Bimovie, die 21ste |
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Geist ist geil – in Regarding Susan Sontag |
Von Felicitas Hübner
Was 1988 als mobiles Kino an verschiedenen Plätzen in München begann, führte 1991 zum allerersten Bimovie. Das Bimovie 1 fand 1991 im KulturLaden Westend in der Ligsalzstraße statt. Das zweite 1993 im FIDIO, einem cinephilen Münchner Wohnprojekt. Seit Bimovie Nummer 3 im Jahr 1995 steht das MAXIM in Landshuter Allee 33 als feste Vorführungsstätte zur Verfügung. Anfänglich unregelmäßig findet die Frauenfilmreihe Bimovie der Geierwallis seit 1999 jedes Jahr statt.
Im Jahr 1873 erschien der Roman »Geier-Wally« von Wilhelmine von Hillern. Verfilmt wurde die Geschichte um die renitente Wally diverse Male. 1921 war es ein Stummfilm von E. A. Dupont mit Henny Porten in der Rolle der Wally. 1940 kam Hans Steinhoffs Version der Geierwally in die sehr deutschen Kinos. In der Bundesrepublik Deutschland des Jahres 1956 verfilmte Franz Cap den Stoff, in Österreich war es 1967 Gretl Löwinger. 1988 warf sich der Kölner Walter Bockmayer auf die Geschichte der Geierwally und modellierte eine heitere Trash-Komödie als Parodie auf traditionelle Heimatfilme. Sehr bizarr mutet die damals backfischige Veronica Ferres als Magd-Darstellerin und Regieassistentin an. Die auch sehr fesche Christine Neubauer durfte in der »Geierwally« des Jahres 2005 unter der Regie von Peter Sämann die Titelrolle spielen. Dann gibt es auch noch eine Oper »La Wally«, die Wally als Sopran meistert. Ein steirisches Musical vervollkommnet das Repertoire.
Für die Frauen, die das Bimovie organisieren, steht GEIERWALLI für starke Frauen. So war es unvermeidbar, sich diesen Namen zu geben. Die GEIERWALLIS sind eine Gruppe von Frauen, die selbst im Filmbereich tätig sind, die sich für das Kino begeistern und die wissen »wie geil es ist, eine Frau zu sein«. Ihre Motivation ist, herausragende Filme von Frauen vorzuführen, die ansonsten ungezeigt blieben. Es sind qualitativ hochwertige und radikale Filme, die sich mit Geschlechterfragen auseinandersetzen. Von Anfang an widmete sich Bimovie nicht nur dem Frauen- oder Lesbenfilm, sondern setzte auch stark auf Filme, die eben diese Identitäts- und Repräsentationspolitik in Frage stellen.
So hoch motiviert und begeistert die zehn Geierwallis eben sind, ist ihnen auch in diesem Jahr ein sehr schönes Programm gelungen:
Susan Sontag war war die kämpferischste Intellektuelle New Yorks, die scharfsinnigste Analytikerin von Pop-, Sub- und Hochkultur, Themenerschließerin und Feministin. Wie leidenschaftlich die Autorin von »Anmerkungen über Camp« kluge und für das Ihre brennende Frauen liebte, zeigt Nancy Kates Filmessay Regarding Susan Sontag, der das private und berufliche Umfeld um die 2004 Verstorbene versammelt. Fotografien, Mitschnitte von Interviews und Filmaufnahmen hat Kates zu historischen Bilderwelten montiert. Diese versetzen das Publikum in das jeweilige Zeitgeschehen von Susan Sontags Essays über Photographie, Krankheit als Metapher oder ihrer Theaterarbeit im belagerten Sarajevo. Geist ist geil. Susan Sontag. (Do. 12.11. 21 Uhr und Sa. 14.11. 19 Uhr)
Shola Lynch porträtiert in ihrem Film Angela Davis, der Kampf geht weiter die afroamerikanische Kommunistin. Wegen ihres Einsatzes bei den Black Panthers wurde Davis vom FBI verfolgt und verhaftet. Ihr drohte wegen des Vorwurfs der »Unterstützung des Terrorismus« die Todesstrafe. Schließlich wurde sie 1972 in allen Punkten der Anklage freigesprochen. Auch heute geht ihr Kampf weiter: Schwerpunkt ihrer vielbeachteten Arbeit ist die Untersuchung des »Gefängnisindustriellen Komplexes«, das heißt der Gesetzmäßigkeiten, die der Unterdrückung aufgrund des Geschlechts, der Rasse und der Klasse in den USA und weltweit zugrunde liegen. (Sa. 7. 11. 19 Uhr und Die. 10.11. 21 Uhr)
Der lesbische Trashfilm Dings beweist, dass Frauen längst nicht mehr kontrolliert und humorfrei der bösen, patriarchalen Welt etwas beweisen müssen. Nathalie Percillier lässt in ihrem Film die Schweizer Frauenband Les Reines Prochaines als Kommissarinnen einen Mord aufklären. Sie verfolgen ein verdächtiges Wurstbrot und eine abgetauchte Witwe. Die Knarre fest an die Wade geschnallt und mit einer Krokodilledertasche als treuer Begleiterin nehmen sie sich dieses komplexen Falls an. Der Film setzt sich aus inszenierten Spielfilm-Passagen und Interviews mit Les Reines Prochaines zusammen. Die Handlung ist die eines klassischen Krimis, welche aber eher als Gerüst für die Lyrik und Musik der Performance dient. Die Lieder und Kommentare drehen sich nur vordergründig um die Aufklärung eines Mordes. Auf einer Metaebene werfen sie philosophische Fragen zu Identität, Liebe, Geld und Arbeit auf. (Sa. 7.11. 21 Uhr und Do. 12.11. 19 Uhr)
Der Film lief zwar in den Kinos, aber nicht sehr lange. Noch ein Grund mehr ihn auf dem Bimovie zu präsentieren: Was passiert, wenn Frauen nachts allein nach Hause gehen, zeigt die iranisch-US-amerikanische Regisseurin und Drehbuchautorin Ana Lily Amirpour in ihrem Film A Girl Walks Home Alone At Night. Eine geheimnisvolle, in einen Tschador gehüllte Frau fährt mit einem Skateboard auf den nächtlichen Straßen herum. Sie ist feministische Rächerin und Bestie. Mit ihrem Ringelpulli und den Jeans unter dem Tschador ist sie noch dazu sehr cool. Und bissig! (Mo. 9.11. 19 Uhr und Sa. 14.11. 21 Uhr)
Von einer Neuerfindung nach der Diagnose von Multipler Sklerose erzählt der Film Das Blaue Wunder von Uschi Bökesch. Es ist ihre eigene Geschichte. Ihrem Traum von ihrer Musik leben zu können, stellt sich die Krankheit in den Weg. Der Film zeigt Uschi Bökesch als eine humorvolle und starke Frau, die versucht, sich nicht vom Schicksal einschüchtern zu lassen und trotz allem das Leben bei den Hörnern zu packen. Der Film rangiert zwischen Tagebuch und Dokumentarfilm, zwischen Selbstgespräch und Dialog. So entstand eine ganz eigene Filmsprache, die einen intensiven und direkten Zugang ermöglicht. (So. 8.11. 19 Uhr und Mi. 11.11. 21 Uhr)
Der zweite Film zum Thema Selbstverteidigung und Black Power in die USA ist der Film Out in the Night von Blair Dorosh-Walther. (Sa. 7.11. 19 Uhr und Die. 10.11. 21 Uhr) Hart und fetzig geht es zu in dem kanadischen Rollerderby-Film Derby Crazy Love von Maya Gallus und Justine Pimlott zu. (So. 8.11. 21 Uhr und Fr. 13.11. 19 Uhr) Im unter die Haut gehenden Film Dólares de arena (»Sand Dollars«) von Laura Amelie Guzman und Israel Cárdenas geht es um Geld und Liebe. (Mo. 9.11. 21 Uhr und Mi. 11.11. 19 Uhr) While You Weren’t Looking von Catherine Stewart gibt einen Einblick in das queere Leben Kapstadts. (Die. 10.11. 19 Uhr und Fr. 13.11. 21 Uhr)
Das ausführliche Programm und alle weiteren Informationen stehen im Internet. »Bimovie 21 – Eine Frauenfilmreihe« findet vom 7. bis 14. November 2015 im Maxim Kino in München statt. Die Einzelkarte kostet 6 Euro.