0 5 6      0 9 0 9 1 9 9 8
magazin



aktuell
open art '98 - theorie und praxis

kommentar
open art '98 - zum 10-jährigen bestehen

spezial
transferit - zur topographie eines
städtischen öffentlichen raumes.

reihe: schon gesehen?
die kühnen dachkonstruktionen des olympiaparks in neuem glanz

|   besprechungen   |   tips & empfehlungen   |   termine  |

 

open art' 98 - wo was los ist...




open art '98 - theorie und praxis

Die OPEN ART reflektiert laut Presseinformation dieses Jahr über das Galerienwesen. Welche Galerie ist eine gute Galerie - so gut, daß sogar Andy Warhol dort austellen würde -, und was macht diese Qualität aus? - Wie haben sich die Strukturen gewandelt? - Wie sieht die Galerie der Zukunft aus?
Das klingt ganz nach tabula rasa anläßlich des zehnjährigen Jubiläums der OPEN ART-Veranstaltung. 1989 riefen sie fünf Galeristen - Christian Gögger, Heinz Herzer, Dany Keller, Helmut Leger und Bernhard Wittenbrink ins Leben. Anlaß war der Wunsch nach Kooperation, und seitdem bestand auch die Initiative Münchner Galerien, die vielen durch ihr Terminplakat mit dem mittigen Stadtplan ein Begriff ist. Bereits als die Häuser zum ersten Mal alle gleichzeitig öffneten, wurden Besucherrekordzahlen gemessen. Begleitveranstaltungen machten die Riesenvernissage zum Event, beziehungsweise ließen und lassen sie denjenigen, der gerne alles mitnehmen möchte, schier verzweifeln.
Heuer wird versucht, die Individualität jeder Galerie vor dem Hintergrund ihrer Gemeinsamkeiten herauszustellen. Wert wird auf die persönliche Geschichte der einzelnen Ausstellungsräume gelegt, deren jede ein Stück Münchner Kulturhistorie ausmacht. In der Gegenwart fragt man daraufhin nach dem Selbstverständnis - ist man Dienstleister, Elfenbeinturm oder Experimentierfeld? Was können Galerien vermitteln, Rezipienten wie Kunstschaffenden? Ist sie wahr, die Legende, der zufolge geniale Künstler erst von ebensolchen Galeristen erkannt und gefördert werden müssen, um internationalen Ruhm und Anerkennung zu erlangen? - Gespannt sein darf man, wie diese ambitiöse Introspektion nächstes Wochenende in die Tat umgesetzt werden wird.
Auch die prekäre Balance zwischen Intitution und kommerziellem Unternehmertum soll zur Sprache kommen, und wird gleich - unwillkürlich? - beantwortet, indem die Nennung der Sponsoren der OPEN ART stark im Vordergrund steht. Dieses Jahr helfen die Deutsche Bahn AG, die Bahnhöfe zu Erlebniszentren aufwerten möchte, die Sparda-Bank, die eine Bahnhofsplakatwand zur Verfügung stellt, sowie Mercedes-Benz, die die Shuttle-Busse besorgen. Vertreter dieser „Institutionen“ nahmen auch an der Podiumsdiskussion „Kunstbetrieb im Wandel“ teil, die schon im Juli vorab stattfand. Im Hauptbahnhof wird ein Wandrelief von Michel Majerus installiert werden, an der Wand hinter dem Eingang Bayerstraße, in zehn Meter Höhe. Das dortige Times Square Online Bistro wird in ein Zentrum medialer Ereignisse umgedeutet. Christian Gögger entwickelte ein „Screening“, einen clipartigen Zusammenschnitt von Videoarbeiten renommierter Künstler, die gleichzeitig einen Ausschnitt der Sammlungstätigkeit der Kulturwerkstatt in der Lothringerstraße („der spiegel“) geben. Zudem stellen dort Andreas Binder und Oliver Schweden junge Medienkünstler aus. Dann werden dort noch „Bookmark-Listings“ angeboten, also Adressverzeichnisse von kunstrelevanten Websides im Internet (ob Artechock auch dabei sein wird?).
Abgesehen vom Ereignisfeld Hauptbahnhof ist die Rathausgalerie wieder das Zentrum aller Aktivitäten. Eine dortige Installation von Skulpturen und Objekten Künstlerarbeiten, die noch keine Galerie vertritt. Außerdem werden auch alle Galerieausstellungen vorgestellt, was einer Vorentscheidung dienlich ist. Dann starten ebenda die Busse zu den verkehrsungünstig gelegenen Ausstellern, die wie alle anderen das ganze Wochenende von 11 bis 18 Uhr geöffnet haben.
Den Höhepunkt stellt die OPEN ART-Party im Nachtcafé dar. Der schweizer Künstler Götz Bury fertigt zu diesem Zweck zwei essbare Bilder an: Der rote Salon von Henri Matisse besteht aus Sandwiches, die „Partie de Campagne“ von Fernand Léger aus Hors d’oeuvres. Vielleicht liefert dies auch schon eine zumindest vorläufige Antwort auf all die eingangs gestellten Fragen. Kulturbetrieb als ein Katalysator, der Menschen zusammenströhmen läßt - leider oft genug ohne selber Spuren zu hinterlassen.

milena greif


open art' 98 - zum 10-jährigen bestehen




die münchner ausstellungs-szene diskutiert sich und ihre zukunft
spezial-beitrag zur open-art ‘98 (I. teil)

Ein rundes Jubiläum gilt es ausschweifend zu feiern. Nach dem einige einschlägige Galerien in diesem Jahr bereits ihr zehnjähriges Bestehen begossen haben, gilt es nun, eine Institution zu würdigen, die als Initiative Münchner Galerien dem hiesigen Ausstellungsbetrieb zumindest einmal im Jahr medien- und öffentlichkeitswirksames Leben zu spenden versucht. Zehn Jahre ‘open art’ stehen für das Bestreben, die Hemmschwellen gegenüber zeitgenössischer Kunst und ihren Agenten abzubauen. In der Tat ist es traurig, daß das Angebot Kunst und Künstler in den Galerien kennen- und verstehenzulernen, noch immer verhältnismäßig wenig genutzt wird. Fragt man nach den Gründen, so mag die Fülle an Ausstellungsräumen abschrecken, kombiniert mit dem fehlenden Vermögen, die jeweilige Qualität einschätzen zu können. Zuviele populär-kommerzielle ‘Galerien’ verschleiern den Blick der ‘Nichteingeweihten’. Doch selbst an den Orten, an denen man ein Interesse an offener Auseinandersetzung erwarten muß, wird vor Galerienbesuchen zurückgeschreckt. So gibt es an dem Institut für Kunstgeschichte beispielsweise kein Seminar, das sich - notfalls auch außerhalb der festgelegten Unterrichtsstunden - zu den Galerien und Institutionen jenseits der heiligen Staatsgemäldehallen aufmacht. Hier wird deutlich, daß es wohl auch die Verbindung von Kunst und Geld ist, die die hehre Begriffsdefinition von Kunst immer noch und immer wieder zu bedrohen scheint. Mit dieser Begriffsdefinition nur schwer vereinbar scheinen auch die künstlerischen Ausdruckmittel zu sein, die nicht dem klassischen ästhetischen und handwerklichen Urteil entsprechen. Ein paar Anlaufstellen gibt es jedoch auch in München, um ‘multimediale’ Kunst zu sehen. Was muß man tun, um mehr Menschen für das Galerienwesen zu interessieren? Wie darf sich die Ausstellungsstruktur in München verändern, um spannender, bedeutender zu werden?

Der neue Hoffnungsträger der Münchner Kultur, der städtische Referent Julian Nida-Rümelin, wird am Freitag, den 11. September die ‘open art ‘98’ eröffnen, die sich jedoch keineswegs zufrieden selbst feiern wird. Denn das große Thema dieses Jahres betrifft die Zukunft des Ausstellungswesens in München und ist somit ein gehöriges Stück konstruktive Selbstkritik. In Zeiten knapper Haushaltsmittel gepaart mit einer übergroßen Dominanz populär-kulturistischer Erscheinungen stellt sich die Frage nach den Perspektiven des Kunst- und Ausstellungswesens vehement. Konkret muß nach dem Standort München gefragt werden, der sich etwas einfallen lassen darf, um sich gegen die nationale ‘Konkurrenz’ etwa aus Berlin oder Köln behaupten zu können.

Das offizielle Motto der diesjährigen ‘open art lautet 'Modell Galerie'. Die Presseankündigung weckt hohe Ansprüche an das Gesamtkonzept der ‘open art und es bleibt fraglich, ob diese erfüllt werden können. Gespannt jedenfalls darf man auf den "faktenreichen Katalog" sein, der hoffentlich Perspektiven für die Münchner Kunstszene aufweisen und nicht nur ein Rückblick auf zehn Jahre Galerieninitiative sein wird.

Aus diesem Anlaß erscheint bei Artechock die kommenden Wochen eine Reihe, die diese Diskussionen kritisch begleiten will. Schon in dieser Ausgabe findet sich ein weiterer Beitrag zur
open art' 98
sowie eine Auflistung, der an der 'open art '98 beteiligten Galerien

Christian Schoen


open art' 98 - zum 10-jährigen bestehen





“‘Plastik und Multimedia’ - Szenen einer Beziehung” lautet der Titel des diesjährigen Kunstbunker Beitrags zur open art. ‘Plastik und Multimedia’ ist zuallererst der Name eines Fachs an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Die Klasse wurde dort von Marie-Jo Lafontaine gegründet, jetzt leitet sie Jai-Young Park, der diese Ausstellung im Kunstbunker dementsprechend auch kuratiert hat.

‘Plastik und Multimedia’ ist im Zwischenfeld von Technologie und traditioneller Plastik angesiedelt. Die beiden Begriffe erzeugen eine gewisse Spannung, denn bei der Plastik handelt es sich um einen klassischen Gattungsbegriff aus der bildenden Kunst, bei ‘Multimedia’ läuten ersteinmal medieneuphorische Glocken, die an Cyberspace, Virtual Reality, Computerkunst usw. denken lassen. In den Räumen des Kunstbunkers werden sie heute mit 14 Video- und Fotoarbeiten sowie Installationen konfrontiert, die unterschiedlichste Themenbereiche des menschlichen Miteinanders ansprechen. Doch dazu später.

Wenn man von der traditionellen Definition eines ‘plastischen Werks’ ausgeht, dann thematisiert und gestaltet die Materie - sei es Gips, Bronze oder Marmor - in der Art und Weise ihrer Ausdehnung, den sie umgebenden Raum. Sie kann weit ausgreifen, mehr Platz als den ihr zugedachten für sich beanspruchen, sie kann sich aber auch auf ihren engsten Umkreis beschränken. Denkt man an Multimedia, so hat man vielleicht als erstes den allgegenwärtigen Fernsehbildschirm oder eine andere Projektionsform (etwa das Dia) vor dem geistigen Auge. Abgesehen von der kubischen Form des Monitors bzw. der Beschaffenheit der Wand konzentriert sich das Interesse des Betrachters (paradoxerweise) in erster Linie auf die illusionierte Räumlichkeit. Weniger läßt er sich gefangennehmen von der realexistiernden Umgebung als von der imaginierten. Der Schein verdrängt das Sein. Ergibt der Titel ‘Plastik und Mulitmedia’ nicht somit einen Widerspruch?
‘Steffi bleibt’ heißt die Arbeit von Patrizia Karda, eine Diaprojektion auf Papier und Wände. Ich möchte ihre Arbeit fast als Raumkollage ansprechen, denn sie spielt mit der Beziehung zwischen der Befindlichkeit im Realraum der Bunkerzelle und dem projizierten Bild einer Abrißwohnung. Im Raum und an der Wand hängende Papierstreifen lösen das Raumgefüge noch weiter auf, heben Einzelemente hervor, anderes tritt zurück. Wo befinden wir uns?
Bei Beate Kameckes Arbeit beobachten wir eine projizierte Labormaus, die unter einem realen Glas gefangen zu sein scheint. Die Verhältnisse kehren sich jedoch um, wenn wir merken, daß wir von einer übergroßen Mausprojektion observiert werden. Wer sieht wen? Wer inszeniert wen? Raumbezüge verändern sich, Gewohntes wird in Frage gestellt. Auch die Arbeit von Ji-Young Rhee ‘Türen’ beschäftigt sich mit der Raumerfahrung. Sie faßt die Architektur eine Bauwerks als Körper auf, konzentriert ihren Blick (der Videokamera) auf das Gesicht des Gebäudes - auf die Türen und Tore durch die wir Menschen schreiten.

Ein anderes Thema, das in unserer Zeit gerade wegen der neuen Informationstechnologien zu einem wichtigen geworden ist, ist das der Kommunikation. Die Arbeit von Marita Maul, eine Installation aus Gazestoff und kleinen insektenähnlichen Lautsprechern, rekonstruiert ein Kaffeetischszenario, das als Metapher für das Zustandekommen eines Dialogs zu verstehen ist. Demgegenüber zeigt die Videoarbeit von Eva Keil - mit dem Titel ‘Grün’ - eine Tischgesellschaft. Die Szenerie läßt an ein Theaterstück denken, ohne daß jedoch ein Protagonist oder eine bedeutungsvolle, stringente Handlung auszumachen wären. Es dominiert das Nebeneinander, das Auf-sich-selbst-bezogen-Sein der Personen, ein Eindruck, der durch die separat geschnittene Tonspur und die flankierenden Projektionen noch verstärkt wird. Auch die Arbeit von Stephen Haigh Greenwood ‘An Exile’s Letter to who knows where’ handelt vom Drama eines nichtzustandegekommenen Dialogs. Hier sind es die geschriebenen Worte eines Strafgefangenen des 18. Jahrhunderts, der seinen Brief auf seinem Transport zum Verbannungsort Australien verfaßt hat. Als Flaschenpost ist er an einen unbekannten Adressaten gerichtet und wie bei einem barocken Zerrbild können wir die im Strudel des Meeres untergehende Schrift in der Spiegelung korrekt lesen.

An dieser Stelle muß bemerkt werden, daß die Erwartungen ausgehend von dem Stichwort ‘Multimedia’ in Verbindung mit den zukunftsorientierten Häusern in Karlsruhe (also dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) u. der Hochschule f. Gestaltung) vielleicht nicht erfüllt werden. Da muß es doch eigentlich verwundern wieso die Künstler, statt begeistert mit den verschiedensten Techniken zu experimentieren, auf das Video als Dokument einer Performance zurückgreifen? Das war vor einem Vierteljahrhundert modern - wenn denn Modernität ein Kriterium ist.
Betrachtet man die Arbeiten vor dem Hintergrund der Geschichte des Künstlervideos bzw. vor der vor nicht allzulanger Zeit abgeflauten Euphorie, mit der die ach so neuen Medien bedacht wurden, dann muß man erstaunt zur Kenntnis nehmen, daß immer noch und immer wieder sehr klassisch mit dem Video umgegangen wird. Wie bei der eindrucksvollen Arbeit von Chun-Chi Lin beispielsweise, dient das Medium in erster Linie der Dokumentation einer Performance. Drei Stunden dauert die zum Ritual werdende Handlung, bei der sich der Künstler schwarz-weiß Kopien seines eigenen Gesichts auf eine übergestülpte Gipsmaske klebt. ‘Ich suche mich, bis ich es nicht mehr ertragen kann’ lautet der Titel seiner Performance. Um Grenzerfahrung einer wesentlich direkteren Art geht es Nadine Böll, die mit einer Kamera die Kräfteeinwirkung des freien Falls dokumentiert. Wenngleich sie sich hier unweigerlich dem Reality oder Action TV annähert, wird deutlich, daß sie das Medium in erster Linie zur Selbsterfahrung und Selbstaussage nutzt. Es ist nicht der voyeuristische Blick, der uns beim Sprung aus dem Flugzeug mitfiebern läßt, sondern das subjektiv und unperfekt (auf-)bzw. wahrgenommene.
Die während der Eröffnung entstandene Videoperformance von Sandra Ließmann ist in diesem Zusammenhang ebenfalls zu nennen. Sie nimmt den Diskurs mit dem Fernsehen auf - allerdings auf eine sehr indirekte, emotionale Weise.

Eine auf Schnelligkeit ausgerichtete laute Welt, wie sie im Fernsehen insbesondere bei MTV eine spezielle Ästhetik entwickelt hat, wurde auch immer wieder in jüngster Zeit im Künstlervideo thematisiert. Auffällig ist, daß die einzige Arbeit, die sich im Rahmen dieser Ausstellung diesem Thema direkt annimmt, eine Arbeit stillstehender Bilder ist. Gemeint ist der Fotozyklus von Sven Erik Klein, die folgerichtig den Titel ‘Quicktime’ trägt. In diesem Bezug ist auch das ‘Holo TV’ von Nadja Schöning zu sehen, das der erwarteten Schnelligkeit der Bilder auf dem Fernsehbildschirm, das Hologramm des Fernseherinneren gegenüberstellt. Während sich der Zuschauer normalerweise faul auf seinem Sofa räkelt, während die Bilder auf ihn einstürmen, muß er sich vor dem Holo TV um das Bild bemühen. Ein Hologramm erschließt sich nur durch die Bewegung des Betrachters. Hervorzuheben als einzig interaktive Arbeit, ist die Installation von Shuichi Fukazawa. Hier wird durch die Bewegung im Raum, der Betrachter Gegenstand in einem sich anscheinend zufällig konstituierenden Bild, das sich im nächsten Moment wieder verflüchtigt hat.
Zeit- bzw. Technikkritisches findet sich in der Installation von Anja Kempe und Julia Pfeffer, die auf zwei Monitoren mit veralteten Gegensprechanlagen versuchen miteinander zu kommunizieren. Ein gewisser Anachronismus liegt nicht nur in der veralteten Kommunikationstechnik, die sie hier verwenden, sondern auch in der Anlehnung an das ‘Closed-curcuit-Verfahren’, das in der Videoperformance der 70er Jahre große Bedeutung erlangte. Eine ironische Zuspitzung erfährt die Szenerie durch die auf Amerika - dem Land des informationstechnischen Heils -verweisenden Symbole.

In den letzten Jahren ist viel über die neuen Informationstechnologien diskutiert worden. Kürzlich ist in einem Kunstmagazin kritisiert worden, daß innerhalb der fast monopolisierten multimedialen Kunst- u. Kunsttheoriefabrik in Karlsruhe, keine kritische Reflexion über die Medien stattfände, die eingesetzt werden. Angesichts dieser Ausstellung ließe sich dieser Vorwurf (mit einigen Ausnahmen) vielleicht bestätigen, doch stellt sich die Frage, ob ein medialer Autodiskurs tatsächlich ständig vonnöten ist. In dem selbstverständlichen Umgang mit multimedialen Ausdruckformen kennzeichnet sich die junge Kunst in der ‘Post-Medien-Euphorie’-Phase. Es wird sich zeigen welche Kunst, welches Medium auf Dauer die Kraft haben wird, gesellschaftsrelevante Aussagen zu transportieren. Doch hier und heute ist sicherlich nicht der Ort, um dieses zu entscheiden. “Die Frage nach der Kunst wird nicht von der Technologie entschieden, sondern liegt im Selbstverständnis der einzelnen Studierenden begründet.” schreibt Hans Belting in dem Katalog zu dieser Ausstellung.

Christian Schoen


zur topographie eines städtischen öffentlichen raumes.

Vorgedanken zur transferit und damit zu einer Installation von Ecke Bonk, Brunner/Ritz, M+M und Eva Schlegel/Hans Weigand im öffentlichen Raum (Sattlerstr./ Färbergraben) vom 11. - 20 Sept.

von Elisabeth Schweeger



ein nicht-ort - ein durchgangsort

Fürstenfelderstraße, Sattlerstraße und Färbergraben sind die Grenzlinien zu einem Ort im öffentlichen Raum, der sich nicht als Platz definiert, da er nach allen Seiten offen und durch befahrene Straßen eingegrenzt ist. Seine einzige Ruhezone, die ihn als Platz ausweisen könnte, ist ein Parkplatz für wenige Autos vor dem Postgebäude. Die Umrahmung des Ortes findet durch folgende Gebäude statt: Dem Postgebäude, der Rückseite des Verlagshauses Süddeutsche Zeitung, dem Parkhaus und der Einkaufsgalerie Richtung Kaufingerstraße.

Die umlaufenden Straßen führen zur Sendlinger Straße. Sie geben dem Ort den Charakter des Durchgangs. Also kein Platz zum Verweilen. Und alle Gebäude, die ihn bestimmen, sind ebenfalls von dem Begriff "Zeit" im Sinne der Vergänglichkeit geprägt:
- Zeitungsverlag: Öffentlicher InformationstrÄger und -vermittler von ephemeren Meldungen. Was heute geschrieben wird, gehÖrt morgen bereits der Vergangenheit an - wird im günstigsten Fall noch archiviert.
- Post: Kommunikationsträger, ebenfalls Vermittler von Informationen, öffentlicher aber auch privater Natur. Transfer von Wissen, Geheimnissen und Geld.
- Parkhaus: steht für Mobilitat. Ermöglicht den raschen Zugriff zu einem Transportmittel. Ist Garant für die Geschaftswelt, daß Ware rasch umgesetzt werden kann, ohne den Kunden in Streß zu versetzen. Dies heißt jedoch nicht verweilen. Der Schein trügt. Jede Sekunde kostet. Mobilitat ist damit ein existentielles Prinzip, ein Grundprinzip unserer Zeit.
- Überdachte Geschäftsgalerie: (mit Eingang zum Kaufhof) Warentausch, Konsum. Angeboten werden: Kleidung, Schuhe, Fahrräder, Lebensmittel, Teeladen, Geschenk-Haushaltsartikel. In der Passage ein kleiner Hof mit Cafe, also direkte Kommunikation.

Die Topographie dieses Ortes, im sogenannten ,,Hinterhof" zum großen, von Touristen besetzten Marienplatz und der so stark frequentierten Sendlinger Straße, läßt sich also einerseits definieren durch das Prinzip (Zeit) "Vergänglichkeit" und andererseits durch das Prinzip (Ort) "Transit" im Sinne von Durchgangsverkehr oder im Sinne von "Transfer", nämlich Transport von Waren. Ort und Zeit behaupten sich jedoch nicht im konkreten Handlungsraum, sondern bereits im virtuellen Raum, bedingt durch die Gebäude, deren Inhalt und Aufgabe auf der Ebene neuer Medien undKommunikationsmethoden basieren (elektronische Datenübertragung, Vermittlung, bargeldloser Verkehr etc.) Ein solcher Ort ist zwar in seiner städtischen Struktur noch im traditionellen Sinne zu verstehen, enthält aber durch die Gebäude, die ihn markieren eine neue, zukünftige Dimension, nämlich den des virtuellen Raumes. So sehr er im Hintergrund des aktiven Geschehens der Innenstadt als vergessener Ort erscheinen mag, so sehr behauptet er sich durch die Bedeutung der Gebäude.

Das Lebensgefühl dieses Ortes bestimmt sich nicht wirklich durch die Architektur - vor allem auch deshalb nicht, weil sich kein Gestaltungswille erkennen laßt - sondern durch den Antagonismus "konkreter Alltags-Ort / nicht faßbare Inhalte". So entpuppt er sich bei naherer Betrachtung nicht etwa als ein verlorenes Nichts, sondern vielmehr als Ort zukünftiger Realitäten - vielleicht nüchtern, vielleicht illusionslos, ohne erkennbare Ästhetik, aber niemals kommunikationslos. Also vielleicht die neue Piazza des 21. Jahrhunderts, - ein Utopia à la Thomas Morus - wo die Erinnerung an die alte Piazza, auf der sich alles traf, sich austauschte, lachte und trank, eine neue Form erhält und die Sehnsucht nach dem Miteinander neue Kriterien zulassen muß.

Elisabeth Schweeger

besprechungen

plastik und multimedia
ausstellung im kunstbunker tumulka
besprechung von christian schoen

filme in pastell
ausstellung im münchner kunstverein
besprechung von milena greif

log - konzentrierte eindrücke
installation am sebastiansplatz
besprechung von milena greif

andreas feininger - photographs 1928-1988
besprechung von annabelle walbert

licht ins dunkel
ausstellung im fotomuseum des münchner stadtmuseum
besprechung von milena greif

yoko ono: have you seen the horizon lately
yoko ono in der villa stuck
besprechung von rüdiger suchsland

andy warhol: serious or delirious
"the last supper" von andy warhol in der staatsgemäldesammlung
besprechung von christian schoen

bernard larsson: zeitdokumente - bilddokumente
ausstellung im haus der kunst
besprechung von christian schoen

schwabing - kunst und leben
Ein Gang durch Wahnmoching im münchner stadtmuseum
Besprechung von katrin klette

tips &
empfehlungen

william kentridge im kunstverein --- transferit - kunst im öffentlichen raum --- porträts im literaturhaus --- sommerloch ade --- aux armes...etcaetera --- sammlung buchheim im haus der kunst --- andy warhol und leonardo da vinci --- tony cragg im lenbachhaus
Was Sie keinenfalls versäumen sollten!

termine

Eröffnungen, Vorträge und Veranstaltungen





galerien und museen
in muenchen

berichte, kommentare,
stellungnahmen

meinungen,
thesen, aktionen

kulturinformation
im internet