72. Filmfestspiele Cannes 2019
Cannes On Speed 07: Der letzte Sommer der Jugend |
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Une fille facile von Rebecca Zlotowski | ||
(Foto: Wild Bunch / Alamode) |
Sie wissen nicht, was sie tun, aber sie wissen, was sie wert sind. Wer sie sind, davon werden sie ein bisschen mehr erfahren in diesem Film. Es geht um Werte, sagt Phillippe, die Figur von Benoît Magimel, am Ende des Films. Naima weiß, was sie wert ist – sagt ihr der um vieles ältere Phillippe, und das schätze er an ihr.
Es ist ein Sommer, der letzte Sommer der Jugend, von dem Une fille facile erzählt. Es geht um den Abschied von der Kindheit, von der Unschuld, aber auch um den Sommer an sich, darum, was das ist, Leichtigkeit.
Die 16-jährige Naima ist noch unschuldig, erst recht im Vergleich zu Sofia, ihrer entfernten Cousine und Sommer-Freundin. Erst im Juni haben sie sich kennengelernt. Sofia ist eine Wahnsinns-Nummer. Sofia bringt Naima auf Ideen, auf einige richtige und auf viel Quatsch. Sie bringt ihr bei wie man Katzenaugen à la Sophia Loren bekommt, und wie man bei einem gesetzten Essen über die Romane Marguerite Duras' redet, ohne auch nur einen von ihnen gelesen zu haben. Sie bringt ihr bei, selbstbewusst zu sein, und sie zu nehmen, was vor einem liegt. Wie es die Männer tun, auch in diesem Film.
Der Film zeigt die Welt der Reichen, und er zeigt wie wie man’s richtig macht: Essen, Bootsfahren, Kunst kaufen, Geld ausgeben. Das Boot heißt nicht zufällig »Winning Streak«. Die Winner-Typen, das sind die Männer. Sie haben Geld und sind alt, die Frauen sind jung und haben Schönheit. Win-win. Dieser Film ist ein feministischer Film, also einer, der das nicht alles schlimm findet, der überhaupt nicht jammert, sondern lieber den Hedonismus verteidigt.
Rebecca Zlotowski ist und bleibt eine der interessantesten Regisseurinnen, wenn nicht die interessanteste ihrer Generation. Ihre Filme sind ungefügt, haben immer etwas Eigenes, sie sind nicht so akademisch, wie der neueste von Céline Sciamma, Portrait de la jeune fille en feu. Rebecca Zlotowski erinnert eher an Olivier Assayas: Einer, der auch nie ganz reinpasst, nie ganz reingehört in die Kategorien des Setzkastens, den es auch im französischen Kino gibt. Ihre Frauenfiguren sind immer spröde und oft traurige Charaktere, wild und ungefügt, es sind Mädchen, die ihren Platz noch nicht gefunden haben, die suchen: Outsiderinnen, Lonerinnen, Einzelgängerinnen.