard Grzimek | Eugen Schumacher | Heinz Sielmann | Horst Stern | Vierzig Jahre Tierfilm in der DDR

Alfred Machin

Alfred Machin

Docteur Machin, Mimir & Mirza
Der Franzose Alfred Machin (1877-1929) beginnt mit knapp 30 Jahren für "Pathé Frères" als Kameramann zu arbeiten. Pathé schickt ihn zweimal (1907/09) nach Afrika, um für die Wochenschau die exotischen Aspekte des mysteriösen Kontinents einzufangen. Machin dreht dort etwa 20 Filme: Dokumentationen über Fauna und Flora, über Stammessitten und -kostüme, einfach über Land, Leute und Tiere. Er ist sehr sensibel, spürt Probleme und ist ein durchaus "bewußter" Filmemacher.
So sind diese Filme oft selber auch (wie manchmal die erlegten Tiere) Trophäen von Mut und Ausdauer, Siege über die Widrigkeiten von Klima, Landessitten und Stammesritualen. Machin liefert nicht nur "bunte Bilder", er ist dem Kolonialismus gegenüber durchaus kritisch eingestellt und versieht manche seiner "Jagd-Filme" mit verblüffenden Pointen, die stärker im Gedächtnis haften bleiben als die Bilder von Jägern und gejagtem und erlegtem Wild (wie sie viele Kollegen von ihm in dieser Frühzeit des "ethnographischen Films" - auf den Spuren der Lumière-Kameraleute - mit nach Hause gebracht haben). Es sind manchmal kleine Essays über die Jagdleidenschaft und -pervertierung: wenn es keine Chancengleichheit mehr gibt, sondern der Panther, hilflos in der Falle zappelnd, nur noch gequält und exekutiert wird; wenn der kleine Affe, der sich - man weiß nicht, ob aus Gier oder aus Dummheit ("cupidity or stupidity"), auf jeden Fall: "selber schuld!" - hat überlisten und fangen lassen, einer unbeschreiblichen Folter ausgesetzt wird, bevor ... - und ebenso über die ökonomischen Hintergründe und Konsequenzen des Kolonialismus: der schöne Silberreiher muß sterben, damit hübsche Frauen schöne Hüte tragen können. Aber ist das zwingend? Und der Preis des Elfenbeins steigt stetig! Warum?
Zurückgekehrt aus Afrika erfindet Machin in seinem sicheren Studio in Nizza ein neues Genre: die "animalische Burleske" - nachgestellte Jagden, komische Szenen mit Tieren seines Hauszoos, die er aus Afrika mitgebracht hatte. Immer dabei: sein größter Liebling und bester Freund, der Panther Mimir ...
Machin dreht weiterhin "ernste" Filme - der berühmteste ist Maudite soit la guerre (Verflucht sei der Krieg, 1914), Filme über Mühlen in Holland, Melodramen, Horrorgeschichten aus Belgien, Krimis, Komödien, Exotisches, Monumentales. Er baut praktisch alleine die holländische und belgische Filmpro-duk-tion auf. Er bleibt aber auch weiterhin ein "Tierfilmer", mit seiner privaten Menagerie, und er erfindet nochmals ein neues Genre: die "animalo-burleske Allegorie". Tiere in Menschenkostümen müssen leiden, können sich freuen, leben einfach dahin und fragen nach dem einfachen Sinn des Lebens. Travestie: la comédie animale & bestiale - das ist nicht mehr komisch, eher absurd, abstoßend, verrückt (sowieso auch nicht mehr dokumentarisch, ganz im Gegenteil) ... Machin, der seltsame Kauz, scheitert schließlich mit seinem Traum - geschäftlich wie auch persönlich. Er stirbt mit 51 Jahren an einer Verletzung, die ihm sein treuer Kamerad, der Panther Mirza (Nachfolger des geliebten Mimir), zugefügt hat.
Aber es bleibt etwas von ihm in der europäischen Filmgeschichte. Er hat etwas in Gang gesetzt zu Anfang dieses Jahrhunderts des Kinos, er war "der erste europäische Filmemacher" (seine erhaltenen Filme sind in einer großangelegten Aktion aller europäischen - und mancher überseeischer - Filmarchive 1994/95 im Rahmen des LUMIÈRE-Projekts gesichert und restauriert worden). Er war aber natürlich auch ein seltsamer Mensch - "L'étrange Docteur Machin" -, der schließlich an seiner ganz persönlichen Vision ("Das Tier im Blick"), von der er nicht lassen konnte, gescheitert ist. Docteur Machin war am Ende kein Doctor Dolittle ... aber trotzdem ...

Early expedition and hunting films: like the animals shot, they are trophies of courage and endurance. Sometimes they are even small essays about hunting passion and the economical backgrounds: a silver heron must die to provide pretty women with beautiful hats. And the precious ivory! Consequences of colonialism. Some films are in wonderful colours, coloured after production. A second genre, invented by Machin: re-enacted hunts, funny scenes with animals of his private zoo which he had brought with him from Africa.

  Filme von Alfred Machin (Double Feature) FILMMUSEUM
Mo. 30.4., 17:30
website: artechock