Bimovie – das Festival mit dem Star* |
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Pst, nicht weitersagen: Bei The Duke of Burgundy kommen auch Männer ohne * auf ihre Kosten |
Von Felicitas Hübner
Keiner ahnte, dass es im November in München wieder ein Maxim-Kino geben würde. So haben die Macherinnne des Frauenfilmfestivals Bimovie ihre traditionellen Abspielstätte verlassen und sind ins Rio am Rosenheimer Platz ausgewichen, das vom 3. bis 9. November 2016 dem Bimovie eine neue Heimstatt bietet. Die Macherinnen, also all die, die das Filmfest kuratieren und organisieren, nennen sich »die Geierwallis« und sind die elf Freundinnen Moana Bauer, Christiane Böhm, Anne Daschkey, Dorothee Denzler, Sabine Eisenhauer, Katrin Gebhardt-Seele, Ingrid Hackl, Harriet Hoefer, Karin Hofmann, Annette Müller und Julia Stiebert.
Von Anfang an widmete sich Bimovie nicht nur dem Frauen- oder Lesbenfilm, sondern setzte auch stark auf Filme, die eben diese (Geschlechts-) Identitäts- und Repräsentationspolitik in Frage stellen. Es waren und sind Filme, in denen einst das Binnen-I fortschrittlich war. Mit dem Binnen-I wurden zum Beispiel die KinobesucherInnen angesprochen, um die Zweigeschlechtlichkeit der Anzusprechenden auszudrücken.
Womit sich die Cis*-Community noch immer schwer tut, hat das dem Fortschritt traditionell weit voraus seiende Berliner Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg offiziell ins Amtsdeutsch eingeführt: das Gender-Sternchen. Dieser »Gender*Star« spricht Frauen und Männer als auch Menschen, die sich der Kategorisierung in das binäre Geschlechtersystem entziehen (wollen), als Bürger*innen oder Mitarbeiter*innen an. Alle sozialen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten können adressiert werden. (*»CIS« bezeichnet die Geschlechtlichkeit von Menschen, die in ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht leben und sich damit identifizieren.)
Auch wenn sich das Bimovie selbst als »Frauenfilmfest« bezeichnet, gibt es natürlich auch Sternchen-Filme zu sehen.
So bereits im Film Nr. 1:
FtWTF – Female to What The Fuck geht der Frage nach, wie männlich* ein Transmann sein muss. Was bedeutet der Begriff männlich* überhaupt? Wie eng sind das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht und die gesellschaftlichen Rollenerwartungen miteinander verknüpft? Diese Fragen stellen sich im österreichischen Dokumentarfilm sechs Frauen*, die sich aus unterschiedlichen Gründen mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht nicht wohlfühlen und sich deshalb auf den Weg einer Geschlechtsangleichung machen. Der Titel des Films verweist auf eine Transition, an deren Anfang ein weiblicher* Körper steht, deren Ende aber offen bleibt. Was auch immer – what the fuck.
Film Nr. 2:
In dem indischen Film Margarita with a Straw geht es um Laila, eine junge, kreative und begabte Studentin an der Uni in Delhi. Sie ist spastisch gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen. Und sie möchte tun und lassen, was sie will, sich (auch sexuell) ausprobieren. Auf der Suche nach ihrer sexuellen Identität gesteht sie sich und später ihrer Mutter gegenüber ein, dass sie bisexuell ist. Die Schauspielerin Kalki Koechlin, die Laila spielt, setzt sich in Indien öffentlich für die Gleichstellung der Geschlechter und gegen Prostitution ein.
Film Nr. 3:
Der Freiheitskampf der Kurdinnen (Kurdistan: Girls at War) beschreibt die feministische kurdische Frauenarmee. Mit eindrücklichen Bildern zeigt der Film zum einen das Geschehen der aktuellen Auseinandersetzungen in Syrien, er begleitet die Kurdinnen, befragt sie zu ihren gegenwärtigen Problemen, zu ihren Zielen und Idealen – und erzählt damit zum anderen die vielseitige Geschichte der kurdischen Frauenbewegung. Die Kämpferinnen schildern ihre Beweggründe, ihren Alltag und ihre kollektiven Ideen für eine Zeit ohne Krieg,
Film Nr. 4:
Laura Bispuri versucht in ihrem visuell eindrucksvollen Film Sworn Virgin die Welt der geschworenen Jungfrauen in Albanien zu ergründen. Die junge Hana wächst in einem albanischen Bergdorf bei Zieheltern auf, einem Ort, an dem das Patriarchat noch in seiner archaischsten Form regiert. Hana, die sich im Gegensatz zu ihrer Schwester Lila, nicht der starren weiblichen Geschlechterrolle fügen will, wählt schließlich den Weg der geschworenen Jungfrauen und wird zu Mark. Fortan trägt sie Männerkleidung und einen Kurzhaarschnitt, darf (endlich) rauchen und trinken.
Film Nr. 5:
Der südkoreanische Dokumentarfilm Troublers von Young Lee erzählt, dass Homosexualität in Südkorea zwar legal ist. Doch gleichgeschlechtliche Ehen und eingetragene Partnerschaften sind es nicht. Ein gesetzlicher Diskriminierungsschutz aufgrund sexueller Orientierung besteht nicht. Vom Militärgericht kann und wird Homosexualität mit Gefängnisstrafen bedroht. Auf der Straße beschimpft zu werden, gehörte während der Entstehung des Films zum Lebensalltag der Filmemacherin. Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*menschen und andere queere Personen werden als »pro-nordkoreanische Kommunisten« gebrandmarkt und damit ausgegrenzt.
Film Nr. 6:
The Duke of Burgundy von Peter Strickland ist eingebettet in malerische Naturaufnahmen, Herbstlicht und 70er-Jahre-Musik. Der Regisseur versteht es, Schicht für Schicht die komplexen Ebenen eines sinnlichen Psycho-SM-Spiels freizulegen und enthüllt so die darunter verborgenen Probleme in der Beziehung der beiden Frauen. Am Ende bleibt die Frage: Wie weit geht frau, um ihre Partnerin glücklich zu machen. Der Film ist eine Liebeserklärung an die Erotikfilme der Siebziger von Jess Franco und Luis Buñuel und inspiriert von Filmen wie Belle de Jour und Die bitteren Tränen der Petra von Kant.
Film Nr. 7
Auch für die im Iran lebende Sonita soll die Kindheit früh enden. Es heißt: Hochzeit statt Schule und Karriere. Sonita ist einem Mann versprochen. Sie ist 18, er viele Jahre älter und bereit, einen guten Preis für seine junge Braut zu zahlen. Das Brautgeld für Sonita soll es einem ihrer Brüder ermöglichen, selbst zu heiraten. Doch die junge Frau Sonita Alizadeh träumt von der Flucht in ein freies, selbstbestimmtes Leben als Rapperin. Die Filmemacherin Rokhsareh Ghaem Maghami aus Teheran hat sie auf diesem Weg drei Jahre lang begleitet und zeigt, wie die Schülerin gegen die Probleme ansingt: »Wie alle Mädchen bin auch ich gefangen, ein Schaf, für den Käufer gezüchtet. Sie sagen, es sei Zeit, mich zu verkaufen. Seht meine Augen, Ohren, ich bin ein Mensch!«
Sieben Filme an sieben Tagen. Jeder Film wird zwei Mal gezeigt.
BIMOVIE 22 – Eine Frauenfilmreihe ist eine Veranstaltung der Filmstadt München. 3.-9.11.2016, Rio Filmpalast, Rosenheimer Str. 46, 81669 München.