Wir ergeben uns nicht |
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Die Schwestern mit der eigenen Leihmutter: Jackie – Wer braucht schon eine Mutter |
Von Dunja Bialas
Gerade wurde in Kalifornien ein Gesetz erlassen, nach dem Kinder mehr als zwei Eltern haben können. Ein unerwarteter Vorstoß, der der Elternschaft Homosexueller auch die aktive und teilnehmende Mit-Erziehung der Leihmutter bzw. des Samenspenders ermöglicht. A new world is born. Ganz so offen geht es in Frankreich nicht zu, obwohl man(n) es hier bei dem Eingehen von Heterobeziehungen oftmals ziemlich bunt und durcheinander treibt. Eine lautstarke Minderheit rund um die unter einem Künstlernamen performende rechtskonservative Kabarettistin (so etwas gibt es wiederum wohl nur in Frankreich) Frigide Barjot (verballhornend für »Brigitte Bardot«) versuchte, die »Ehe für alle« zu verhindern. Im Mai wurde dann aber doch das Gesetz verabschiedet.
Wenn Männer Männer und Frauen Frauen heiraten wollen, sind restaurative Kräfte am Werk, die gesellschaftskonsolidierend wirken. »Homo« und »Gender«, die kulturelle Bestimmung und Selbstbestimmung des Geschlechts und seiner Rolle, sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen, nachdem die »Gender Studies« in der universitären Wissenschaft als Disziplin in den neunziger Jahren mit Judith Butler so richtig Fahrt aufgenommen haben. Die Frauenfilmreihe Bimovie zeigt seitdem in München Filme für und von Frauen, die sich auch an Lesben richten und beiläufig oder ausdrücklich die Frage des Genders thematisieren,
Ganz aktuell beschreibt Jackie – Wer braucht schon eine Mutter genau die Konstellation der drei Eltern beschreibt, die in Kalifornien jetzt legalisiert wurde. Die Zwillingsschwestern Sofie und Daan wuchsen mit ihren schwulen Vätern auf. Jetzt, als sie bereits die 30 überschritten haben, meldet sich ihre leibliche Mutter und möchte sie kennenlernen. Eine Identitätsbefragung als Roadmovie, mit der wunderbaren Holly Hunter als Jackie. (Sa., 9.11., 21:00 Uhr, und Sa., 16.11., 21:00 Uhr)
Nicht nur Geschlechtsidentität ist ein Thema der Geierwallis, wie sich die Frauenfilmerinnen, die die Filmreihe organisieren, nennen. Wichtig ist ihnen immer auch die Paarung politischer Themen mit starken Frauengeschichten. Ein Thema, dem sie dieses Jahr ein Double-Feature widmen, ist Antifaschismus und der Widerstand gegen das Dritte Reich. Die Österreicherin Anja Salomonowitz hat für ihren Dokumentarfilm Das wirst du nie verstehen (2003) drei Frauen aus ihrer Familie interviewt: Ihre Tante war im KZ, ihr Kindermädchen war zur Nazi-Zeit engagierte Sozialistin, und die Oma war eine Mitläuferin der Bewegung. Drei verschiedene Schicksale begegnen sich im Raum des Erzählens. Geschichte als Geschichte(n) der Frauen. (Sa., 9.11., und Mo., 11.11., 19:00 Uhr)
Lisa Fittko war eine Schmugglerin. Eine, die in den Jahren 1940/41 auf einem geheimen Pfad Dutzende von Flüchtlingen vor dem Naziregime über die grüne Grenze von Frankreich nach Spanien führte. Ihr berühmtester Schützling war Walter Benjamin. »Wir ergeben uns nicht«, dieser Satz hat Lisa Fittko nicht nur Flüchtlinge über die Grenze führen lassen, sondern mit ihm ist sie selbst durchs Leben gegangen. Ein Film, in dem sie, sieben Jahre vor ihrem Tod in Chicago im Jahre 2005, ihre Lebensgeschichte erzählt. (Lisa Fittko: Doch wir, sagten wir, wir ergeben uns nicht…, Sa., 9.11., und Mo., 11.11., 19:00 Uhr)
Wie geht es den Frauen in anderen Ländern? Bimovie wirft immer auch einen Blick in andere Kontinente und Lebenswelten. Die iranische Regisseurin Negar Azarbayjani erzählt in ihrem Spielfilm Facing Mirrors von einer ungewöhnlichen Begegnung in der Provinz Teheran: Adineh, transgender und auf der Flucht vor ihrer Zwangsheirat, und Rana, eine strenggläubige, alleinerziehende Muslima, die ihrem Mann heimlich Geld ins Gefängnis bringen will, treffen auf einer Taxifahrt aufeinander. (So., 10.11., 21:00 Uhr und Fr., 15.11., 21:00 Uhr)
Eine Liebesgeschichte, die in das Fahrwasser der Finanzkrise gerät, erzählt der kanadische Spielfilm Margarita. Margarita ist ein mexikanisches Dienstmädchen, das in dem Haus ihrer Herren ein sehr freizügiges Leben führen kann, zu dem auch das lesbische Liebesspiel gehört. Als es der Familie finanziell schlechter geht, wird Margarita entlassen und soll zurück in ihre Heimat geschickt werden. Ihre Lieben zuhause aber wollen weiter die Devisen aus dem Ausland und drängen sie, in Kanada zu bleiben. Margarita steckt zwischen zwei Welten fest. (Fr., 08.12., 21:00 Uhr, und Do., 14.11., 21:00 Uhr)
Sexuelle Belästigung in Ägypten ist ein Tabuthema. Ein Jahr vor dem arabischen Frühling wagte Regisseur Mohamed Diab den Bruch und inszenierte einen Spielfilm über Frauen, die sich gegen das alltäglich Begrabschtwerden in den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Wehr setzen. Dabei geht es immer auch um die Gesellschaft insgesamt: Ihre Klassenzugehörigkeit weisen den Frauen den Platz im Bus zu. Kairo 678 erzählt vom alltäglichen Angriff auf die Frauen, und davon, wie sie sich solidarisch gegen ihre Situation zu Wehr setzen. Frau muss nur mit anderen Frauen reden. (Mo., 11.11., 21:00 Uhr, und Mi., 13.11., 21:00 Uhr)
Bimovie 19 – Eine Frauenfilmreihe findet statt vom 08.11.-16.11. im Maxim in München. Vorstellungen tägl. um 19:00 und 21:00 Uhr. Eintritt: 5,50 Euro.