07.11.2013

Wir ergeben uns nicht

JACKIE - WER BRAUCHT SCHON EINE MUTTER
Die Schwestern mit der eigenen Leihmutter: Jackie – Wer braucht schon eine Mutter

Die 19. Bimovie-Frauenfilmreihe zeigt starke Filme über starke Frauen

Von Dunja Bialas

Gerade wurde in Kali­for­nien ein Gesetz erlassen, nach dem Kinder mehr als zwei Eltern haben können. Ein uner­war­teter Vorstoß, der der Eltern­schaft Homo­se­xu­eller auch die aktive und teil­neh­mende Mit-Erziehung der Leih­mutter bzw. des Samen­spen­ders ermög­licht. A new world is born. Ganz so offen geht es in Frank­reich nicht zu, obwohl man(n) es hier bei dem Eingehen von Heterobe­zie­hungen oftmals ziemlich bunt und durch­ein­ander treibt. Eine laut­starke Minder­heit rund um die unter einem Künst­ler­namen perfor­mende rechts­kon­ser­va­tive Kaba­ret­tistin (so etwas gibt es wiederum wohl nur in Frank­reich) Frigide Barjot (verball­hor­nend für »Brigitte Bardot«) versuchte, die »Ehe für alle« zu verhin­dern. Im Mai wurde dann aber doch das Gesetz verab­schiedet.

Wenn Männer Männer und Frauen Frauen heiraten wollen, sind restau­ra­tive Kräfte am Werk, die gesell­schafts­kon­so­li­die­rend wirken. »Homo« und »Gender«, die kultu­relle Bestim­mung und Selbst­be­stim­mung des Geschlechts und seiner Rolle, sind in der Mitte der Gesell­schaft ange­kommen, nachdem die »Gender Studies« in der univer­si­tären Wissen­schaft als Disziplin in den neunziger Jahren mit Judith Butler so richtig Fahrt aufge­nommen haben. Die Frau­en­film­reihe Bimovie zeigt seitdem in München Filme für und von Frauen, die sich auch an Lesben richten und beiläufig oder ausdrück­lich die Frage des Genders thema­ti­sieren,

Ganz aktuell beschreibt Jackie – Wer braucht schon eine Mutter genau die Konstel­la­tion der drei Eltern beschreibt, die in Kali­for­nien jetzt lega­li­siert wurde. Die Zwil­lings­schwes­tern Sofie und Daan wuchsen mit ihren schwulen Vätern auf. Jetzt, als sie bereits die 30 über­schritten haben, meldet sich ihre leibliche Mutter und möchte sie kennen­lernen. Eine Iden­ti­täts­be­fra­gung als Roadmovie, mit der wunder­baren Holly Hunter als Jackie. (Sa., 9.11., 21:00 Uhr, und Sa., 16.11., 21:00 Uhr)

Nicht nur Geschlechts­iden­tität ist ein Thema der Geier­wallis, wie sich die Frau­en­fil­me­rinnen, die die Filmreihe orga­ni­sieren, nennen. Wichtig ist ihnen immer auch die Paarung poli­ti­scher Themen mit starken Frau­en­ge­schichten. Ein Thema, dem sie dieses Jahr ein Double-Feature widmen, ist Anti­fa­schismus und der Wider­stand gegen das Dritte Reich. Die Öster­rei­cherin Anja Salo­mo­no­witz hat für ihren Doku­men­tar­film Das wirst du nie verstehen (2003) drei Frauen aus ihrer Familie inter­viewt: Ihre Tante war im KZ, ihr Kinder­mäd­chen war zur Nazi-Zeit enga­gierte Sozia­listin, und die Oma war eine Mitläu­ferin der Bewegung. Drei verschie­dene Schick­sale begegnen sich im Raum des Erzählens. Geschichte als Geschichte(n) der Frauen. (Sa., 9.11., und Mo., 11.11., 19:00 Uhr)

Lisa Fittko war eine Schmugg­lerin. Eine, die in den Jahren 1940/41 auf einem geheimen Pfad Dutzende von Flücht­lingen vor dem Nazi­re­gime über die grüne Grenze von Frank­reich nach Spanien führte. Ihr berühm­tester Schütz­ling war Walter Benjamin. »Wir ergeben uns nicht«, dieser Satz hat Lisa Fittko nicht nur Flücht­linge über die Grenze führen lassen, sondern mit ihm ist sie selbst durchs Leben gegangen. Ein Film, in dem sie, sieben Jahre vor ihrem Tod in Chicago im Jahre 2005, ihre Lebens­ge­schichte erzählt. (Lisa Fittko: Doch wir, sagten wir, wir ergeben uns nicht…, Sa., 9.11., und Mo., 11.11., 19:00 Uhr)

Wie geht es den Frauen in anderen Ländern? Bimovie wirft immer auch einen Blick in andere Konti­nente und Lebens­welten. Die iranische Regis­seurin Negar Azar­bay­jani erzählt in ihrem Spielfilm Facing Mirrors von einer unge­wöhn­li­chen Begegnung in der Provinz Teheran: Adineh, trans­gender und auf der Flucht vor ihrer Zwangs­heirat, und Rana, eine streng­gläu­bige, allein­er­zie­hende Muslima, die ihrem Mann heimlich Geld ins Gefängnis bringen will, treffen auf einer Taxifahrt aufein­ander. (So., 10.11., 21:00 Uhr und Fr., 15.11., 21:00 Uhr)

Eine Liebes­ge­schichte, die in das Fahr­wasser der Finanz­krise gerät, erzählt der kana­di­sche Spielfilm Margarita. Margarita ist ein mexi­ka­ni­sches Dienst­mäd­chen, das in dem Haus ihrer Herren ein sehr frei­zü­giges Leben führen kann, zu dem auch das lesbische Liebes­spiel gehört. Als es der Familie finan­ziell schlechter geht, wird Margarita entlassen und soll zurück in ihre Heimat geschickt werden. Ihre Lieben zuhause aber wollen weiter die Devisen aus dem Ausland und drängen sie, in Kanada zu bleiben. Margarita steckt zwischen zwei Welten fest. (Fr., 08.12., 21:00 Uhr, und Do., 14.11., 21:00 Uhr)

Sexuelle Beläs­ti­gung in Ägypten ist ein Tabuthema. Ein Jahr vor dem arabi­schen Frühling wagte Regisseur Mohamed Diab den Bruch und insze­nierte einen Spielfilm über Frauen, die sich gegen das alltäg­lich Begrab­scht­werden in den öffent­li­chen Verkehrs­mit­teln zur Wehr setzen. Dabei geht es immer auch um die Gesell­schaft insgesamt: Ihre Klas­sen­zu­gehö­rig­keit weisen den Frauen den Platz im Bus zu. Kairo 678 erzählt vom alltäg­li­chen Angriff auf die Frauen, und davon, wie sie sich soli­da­risch gegen ihre Situation zu Wehr setzen. Frau muss nur mit anderen Frauen reden. (Mo., 11.11., 21:00 Uhr, und Mi., 13.11., 21:00 Uhr)

Bimovie 19 – Eine Frau­en­film­reihe findet statt vom 08.11.-16.11. im Maxim in München. Vorstel­lungen tägl. um 19:00 und 21:00 Uhr. Eintritt: 5,50 Euro.