02.04.2020

Meine liebsten Kinderfilme

Joya Thomes Die Königin von Niendorf
Joya Thomes Die Königin von Niendorf
(Foto: Joya Thome Filmproduktion)

Empfehlungen für die kinolose Zeit von unserer Expertin für Kinderfilm, die noch im März 2020 für ihr Engagement für den Kinderfilm mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde

Von Christel Strobel

Nachdem der ausgangs­be­schränkte Zustand noch eine Weile anhalten wird und wir damit auch auf den Eintritt ins Kino, wo sich Filme bekannt­lich ja am besten sehen lassen, noch warten müssen, ist hier ein kleiner Wegweiser zu guten Kinder­filmen, die ja auch immer gut für Erwach­sene sind. Es ist eine Mischung aus empfeh­lens­werten neuen und sehens­werten älteren, zum Teil schon histo­ri­schen Filmen. Wir wünschen auf jeden Fall viel Vergnügen!

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Königin von Niendorf

Deutsch­land 2017 ∙ 67 Min. ∙ FSK: ab 0

Regie: Joya Thome ∙ Drehbuch: Joya Thome, Philipp Wunder­lich ∙ Darsteller: Lisa Moell, Denny Sonnen­schein, Salim Fazzani, Ivo T. Michligk, Moritz Riek ∙ Alters­emp­feh­lung: ab 8

Dieser in jeder Weise besondere Kinder­film entstand mal nicht nach einem bekannten Kinder­buch, sondern ist die Verfil­mung eines Origi­nal­stoffes, wozu in unserer Kino­land­schaft Mut und Ausdauer gehört. Das hat Joya Thome über­zeu­gend bewiesen, zumal sie mit Lisa Moell auch eine besondere Darstel­lerin entdeckte, und zwar in einem Dorf in Bran­den­burg, in dem Königin von Niendorf auch ange­sie­delt ist. Lisa spielt die zehn­jäh­rige Lea, die in diesem Sommer keine Lust hat, mit den anderen Mädchen ins Feri­en­lager zu fahren, weil die langsam in die Pubertät kommen und »sich so komisch benehmen«. Lea hat noch etwas Kind­li­ches an sich, schaut ernst in die Welt, fährt mit ihrem Fahrrad durch das sommer­lich stille Dorf, beob­achtet alles und will unbedingt in der Jungen­bande mitmachen, die aber keine Mädchen aufnimmt. Lea lässt nicht locker, schließ­lich denken die Jungs sich eine spannende Mutprobe aus … Für Lea wird es ein erleb­nis­rei­cher Sommer und der Respekt der Bande ist ihr sicher.

Die Königin von Niendorf hatte auf dem Kinder­film­fest München 2018 Premiere und wurde von der Jury des Verbands der deutschen Film­kritik als bester Kinder­film des Jahres 2018 gewählt. Aus der Begrün­dung: »Joya Thome gelingt es in ihrem Debütfilm … nicht nur einen originären Stoff mit einer univer­sellen Geschichte über­zeu­gend umzu­setzen, sondern auch die authen­ti­sche Lebens­wirk­lich­keit einer heutigen Kindheit trans­pa­rent zu machen. Ihre Erzählung über einen Kinder­sommer in Bran­den­burg zwischen neuen Erfah­rungen, eigen­s­tän­digem Handeln und banalem Alltag hebt sich selbst­be­wusst wie beiläufig vom Kanon deutscher Hochglanz- und Best­sel­ler­kin­der­filme ab und begeis­tert zudem mit einem außer­ge­wöhn­li­chen Kinder­cast, allen voran der völlig umwer­fenden Lisa Moell.«

Siehe auch unsere Film­kritik auf artechock.

Verfüg­bar­keit: Als DVD und erfreu­li­cher­weise ist der Film inzwi­schen auch auf so gut wie allem Streaming-Patt­formen im Angebot. Was allein schon deshalb ein Glücks­fall ist, als dieser großar­tige Film z.B. in München nie im regulären Kino­pro­gramm zu sehen war.

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Romys Salon

Nieder­lande 2019 ∙ 90 Min. ∙ FSK: ab 0
Regie: Mischa Kamp ∙ Drehbuch: Tamara Bos ∙ Darsteller: Vita Heijmen, Beppie Melissen, Noortje Herlaar ∙ Alters­emp­feh­lung: ab 8

»Früher dachte ich, dass ich alles weiß und meine Oma dumm wäre – aber eigent­lich wusste ich gar nichts.« So erwachsen reflek­tiert die zehn­jäh­rige Romy die Geschichte von und mit ihrer Groß­mutter Stine, die aus Dänemark in die Nieder­lande gehei­ratet hatte, inzwi­schen aber allein ist. Es ist eine emotio­nale Geschichte, die sich innerhalb eines Jahres abspielt und ganz aus der Perspek­tive der Enkelin erzählt wird. Nachdem Romys Eltern sich getrennt haben, geht die Mutter wieder arbeiten und Romy muss tagsüber zu Stine, einer schicken wie resoluten Geschäfts­frau an die 70 mit eigenem Friseur­salon. Sie empfindet das Mädchen als Belastung, was sie ihr auch zeigt, doch gele­gent­liche Aussetzer machen Romy stutzig. Seit eine neue elek­tro­ni­sche Kasse im Laden steht, ändert sich ihr Verhältnis, denn Stine braucht immer öfter Romys Hilfe; auch zunehmend mit anderen Dingen des Alltags. Der Blick der Zehn­jäh­rigen auf ihre Oma ändert sich und sie hilft ihr immer mehr, auch im Friseur­salon. In einem emotio­nalen Augen­blick gibt Stine ihrer Enkelin den Geschäfts­schlüssel in die Hand – es soll einmal Romys Salon werden. Und während das Mädchen an den allmäh­lich größer werdenden Anfor­de­rungen zwischen Groß­mutter und den getrennt lebenden Eltern wächst, entwi­ckelt sich Stine mit ihrer Alzheimer-Krankheit schritt­weise zurück, neigt zu kind­li­chen Späßen, erzählt von ihrer Kindheit in Dänemark, spricht gele­gent­lich auch wieder Dänisch. Aber Romy lernt dadurch ihre Groß­mutter überhaupt erst einmal kennen und das bringt sie auf eine Idee.

In letzter Zeit befassten sich schon einige Filme mit dieser Proble­matik, wobei Romys Salon auch für Kinder nach­voll­ziehbar ist, behutsam wie glaub­würdig an das Thema geht. Und die beiden anspruchs­vollsten Rollen sind kongenial besetzt mit Vita Heijmen als Romy und Beppie Melissen als Romys Oma Stine – beide zu Herzen gehend. Eine besondere Empfeh­lung für diesen starken Film!

Siehe auch unsere Film­kritik auf artechock.

Verfüg­bar­keit: Da die Kino­aus­wer­tung erst im Januar stattfand, ist dieser Film bislang weder als DVD noch im Stream verfügbar.

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Supa Modo

Kenia, Deutsch­land, 2018 ∙ 72 Min. ∙ FSK: ab 0
Regie: Likarion Wainaina ∙ Drehbuch: Mugambi Nthiga, Silas Miami, Wanjeri Gakuru, Kamau Wandung'u ∙ Darsteller: Stycie Waweru, Nyawara Ndambia, Marrianne Nungo ∙ Alters­emp­feh­lung: ab 8

Der von Tom Tykwer mitpro­du­zierte und in Kenia entstan­dene Film Supa Modo ist ein kraft­voller, mitreißender Film, obwohl ein schweres Thema der Ausgangs­punkt ist: Die neun­jäh­rige, an Leukämie erkrankte Jo, liebt Action­filme und möchte gerne selbst eine Super­heldin sein. In ihrem Zimmer in der Kinder­klinik hängen Plakate ihrer Lieb­lings­helden. Eines Tages kommt Jos resolute Mutter und setzt durch, dass ihre Tochter die Zeit, die noch bleibt, nicht in der Klinik, sondern zu Hause verbringen kann. Dort, in der länd­li­chen Umgebung, gibt es aller­dings für das lebens­frohe Mädchen nicht viel, denn die anderen Kinder sind in der Schule und die einzigen Abwechs­lungen bieten das örtliche Kino – schon in der Klinik gab es Film­vor­füh­rungen – und Fußball, aber sie soll sich ja nicht zu sehr anstrengen. In dieser unsi­cheren Situation regt Jos Schwester ein wunder­bares Spiel an, indem sie Jo ermuntert, an ihre magischen Kräfte zu glauben und animiert schließ­lich das ganze Dorf, einen »Super­helden-Film« mit Jo in der Haupt­rolle zu drehen. Es wird Jos letzter Auftritt und die Auffüh­rung des Films, der dies auch doku­men­tiert, wird für alle, auch für die zunächst ableh­nende Mutter, ein bewe­gendes Erlebnis. Der kenia­ni­sche Regisseur Likarion Wainaina schafft es spielend, Sympathie für die Akteure zu empfinden und ihre Menta­lität kennen­zu­lernen: Sehr direkt im Umgang mitein­ander, die klar sagen, was sie vonein­ander denken, impulsiv sind, dann löst sich wieder alles in Lachen auf – herzlich gelacht wird viel, das bleibt als Eindruck dieses bei aller Tragik opti­mis­ti­schen Films.

An Supa Modo vergab die Kinder­jury der Berlinale 2018 eine Lobende Erwähnung mit der Begrün­dung: »Auf rührende und packende Weise wird die Geschichte eines todkranken Mädchens erzählt. Mit über­zeu­gendem Schau­spiel und einer abwechs­lungs­rei­chen Film­ku­lisse zeigt der Film, wie die Fantasie des Mädchens und die Mensch­lich­keit und Willens­kraft des gesamten Dorfes die letzten Monate ihres Lebens zu etwas Beson­derem machen.«

Siehe auch unsere Film­kritik auf artechock.

Verfüg­bar­keit: Als DVD und auf Kino-On-Demand unter Gewinn­be­tei­li­gung derzeit geschlos­sener Kinos auch im Stream.

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Invisible Sue – Plötzlich unsichtbar

Deutsch­land/L 2018 · 95 min. · FSK: ab 6

Regie und Drehbuch: Markus Dietrich · Darsteller: Ruby M. Lich­ten­berg, Anna Shirin Habedank, Lui Eckardt, Victoria Mayer, Luc Schiltz ∙ Alters­emp­feh­lung: ab 8

Der vierte Film in der von den TV-Anstalten und Film­för­de­rern unter­stützten Initia­tive »Der besondere Kinder­film« ist eine Verbin­dung von Action-, Super­helden- und Kinder­film. Wie der Regisseur und Dreh­buch­autor Markus Dietrich im Gespräch sagte, ist er ein Science-Fiction-Fan seit seiner Kindheit, eine Leiden­schaft, die er nun mit seinen Filmen auslebt. Sputnik, ein Kinder­film über ein Mädchen, das angeregt durch eine SF-Serie im Fernsehen ihren in den Westen ausge­reisten Onkel zurück beamen will und von der Wende überholt wird, war Dietrichs erster Spielfilm in dieser Richtung. Mit Invisible Sue ist er nun in die Vollen gegangen: Nach einem Unfall im Labor, wo ihre Mutter als hoch­ge­han­delte Wissen­schaft­lerin arbeitet, kann sich ihre zwölf­jäh­rige Tochter Sue unsichtbar machen. Diese Erkenntnis muss sie erst begreifen, doch als ihre Mutter entführt wird, weiß Sue sofort, dass sie jetzt gefordert ist.

»Das Besondere an der Handlung ist auch noch, dass bis zum Schluss nicht klar ist, wer der Bösewicht eigent­lich ist. So bleibt der Film bis zum Ende spannend. Auffällig war auch der Übergang zwischen manchen Szenen, der aus gezeich­neten Comic-Elementen besteht. Der Film verweist hierdurch immer wieder auf die Comic­vor­lage, mit der der Film beginnt. Comics allgemein spielen in dem Film eine zentrale Rolle, was als klas­si­sches Genre Merkmal gesehen werden kann und dem Zuschauer hilft, sich einfacher in das Super­hel­den­uni­versum zu versetzen. Die Special-Effects sind nicht besonders auffällig, was für sie spricht, da sie sich gut in den Film einglie­dern. Auch bei der Musik wurde darauf geachtet, dass sie gut zum Film passt. Die Titel unter­strei­chen den Action­film­cha­rakter, aber bleiben sonst eher unauf­fällig. Uns hat der Film gut gefallen, da er eine neue Art von Kinder­film ist, welcher Action-, Super­helden- und Kinder­film sehr gut mitein­ander verbindet. Wir empfehlen ihn aufgrund der komplexen Handlung ab 10 Jahren und natürlich für alle. Bewertung der FBW-Jugend­jury«

Siehe auch unsere Film­kritik auf artechock.

Verfüg­bar­keit: Am 24.4.2020 erscheint die DVD; ein Stream ist bislang noch nicht verfügbar.

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Fritzi – Eine Wende­wun­der­ge­schichte

Deutsch­land, Luxemburg, Belgien, Tsche­chi­sche Republik 2019 · 86 Min. · FSK: ab 6
Regie: Ralf Kukula und Matthias Bruhn ∙ Drehbuch: Beate Völcker nach dem Kinder­buch „Fritzi war dabei“ von Hanna Schott und Gerda Raidt ∙ Art Director: Alex Tiedtke ∙ Set Design: André Martini ∙ Alters­emp­feh­lung: ab 8

Die teils drama­ti­sche Geschichte von Fritzi und Sophie, beide zwölf und beste Freun­dinnen, die sich in Leipzig 1989 vor der Wende ereignet – für Kinder erzählt, und zwar im Zeichen­trick. Das unge­wöhn­liche Expe­ri­ment ist perfekt gelungen, was schon die ersten Bilder absolut stimmig zeigen: die Struktur der Stadt Leipzig mit ihrer viel­sei­tigen Bausub­stanz, die Atmo­s­phäre in den grünen Hinter­höfen, die prägenden Türme und die unver­wech­sel­bare Niko­lai­kirche mit den grünen Palm­we­deln, Kapi­tellen und weißen Säulen. Am Ende, zum langen Abspann, sind histo­ri­sche s/w Fotos von den Demons­tra­tionen im Herbst 1989 einge­blendet, ein würdiger Abschluss, der auf die realen Ereig­nisse verweist. Grundlage für den Film war das 2009 erschie­nene Kinder- und Jugend­buch »Fritzi war dabei« von Hanna Schott. Sie hatte dafür mit drei Frauen Gespräche geführt, die 1989 zehn Jahre alt waren und in Leipzig gelebt haben. Aus diesen drei Erfah­rungen ist die Haupt­figur Fritzi entstanden, die als Ich-Erzäh­lerin die Ereig­nisse im Herbst 1989 in Leipzig schildert.

Der Film, für den Beate Völcker das Kinder­buch adap­tierte, beginnt in den Sommer­fe­rien, als Fritzi über­ra­schend der kleine Hund »Sputnik« in den Arm gedrückt wird, weil Sophie mit ihrer Mutter nach Ungarn fährt, ohne ihr Hündchen. Als Sophie am ersten Schultag nach den Ferien immer noch nicht zurück ist, im »West­fern­sehen« aber von vielen DDR-Bürgern berichtet wird, die über Ungarn in den Westen flüchten, wird Fritzi klar: Sophie kommt nicht zurück. Der Film konzen­triert sich auf drei histo­ri­sche Ereig­nisse: die Montags­de­mons­tra­tion am 4. September 1989, zu der Fritzi durch den neuen Mitschüler Bela und nicht zuletzt durch das neugie­rige Hündchen Sputnik eher zufällig kommt; am 2. Oktober, wo die Staats­macht in uner­hörter Härte auf die Demons­tranten losging, und eine Woche später die Demons­tra­tion am 9. Oktober, ein Datum, das zu einem wichtigen Wende­punkt im Herbst 1989 wurde. Fritzi hat im Film eine aktive Rolle und damit gibt es eine starke Iden­ti­fi­ka­ti­ons­figur. Aus ihrer Perspek­tive wird ein aufre­gender Zeit­ab­schnitt erfahrbar und Geschichte lebendig, nach­voll­ziehbar.

Die Jury des Verbands der deutschen Film­kritik kürte 2020 Fritzi als besten Kinder­film mit der Begrün­dung: »Fritzi – Eine Wende­wun­der­ge­schichte ist ein beson­derer Film, dessen Ost-West Regisseur-Duo Ralf Kukula und Matthias Bruhnes es kongenial gelungen ist, ein poli­ti­sches Thema, nämlich den Fall der Mauer, spannend und unter­haltsam und dann auch noch kind­ge­recht zu verfilmen. Dabei ist Fritzi auch endlich wieder einmal ein kreativ animierter Zeichen­trick­film mit einem überaus stimmigen Drehbuch (Beate Völcker, Péter Palátsik), der nicht schneller, schriller, lauter und bunter sein will, sondern Charak­tere pointiert, ohne sie zu verraten und Ereig­nisse verdichtet, ohne die Realität zu verbiegen. Und darüber hinaus eine histo­ri­sche Geschichte erzählt, die Zuschauer rührt und mitreißt und Kinder ohne pädago­gi­schen Zeige­finger lehrt, die Welt mit eigenen Augen zu sehen.«

Siehe auch unsere Film­kritik auf artechock.

Verfüg­bar­keit: Am 20.3.2020 erscheint die DVD, außerdem ist der Film über die üblichen Streaming-Anbieter abrufbar.

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Kommissar Gordon & Buffy

Schweden 2017 · 65 Min. · FSK: ab 0
Regie: Linda Hambäck ∙ Dreh­buch­vor­lage: Ulf Nilsson, Gitte Spee ∙ Drehbuch: Janne Vierth ∙ Alters­emp­feh­lung: ab 5

Ein rundum gelun­gener Zeichen­trick­film und mit seinen 65 Minuten für jüngere Kinder gut geeignet, wobei sich auch Eltern amüsieren können. Erzählt wird von Gordon, dem gutmü­tigen Frosch­kom­missar und Hüter des Waldes, der seines Amtes langsam müde geworden ist. Da kommt ihm die arme Waldmaus Buffy – wie sich heraus­stellt klug und clever – als Assis­tentin gerade recht. Nun verfolgen sie gemeinsam den Nuss­dieb­stahl, den die hyste­ri­schen Hasen angezeigt haben, und schützen die Wald­be­wohner vor dem Fuchs. Schließ­lich übergibt der amtsmüde Gordon seinen Posten an Buffy, die hoch­mo­ti­vierte Waldmaus, die bald ihre erste Bewäh­rungs­probe am Fuchsbau bestehen muss. Das ist alles farben­froh gezeichnet, die Tiere sind liebevoll charak­te­ri­siert und immer wieder ist die Geschichte mit stim­mungs­vollen Details ange­rei­chert, wie beispiels­weise kleine Fenster, die am Abend in den Baum­stämmen zu leuchten beginnen und eine atmo­s­phä­ri­sche Wald­land­schaft zaubern.

Die Adaption der Kinder­buch­reihe von Ulf Nilsson und Gitte Spee beruht auf drei »Gordon«-Büchern (»Der erste Fall«, »Der letzte Fall« und »Doch noch ein Fall«). Die Handlung wurde neu kombi­niert und manche Details etwas verkürzt. Für Regis­seurin Linda Hambäck, als Mutter auch kritische Leserin viele Kinder­bücher, ist Ulf Nilsson ein Autor, den sie gern liest, und sie mochte auch von Anfang die Illus­tra­tionen von Gitte Spee. »Als ich 'Der erste Fall' zu lesen begann, habe ich mich sofort in die Tonalität der Geschichten verliebt. Da ist so eine gewisse Ruhe in der Erzählung. Er rät uns, freund­lich und wohl­wol­lend zuein­ander zu sein, und gleich­zeitig ist es fesselnd – man will wissen, was als Nächstes geschehen wird.« Für einen Film braucht sie ca. drei Jahre, »man muss also mit dem Material jeden Tag leben, daher sollte man es wirklich lieben«. Und von dieser Haltung ist ihr liebens­werter und absolut sehens­werter Fami­li­en­film geprägt.

Siehe auch unsere Film­kritik auf artechock.

Verfüg­bar­keit: Die DVD ist bereits erschienen; Streaming bei den üblichen Anbietern ist ebenfalls möglich.

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Kiriku und die Zauberin

Frank­reich 1998 ∙ 75 Min. ∙ FSK: ab 0

Regie, Buch und Design: Michel Ocelot – Animation: Rija Studio (Riga), Exist Studio (Budapest) – Musik: Youssou N'Dour ∙ Alters­emp­feh­lung: ab 6 J.

Schon vor der Geburt macht das kleine Menschen­kind auf sich aufmerksam. »Mutter, Mutter, bring mich zur Welt«, ertönt ein Stimmchen, leise zwar, aber bestimmt. Was die Mutter zu der Antwort bewegt: »Ein Kind, das im Mutter­leib sprechen kann, kann sich auch selbst zur Welt bringen.«

So beginnt eine unge­wöhn­liche Mutter-Sohn-Beziehung und eine wunder­bare Geschichte. Der kleine Knirps, der sich selbst als Kiriku vorstellt, bleibt nicht im Körbchen liegen, sondern beginnt sofort mit der Erkundung seiner Umwelt, einem afri­ka­ni­schen Dorf mit runden Stroh­hütten, vielen Frauen und Kindern, wenigen Männern. Die Ursache für den Männer-Schwund ist in der Nach­bar­schaft zu suchen, in dem gut bewachten Refugium der Zauberin Karaba, die das ganze Dorf mit einem Fluch belegt hat. Kiriku ist neugierig und kann gar nicht verstehen, dass sich sein Dorf von einer einzelnen Person ängstigen und tyran­ni­sieren lässt. Mutig stellt er sich der schönen Frau entgegen. Die wiederum kann gar nicht fassen, dass es jemand wagt, ihr aufrecht gegenüber zu treten. Egal, wie klein, auch Kiriku muss sich beugen. Tut er aber nicht. Obwohl Karaba nicht nur die Männer des Dorfes, Wasser und Gold besitzt, hat sie nie genug. Jetzt hat sie es auf die Kinder abgesehen. Doch Kiriku durch­kreuzt ihre räube­ri­schen Absichten. Im Gegensatz zu den Dorf­be­woh­nern nimmt Kiriku das Unheil nicht als unabän­der­li­ches Schicksal, sondern sucht nach den Ursachen für den Fluch. Seine Mutter, die um die Beson­der­heit ihres Sohnes weiß, verrät ihm ein Geheimnis – und wie in jedem schönen Märchen besiegt auch hier die Liebe das Böse.

Das west­afri­ka­ni­sche Märchen, auf dem Michel Ozelots Anima­ti­ons­film basiert, war für die Filme­ma­cher eine phan­tas­ti­sche Inspi­ra­tion. Hinter­gründe, Farben, Figuren, Pflanzen, Tiere – alles strahlt Wärme und Vitalität aus. Das Leben der Menschen ist vom Rhythmus der Natur bestimmt wie von den Launen der Zauberin. Und wie jedes aufge­weckte neugie­rige Kind findet auch Kiriku sich nicht ab mit dem Vorge­ge­benen, ein kleiner Rebell, dem es auf origi­nelle Weise gelingt, die Geschicke seines Dorfes zum Guten zu wenden. Kiriku und die Zauberin bezaubert durch künst­le­ri­sche Gestal­tung und Choreo­gra­phie, durch Leich­tig­keit und Witz in den Dialogen und nicht zuletzt durch die authen­ti­schen Klänge des Musikers Youssou N'Dour. Ein heraus­ra­gender Zeichen­trick­film, der Erwach­sene wie Kinder begeis­tert. »Ich finde diesen Film sehr sehr gut, weil ich afri­ka­ni­sche Märchen sehr mag. Und ich mag Kiriku sehr, weil er aller­liebst ist und mutig. Das ist ein wunder­schöner Film, vielen Dank, Monsieur Ocelot!« Das schrieb Melanie, 9 Jahre, beim Kinder­film­fest München.

Verfüg­bar­keit: Als neue oder gebrauchte DVD online überall erhält­lich.

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Karakum

Deutsch­land / Turk­me­ni­stan 1992/93 ∙ 98 Min. ∙ FSK:

Regie: Arend Agthe ∙ Drehbuch: Arend Agthe, Usman Saparov . Darsteller: Max Kullmann, Murat Orasov, Pjotr Olev, Neidhardt Riedel u.a. ∙ Alters­emp­feh­lung: ab 8

Karakum ist turk­me­nisch und bedeutet so viel wie »schwarze Erde« – hinter diesem geheim­nis­vollen Namen verbirgt sich eine riesige Sand- und Salzwüste im Süden Turk­me­ni­stans. Dort entstand nach dem Ende der UdSSR, gleich­wohl unter schwie­rigen Bedin­gungen die deutsch-turk­me­ni­sche Kopro­duk­tion Karakum von Arend Agthe (Flußfahrt mit Huhn, Der Sommer des Falken) mit dem turk­me­ni­schen Regisseur Usman Saparov (Ein Mann von acht JahrenEngelchen mach Freude). Das Ergebnis ist ein überaus span­nender Aben­teu­er­film.

Der 13-jährige Robert aus Hamburg macht sich ganz allein in den Sommer­fe­rien auf den Weg zu seinem Vater, der als Ingenieur bei einem Erdgas­pro­jekt in der Wüste Karakum arbeitet. Gemeinsam wollen sie Urlaub machen, die Wüste erkunden und bis zum Kaspi­schen Meer fahren. Als Robert in Nebyt Dag, dem nächst­ge­le­genen Flughafen, landet, erwartet ihn dort jedoch nicht wie verein­bart sein Vater, sondern Pjotr, der verwegen ausse­hende Fahrer des Camps, um ihn und eine auf der Bohr­sta­tion sehn­lichst erwartete teure Gastur­bine abzuholen und ins Lager zu bringen. Auf der Fahrt dorthin nehmen sie in einem Dorf noch Murad, den Neffen von Pjotr, mit. Auch er will seinen Vater, der eine große Schaf­herde bei einer entfernt gelegenen Oase hütet, besuchen. Die gleich­alt­rigen Jungen können sich aller­dings sprach­lich kaum verstän­digen. Die Fahrt zum Camp nimmt aber einen anderen Verlauf. Pjotrs Kurier­dienst für eine Drogen­händ­ler­bande und eine Panne des Last­wa­gens abseits der regulären Route bringen die Jungen in Gefahr. Als Pjotr auf der Suche nach Wasser verschwunden ist, sind Roberts tech­ni­scher Erfin­dungs­geist und Murads prak­ti­sche Wüsten­er­fah­rung gefragt…

Karakum – mit über­zeu­genden Darstel­lern besetzt, wobei die beiden jugend­li­chen Haupt­dar­steller Max Kullmann und Murat Orasov sowie Pjotr Olev, der den zwie­lich­tigen LKW-Fahrer spielt, hervor­zu­heben sind – zieht einen von Anfang an in seinen Bann, ein Film voller Spannung, Abenteuer, tollen Bildern der Wüste, aber auch ein Film über eine langsam wachsende Freund­schaft zwischen zwei Gleich­alt­rigen aus ganz verschie­denen Kultur­kreisen.

Verfüg­bar­keit: Sowohl als Stream bei den meisten Platt­formen als auch als DVD, gebraucht und neu.

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Ronja Räuber­tochter

Schweden / Norwegen 1984 ∙ 126 Min. ∙ FSK: ab 6

Regie: Tage Dani­elsson ∙ Buch: Astrid Lindgren ∙ Darsteller: Hanna Zetter­berg, Dan Håfström, Börje Ahlstedt, Lena Nyman, Per Oscarsson u.a. ∙ Alters­emp­feh­lung: ab 8

In einer Gewit­ter­nacht wird auf der Mattis­burg ein Kind geboren, der Räuber­haupt­mann Mattis ist außer sich vor Freude über seine Tochter, die sie Ronja nennen. Das Mädchen wächst bei Mattis und Lovis frei und unbe­küm­mert heran, Räuber sind für Ronja das Normalste auf der Welt, Angst hat sie nicht – „her mit den Fahren“ ruft sie, und so lernt sie nicht nur Graugnome, Wildd­ruden und Rumpel­wichte kennen, sondern auch Birk, den Sohn von Borka, dem verfein­deten Räuber­haupt­mann. Schon bald merkt Ronja, dass Birk kein Feind ist, sie werden Freunde und verbringen den ganzen Sommer in den sagen­um­wo­benen, urwüch­sigen Wäldern zusammen – heimlich. Die Freund­schaft der beiden Kinder muss manche schwere Probe bestehen. Mit ihrer unnach­gie­bigen Stärke zwingen die beiden schließ­lich ihre Eltern zur Einsicht.

Ronja Räuber­tochter ist ein Beispiel geglückter Lite­ra­tur­ver­fil­mung. Astrid Lindgrens wild­ro­man­ti­sche Geschichte – ein Appell an die Mensch­lich­keit – ist mit filmi­schen Mitteln adäquat umgesetzt worden. Der Film hat Kraft, Poesie und Humor. Die schwe­disch-norwe­gi­sche Produk­tion wurde zunächst von Olle Hellbom begonnen, unter dessen Regie die meisten der Lindgren-Bücher verfilmt wurden, und nach dessen Tod im Jahre 1983 von Tage Dani­elsson fort­ge­setzt. Er setzte tech­ni­sche Tricks sparsam, aber wirkungs­voll ein; seiner Meinung nach soll »ein Special Effect nicht mehr als ein oder zwei Minuten dauern – dann wird man davon müde«. So wechseln düstere, ein bisschen unheim­liche Szenen mit heiteren, amüsanten Bege­ben­heiten – etwa der Flug der bedroh­li­chen Wildd­ruden, die atem­be­rau­benden Sprünge der Kinder über die Schlucht oder die irrwit­zigen Rumpel­wichte, die alles und jedes hinter­fragen mit ihrem ständigen »Wiesu denn bluß?«… Zual­ler­erst ist Ronja Räuber­tochter aber ein Film, der eine starke Geschichte erzählt, ein Film über eine Eltern-Kind-Beziehung, über das Heran­wachsen und Selbst­stän­dig­werden von Kindern, über deren Hoff­nungen und Wünsche, ihre Sehnsucht nach einer fried­li­chen und freund­li­chen Welt. Der Unver­söhn­lich­keit und Sturheit von Erwach­senen setzen sie ihre Stärke entgegen. Es ist aber auch ein »skan­di­na­vi­scher« Film, der seinen Reiz aus einer urwüch­sigen Land­schaft bezieht: Wälder im Frühling voller Busch­wind­rö­schen, weichen Moos­de­cken, rauschenden Wild­bächen, gewal­tigen Wasser­fällen, klaren Seen und Plätzen, wo der Blick frei ist. Ein echter Klassiker, den man sich immer wieder anschauen kann!

Verfüg­bar­keit: Als Stream bei fast allen Anbietern als auch preis­günstig als gebrauchte DVD.

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Flußfahrt mit Huhn

BRD 1983 ∙ 100 Min. ∙ FSK: ab 6

Regie und Drehbuch: Arend Agthe ∙ Darsteller: Julia Martinek, David Hoppe, Fedor Hoppe, Uwe Müller, Hans Beerhenke ∙ Alters­emp­feh­lung: ab 6

»Lieber Opa, wir sind in einem geheimen Auftrag unterwegs, wir erkunden einen neuen Zugang zum Meer.« Der Opa ist wie vom Donner gerührt, als er am Morgen diese Nachricht anstelle seiner ihm anver­trauten Enkel Robert und Johanna vorfindet, greift sich das Boot vom Nachbarn und paddelt ihnen auf der Weser nach – wie die Kinder in der Nacht davor, denn Robert ist auf der Suche nach einem uner­forschten Zugang zum Meer, die »Nord-Ost-Passage«. Eine waghal­sige Verfol­gungs­jagd zwischen Kindern und Großvater, denn immer, wenn er in Reich­weite von deren Boot gelangt, wird er von Robert, Johanna und den beiden Freunden plus Huhn ausge­trickst. Alle sind glei­cher­maßen aben­teu­er­lustig – zu Wasser, zu Lande und in der Luft.

Diffe­ren­ziert werden die Kinder gezeichnet: Robert lebt in der Aben­teu­er­welt seiner Bücher und inter­pre­tiert reale Erleb­nisse manchmal so, dass sie ihn und andere gefährden. Johanna ist neugierig und doch ängstlich, sie hat am ehesten Mitgefühl mit dem ausge­tricksten Opa und ist froh, als sie zusammen im Boot sitzen. Dem Großvater fällt eine Doppel­rolle zu, die ihn manchmal zu über­for­dern scheint, die er aber immer wieder mit neuer List und erstaun­li­chem Erfin­dungs­geist spielt: Einer­seits muss er den Erwach­senen vortäu­schen, dass es den Kindern gut geht, ande­rer­seits muss er versuchen, sie »einzu­fangen«, schließ­lich hat er die Verant­wor­tung während der Abwe­sen­heit der Eltern über­nommen – und im Grunde hat er großes Verständnis für die Aben­teu­er­lust der Kinder ... Das Huhn – von dem sich ja der Filmtitel ableitet – spielt schließ­lich auch keine unwe­sent­liche Rolle. Wer genau beob­achtet, wird sehen, dass es auf seine Weise die handelnden Personen unter­stützt und damit die einzelnen Episoden abrundet.

Flußfahrt mit Huhn ist auch heute noch ein Film, der Spaß macht – ein Film voller Poesie und Spannung zugleich. Die Bilder lassen Zeit zum Betrachten, vermit­teln ein Gefühl für die Land­schaft und wecken Lust, selbst auf Entde­ckungs­fahrt zu gehen.

Verfüg­bar­keit: Als Stream bei fast allen Anbietern als auch preis­günstig als gebrauchte DVD.

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GRITTA VON RATTENZUHAUSBEIUNS / GRITTA VOM RATTENSCHLOSS

DEFA-Studio für Spiel­filme, DDR 1985 ∙ 83 Min. ∙ FSK: ab 6

Regie und Kamera: Jürgen Brauer ∙ Drehbuch: Christa Kozik, nach Gisela und Bettina von Arnims Geschichte »Das Leben der Hoch­gräfin Gritta von Ratten­zu­haus­beiuns« ∙ Darsteller: Nadja Klier, Hermann Beyer, Fred Delmare, Suheer Saleh ∙ Alters­emp­feh­lung: ab 6

Das Mädchen Gritta lebt mit seinem Vater, einem liebens­wert-verspon­nenen Erfinder, der nur seine Konstruk­tion einer Thron­ret­tungs­ma­schine, TRM 1848, im Kopf hat, und dem treuen Diener Müffert in einem roman­tisch-vergam­melten Schloss. Obwohl es an allen Ecken und Enden mangelt, lebt Gritta frei und unbe­schwert. Die 13-Jährige kann machen , was sie will, streift durch Wiesen und Wälder, saust auf einem vom Vater gebauten Flug­fahrrad durch die Gegend, liest Bücher, die nicht für Kinder geschrieben sind, spielt mit den possier­li­chen Ratten im Schloss. Dieses lustige Leben ändert sich schlag­artig, als der Vater sich in die Gräfin Nessel­krautia verliebt – von Gritta nur »Gräfin Zimtzicke« genannt – und sie zur Frau nimmt. Sie sorgt schließ­lich dafür, dass Gritta in eine Klos­ter­schule kommt. Dort wird die ihrer ganzen Umgebung über­le­gene junge Märchen­heldin Zeugin finsterer Machen­schaften zwischen der Äbtissin und Pekavus, dem Gouver­neur des Königs. Sie entflieht mit einigen anderen Schü­le­rinnen und schafft es, dass der böse Gouver­neur, nachdem er sich schon selbst zum König gekrönt hatte, mit Hilfe der Thron­ret­tungs­ma­schine ihres Vaters buchs­täb­lich in die Luft befördert wird.

Vorlage für diesen Film war ein schon verges­senes Werk von Bettina von Arnim (1785-1859), das die preußi­sche Roman­ti­kerin italie­ni­scher Herkunft 1843 mit ihrer damals 16-jährigen Tochter Gisela geschrieben hatte: »Das Leben der Hoch­gräfin Gritta von Ratten­zu­haus­beiuns«, einen Märchen­roman, der auch eine Satire auf damalige Zustände darstellte. In diese phan­ta­sie­volle Geschichte hat Bettina von Arnim gewiss ihre eigenen Wunsch­träume proji­ziert. Im gleichen Jahr wie diesen Märchen­roman schrieb sie ihr Werk »Dies Buch gehört dem König«: Ausdruck ihrer Illu­sionen über Friedrich Wilhelm IV. als möglichen demo­kra­ti­schen Monarchen trotz seiner reak­ti­onären Umgebung am Berliner Hofe. Aus der Roman­ti­kerin war damals bereits eine sozi­al­kri­ti­sche Schrift­stel­lerin geworden, die sich gegen Zensur, Unter­ta­nen­geist und Todes­strafe enga­gierte und von poli­ti­schen Gegnern sogar als Kommu­nistin verdäch­tigt wurde. Die Autorin Christa Kozik, nach deren Dreh­büchern mehrere Kinder­filme (Philipp, der Kleine, Moritz in der Litfaßsäule) im Defa-Studio Babels­berg entstanden, entdeckte das Buch in der Biblio­thek des Schlosses Wiepers­dorf (bei Jüterbog im südlichen Umland von Berlin und zu DDR-Zeiten ein temporärer Arbeitsort für Schrift­steller ähnlich der Villa Waldberta am Starn­berger See), wo Bettina mit ihrem Mann Achim von Arnim lebte und wo auch das Grab besucht werden kann.

Der Film von Jürgen Brauer, dessen ursprüng­li­cher Titel Gritta von Ratten­zu­haus­beiuns Bezug nimmt auf den alljähr­li­chen »Empfang« auf Schloss Wiepers­dorf , wenn die Familie nach der Winter­pause aus Berlin in ihr Sommer­do­mizil zog, will in erster Linie vergnü­g­lich-ironisch unter­halten und das ist ihm auch gelungen. Und das selbst­be­wusst und kluge Mädchen Gritta ist eine stimmige Iden­ti­fi­ka­ti­ons­figur – und so ist der Film eine echte Wieder­ent­de­ckung.

Verfüg­bar­keit: Als Stream bei fast allen Anbietern und preis­günstig als gebrauchte DVD.

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Die Geschichte vom kleinen Muck

DDR 1953 ∙100 Min.∙ FSK: ab 0

Regie: Wolfgang Staudte ∙ Drehbuch: Peter Podehl, Wolfgang Staudte ∙ Darsteller: Thomas Schmidt, Johannes Maus, Friedrich Richter, Trude Hester­berg, Alwin Lippisch, Silja Lesny ∙ Alters­emp­feh­lung: ab 6

Die histo­ri­sche Defa-Produk­tion von Wolfgang Staudte nach dem Märchen von Wilhelm Hauff eine aben­teu­er­liche Geschichte: Eines Tages gelingt es dem alten Muck, wegen seines Buckels von Kindern und Erwach­senen gehänselt, eine Kinder­schar, die ihn mal wieder verspottet hat, in sein Haus zu locken und dort so lange fest­zu­halten, bis sie sich seine Lebens­ge­schichte angehört haben: Als Sohn eines Gelehrten wächst er liebevoll betreut auf, doch sein Vater stirbt über­ra­schend und der kleine Muck flieht vor seinen habgie­rigen Verwandten. Allein macht er sich auf den Weg, den »Kaufmann, der das Glück verkauft«, ausfindig zu machen und lernt die Welt und viele Menschen kennen: den Ober­lei­bläufer des Sultans, die junge Amanza, die alte Ahavzi und andere skurrile Gestalten. Er fällt den Intrigen der korrupten Ratgebers des Sultans zum Opfer, wird einge­ker­kert und des Landes verwiesen. Schließ­lich gelingt es ihm noch, einen Krieg zu verhin­dern und dem Sultan und seinen Höflingen eine Lehre zu erteilen. Am Schluss hat er gelernt, dass wahres Glück nicht mit Zauber­dingen zu erreichen ist. Der kleine Muck lässt frei­willig die Zauber­pan­toffel und den Zauber­stab in der Wüste und kehrt zu den Menschen zurück.

In der orien­ta­li­schen Märchen­welt geht es geheim­nis­voll, drama­tisch und nicht immer mit rechten Dingen zu. Die für einen deutschen Film der damaligen Zeit aufse­hen­er­re­genden perfekten Filmtricks wie der Wettlauf mit den Zauber­pan­tof­feln oder das verblüf­fende Spiel auf einer Fontäne erstaunen noch heute.

»Der Film ist an Stellen, die von Hauffs Vorlage abweichen, besonders geprägt von Staudtes gesell­schaft­li­cher Einstel­lung: Abneigung gegen Hass und Benach­tei­li­gung, Ablehnung korrupter Zustände und Herr­schafts­ver­hält­nisse, Mitgefühl mit den gesell­schaft­lich Benach­tei­ligten. Die kindliche Haupt­figur Muck macht sich auf, den Kaufmann des Glücks zu suchen, erfährt Neid, Hass und Missgunst, aber auch Freund­schaft und Zuneigung. Wolfgang Staudte (1906-1984) zählte zu den bedeu­tendsten deutschen Film­re­gis­seuren der 50er und 60er Jahre. Mit Die Geschichte vom kleinen Muck gelang Staudte die Verfil­mung eines deutschen Märchens, die in ihrer Qualität von den bundes­deut­schen Märchen­ver­fil­mungen der 50er Jahre nicht annähernd erreicht wurde. Der Film setzte Maßstäbe, die aufgrund der poli­ti­schen Ignoranz jener Jahre in der Bundes­re­pu­blik Deutsch­land nicht zur Kenntnis genommen worden sind. Der mit großem Aufwand gedrehte Film bezieht seine Wirkung aus der sinn­vollen Geschichte, dem Spiel der Darsteller (vor allem des kleinen Muck), dem orien­ta­li­schen Kolorit aus 1001 Nacht, seinen Trick­auf­nahmen und der Farb­ge­bung. Die Drama­turgie des Films schafft Interesse beim Zuschauer und hält es bis zum Schluß aufrecht, parallel zu dem Interesse der Kinder, die im Film Mucks Publikum bilden. Die deutlich spürbare Absicht des Films wirkt nicht aufge­setzt und wird unauf­dring­lich durch die Handlung und das Spiel wirkungs­voll ins Bild gesetzt.« (Joachim Giera, KJK Nr. 90-2/2002)

Verfüg­bar­keit: Als Stream bei fast allen Anbietern und preis­günstig als gebrauchte DVD.

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Die Abenteuer des Prinzen Achmed

Deutsch­land 1923 – 1926 ∙ 66 Min.

Regie, Drehbuch, Silhou­etten und Animation: Lotte Reiniger ∙ Kamera/Technik: Carl Koch ∙ Mitarbeit: Walther Ruttmann, Berthold Bartosch ∙ Musik: Wolfgang Zeller (Kompo­si­tion für Orchester) ∙ Zwischen­titel ∙ Alters­emp­feh­lung: ab 8

Der Silhou­et­ten­film Die Abenteuer des Prinzen Achmed, der als erster abend­fül­lender Trickfilm in die Film­ge­schichte einging, entstand in den Jahren 1923-1926 in einem kleinen Atelier in Potsdam. Lotte Reiniger erinnert sich an die Vorge­schichte dieses kühnen Film­pro­jekts: »Seit Jahr­hun­derten hatte der Prinz Achmed mit seinem Zauber­pferd als Märchen­figur in den Geschichten von Tausend­und­einer Nacht ein behag­li­ches Dasein geführt und war beliebt, glücklich und zufrieden. Aus diesem Frieden wurde er eines Tages aufge­schreckt, als eine Film­ge­sell­schaft auf die Idee kam, seine und viele weitere Abenteuer aus derselben Quelle zu einem Trickfilm zu verwenden. Zu diesem Zwecke musste er ‚umgeboren’ werden. Denn es sollte ein Silhou­et­ten­film werden, weil der Hersteller, der von dieser Idee besessen war, nämlich ich, nichts anderes konnte als Silhou­et­ten­filme machen. … Prinz Achmed selber musste zunächst körper­lich erfunden, gezeichnet, geschnitten, beweglich gemacht, beleuchtet, bewegt und aufge­nommen werden.«

Erzählt wird von Achmed, Sohn des großen Kalifen und Bruder von Prin­zessin Dinarsade. Am Geburtstag des Kalifen erscheint ein Fremder und stellt sein Wunder­werk vor: ein Pferd, das durch die Lüfte fliegen kann. Der Kalif begehrt dieses Zauber­pferd, der Zauberer aber fordert als Gegengabe die schöne Kali­fen­tochter Dinarsade. Das erzürnt ihren Bruder, zugleich möchte er das fliegende Pferd einmal auspro­bieren. So beginnt Prinz Achmeds aben­teu­er­liche Reise. Auf der Insel Wak-Wak trifft er die schöne Pari Banu, in die er sich auf den ersten Blick verliebt. Inzwi­schen sinnt der Zauberer auf Rache und es gelingt ihm ein zweites Mal, dem Prinzen übel mitzu­spielen. Er raubt Pari Banu, und Prinz Achmed findet sich in einer öden Gegend auf einem Felsen wieder. In dessen Inneren haust die Todfeindin des Zauberers, die gute Hexe vom Flam­men­berg. Sie hilft dem tapferen Achmed, doch wieder ist das Glück nur kurz, denn die Dämonen der Insel Wak Wak holen sich ihre Herrin zurück. Nachdem die gute Hexe in einem spek­ta­ku­lären Kampf den bösen Zauberer besiegt hat, gelingt es Prinz Achmed mit Hilfe von Aladins Wunder­lampe, Pari Banu aus den Fängen der wilden Dämonen zu befreien und der Kalif kann seine Kinder und deren Geliebte über­glück­lich in die Arme schließen.

Insgesamt wurden etwa 250.000 Einzel­bilder aufge­nommen und schließ­lich fast 96.000 verwendet. Die Urauf­füh­rung des Stumm­films fand am 2. Mai 1926 in der Berliner Volks­bühne am Bülow­platz statt, dazu erklang die sinfo­ni­sche Orches­ter­musik des Film­kom­po­nisten Wolfgang Zeller, die er in Korre­spon­denz mit Lotte Reiniger parallel zum Film geschrieben hatte und heute noch für Live-Auffüh­rungen verfügbar und neu einge­spielt auf der restau­rierten DVD zu hören ist.

Verfüg­bar­keit: Auf DVD bei absolut Medien.