Meine liebsten Kinderfilme |
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Joya Thomes Die Königin von Niendorf | ||
(Foto: Joya Thome Filmproduktion) |
Von Christel Strobel
Nachdem der ausgangsbeschränkte Zustand noch eine Weile anhalten wird und wir damit auch auf den Eintritt ins Kino, wo sich Filme bekanntlich ja am besten sehen lassen, noch warten müssen, ist hier ein kleiner Wegweiser zu guten Kinderfilmen, die ja auch immer gut für Erwachsene sind. Es ist eine Mischung aus empfehlenswerten neuen und sehenswerten älteren, zum Teil schon historischen Filmen. Wir wünschen auf jeden Fall viel Vergnügen!
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Deutschland 2017 ∙ 67 Min. ∙ FSK: ab 0
Regie: Joya Thome ∙ Drehbuch: Joya Thome, Philipp Wunderlich ∙ Darsteller: Lisa Moell, Denny Sonnenschein, Salim Fazzani, Ivo T. Michligk, Moritz Riek ∙ Altersempfehlung: ab 8
Dieser in jeder Weise besondere Kinderfilm entstand mal nicht nach einem bekannten Kinderbuch, sondern ist die Verfilmung eines Originalstoffes, wozu in unserer Kinolandschaft Mut und Ausdauer gehört. Das hat Joya Thome überzeugend bewiesen, zumal sie mit Lisa Moell auch eine besondere Darstellerin entdeckte, und zwar in einem Dorf in Brandenburg, in dem Königin von Niendorf auch angesiedelt ist. Lisa spielt die zehnjährige Lea, die in diesem Sommer keine Lust hat, mit den anderen Mädchen ins Ferienlager zu fahren, weil die langsam in die Pubertät kommen und »sich so komisch benehmen«. Lea hat noch etwas Kindliches an sich, schaut ernst in die Welt, fährt mit ihrem Fahrrad durch das sommerlich stille Dorf, beobachtet alles und will unbedingt in der Jungenbande mitmachen, die aber keine Mädchen aufnimmt. Lea lässt nicht locker, schließlich denken die Jungs sich eine spannende Mutprobe aus … Für Lea wird es ein erlebnisreicher Sommer und der Respekt der Bande ist ihr sicher.
Die Königin von Niendorf hatte auf dem Kinderfilmfest München 2018 Premiere und wurde von der Jury des Verbands der deutschen Filmkritik als bester Kinderfilm des Jahres 2018 gewählt. Aus der Begründung: »Joya Thome gelingt es in ihrem Debütfilm … nicht nur einen originären Stoff mit einer universellen Geschichte überzeugend umzusetzen, sondern auch die authentische Lebenswirklichkeit einer heutigen Kindheit transparent zu machen. Ihre Erzählung über einen Kindersommer in Brandenburg zwischen neuen Erfahrungen, eigenständigem Handeln und banalem Alltag hebt sich selbstbewusst wie beiläufig vom Kanon deutscher Hochglanz- und Bestsellerkinderfilme ab und begeistert zudem mit einem außergewöhnlichen Kindercast, allen voran der völlig umwerfenden Lisa Moell.«
Siehe auch unsere Filmkritik auf artechock.
Verfügbarkeit: Als DVD und erfreulicherweise ist der Film inzwischen auch auf so gut wie allem Streaming-Pattformen im Angebot. Was allein schon deshalb ein Glücksfall ist, als dieser großartige Film z.B. in München nie im regulären Kinoprogramm zu sehen war.
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Niederlande 2019 ∙ 90 Min. ∙ FSK: ab 0
Regie: Mischa Kamp ∙ Drehbuch: Tamara Bos ∙ Darsteller: Vita Heijmen, Beppie Melissen, Noortje Herlaar ∙ Altersempfehlung: ab 8
»Früher dachte ich, dass ich alles weiß und meine Oma dumm wäre – aber eigentlich wusste ich gar nichts.« So erwachsen reflektiert die zehnjährige Romy die Geschichte von und mit ihrer Großmutter Stine, die aus Dänemark in die Niederlande geheiratet hatte, inzwischen aber allein ist. Es ist eine emotionale Geschichte, die sich innerhalb eines Jahres abspielt und ganz aus der Perspektive der Enkelin erzählt wird. Nachdem Romys Eltern sich getrennt haben, geht die Mutter wieder arbeiten und Romy muss tagsüber zu Stine, einer schicken wie resoluten Geschäftsfrau an die 70 mit eigenem Friseursalon. Sie empfindet das Mädchen als Belastung, was sie ihr auch zeigt, doch gelegentliche Aussetzer machen Romy stutzig. Seit eine neue elektronische Kasse im Laden steht, ändert sich ihr Verhältnis, denn Stine braucht immer öfter Romys Hilfe; auch zunehmend mit anderen Dingen des Alltags. Der Blick der Zehnjährigen auf ihre Oma ändert sich und sie hilft ihr immer mehr, auch im Friseursalon. In einem emotionalen Augenblick gibt Stine ihrer Enkelin den Geschäftsschlüssel in die Hand – es soll einmal Romys Salon werden. Und während das Mädchen an den allmählich größer werdenden Anforderungen zwischen Großmutter und den getrennt lebenden Eltern wächst, entwickelt sich Stine mit ihrer Alzheimer-Krankheit schrittweise zurück, neigt zu kindlichen Späßen, erzählt von ihrer Kindheit in Dänemark, spricht gelegentlich auch wieder Dänisch. Aber Romy lernt dadurch ihre Großmutter überhaupt erst einmal kennen und das bringt sie auf eine Idee.
In letzter Zeit befassten sich schon einige Filme mit dieser Problematik, wobei Romys Salon auch für Kinder nachvollziehbar ist, behutsam wie glaubwürdig an das Thema geht. Und die beiden anspruchsvollsten Rollen sind kongenial besetzt mit Vita Heijmen als Romy und Beppie Melissen als Romys Oma Stine – beide zu Herzen gehend. Eine besondere Empfehlung für diesen starken Film!
Siehe auch unsere Filmkritik auf artechock.
Verfügbarkeit: Da die Kinoauswertung erst im Januar stattfand, ist dieser Film bislang weder als DVD noch im Stream verfügbar.
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Kenia, Deutschland, 2018 ∙ 72 Min. ∙ FSK: ab 0
Regie: Likarion Wainaina ∙ Drehbuch: Mugambi Nthiga, Silas Miami, Wanjeri Gakuru, Kamau Wandung'u ∙ Darsteller: Stycie Waweru, Nyawara Ndambia, Marrianne Nungo ∙ Altersempfehlung: ab 8
Der von Tom Tykwer mitproduzierte und in Kenia entstandene Film Supa Modo ist ein kraftvoller, mitreißender Film, obwohl ein schweres Thema der Ausgangspunkt ist: Die neunjährige, an Leukämie erkrankte Jo, liebt Actionfilme und möchte gerne selbst eine Superheldin sein. In ihrem Zimmer in der Kinderklinik hängen Plakate ihrer Lieblingshelden. Eines Tages kommt Jos resolute Mutter und setzt durch, dass ihre Tochter die Zeit, die noch bleibt, nicht in der Klinik, sondern zu Hause verbringen kann. Dort, in der ländlichen Umgebung, gibt es allerdings für das lebensfrohe Mädchen nicht viel, denn die anderen Kinder sind in der Schule und die einzigen Abwechslungen bieten das örtliche Kino – schon in der Klinik gab es Filmvorführungen – und Fußball, aber sie soll sich ja nicht zu sehr anstrengen. In dieser unsicheren Situation regt Jos Schwester ein wunderbares Spiel an, indem sie Jo ermuntert, an ihre magischen Kräfte zu glauben und animiert schließlich das ganze Dorf, einen »Superhelden-Film« mit Jo in der Hauptrolle zu drehen. Es wird Jos letzter Auftritt und die Aufführung des Films, der dies auch dokumentiert, wird für alle, auch für die zunächst ablehnende Mutter, ein bewegendes Erlebnis. Der kenianische Regisseur Likarion Wainaina schafft es spielend, Sympathie für die Akteure zu empfinden und ihre Mentalität kennenzulernen: Sehr direkt im Umgang miteinander, die klar sagen, was sie voneinander denken, impulsiv sind, dann löst sich wieder alles in Lachen auf – herzlich gelacht wird viel, das bleibt als Eindruck dieses bei aller Tragik optimistischen Films.
An Supa Modo vergab die Kinderjury der Berlinale 2018 eine Lobende Erwähnung mit der Begründung: »Auf rührende und packende Weise wird die Geschichte eines todkranken Mädchens erzählt. Mit überzeugendem Schauspiel und einer abwechslungsreichen Filmkulisse zeigt der Film, wie die Fantasie des Mädchens und die Menschlichkeit und Willenskraft des gesamten Dorfes die letzten Monate ihres Lebens zu etwas Besonderem machen.«
Siehe auch unsere Filmkritik auf artechock.
Verfügbarkeit: Als DVD und auf Kino-On-Demand unter Gewinnbeteiligung derzeit geschlossener Kinos auch im Stream.
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Invisible Sue – Plötzlich unsichtbar
Deutschland/L 2018 · 95 min. · FSK: ab 6
Regie und Drehbuch: Markus Dietrich · Darsteller: Ruby M. Lichtenberg, Anna Shirin Habedank, Lui Eckardt, Victoria Mayer, Luc Schiltz ∙ Altersempfehlung: ab 8
Der vierte Film in der von den TV-Anstalten und Filmförderern unterstützten Initiative »Der besondere Kinderfilm« ist eine Verbindung von Action-, Superhelden- und Kinderfilm. Wie der Regisseur und Drehbuchautor Markus Dietrich im Gespräch sagte, ist er ein Science-Fiction-Fan seit seiner Kindheit, eine Leidenschaft, die er nun mit seinen Filmen auslebt. Sputnik, ein Kinderfilm über ein Mädchen, das angeregt durch eine SF-Serie im Fernsehen ihren in den Westen ausgereisten Onkel zurück beamen will und von der Wende überholt wird, war Dietrichs erster Spielfilm in dieser Richtung. Mit Invisible Sue ist er nun in die Vollen gegangen: Nach einem Unfall im Labor, wo ihre Mutter als hochgehandelte Wissenschaftlerin arbeitet, kann sich ihre zwölfjährige Tochter Sue unsichtbar machen. Diese Erkenntnis muss sie erst begreifen, doch als ihre Mutter entführt wird, weiß Sue sofort, dass sie jetzt gefordert ist.
»Das Besondere an der Handlung ist auch noch, dass bis zum Schluss nicht klar ist, wer der Bösewicht eigentlich ist. So bleibt der Film bis zum Ende spannend. Auffällig war auch der Übergang zwischen manchen Szenen, der aus gezeichneten Comic-Elementen besteht. Der Film verweist hierdurch immer wieder auf die Comicvorlage, mit der der Film beginnt. Comics allgemein spielen in dem Film eine zentrale Rolle, was als klassisches Genre Merkmal gesehen werden kann und dem Zuschauer hilft, sich einfacher in das Superheldenuniversum zu versetzen. Die Special-Effects sind nicht besonders auffällig, was für sie spricht, da sie sich gut in den Film eingliedern. Auch bei der Musik wurde darauf geachtet, dass sie gut zum Film passt. Die Titel unterstreichen den Actionfilmcharakter, aber bleiben sonst eher unauffällig. Uns hat der Film gut gefallen, da er eine neue Art von Kinderfilm ist, welcher Action-, Superhelden- und Kinderfilm sehr gut miteinander verbindet. Wir empfehlen ihn aufgrund der komplexen Handlung ab 10 Jahren und natürlich für alle. Bewertung der FBW-Jugendjury«
Siehe auch unsere Filmkritik auf artechock.
Verfügbarkeit: Am 24.4.2020 erscheint die DVD; ein Stream ist bislang noch nicht verfügbar.
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Fritzi – Eine Wendewundergeschichte
Deutschland, Luxemburg, Belgien, Tschechische Republik 2019 · 86 Min. · FSK: ab 6
Regie: Ralf Kukula und Matthias Bruhn ∙ Drehbuch: Beate Völcker nach dem Kinderbuch „Fritzi war dabei“ von Hanna Schott und Gerda Raidt ∙ Art Director: Alex Tiedtke ∙ Set Design: André Martini ∙ Altersempfehlung: ab 8
Die teils dramatische Geschichte von Fritzi und Sophie, beide zwölf und beste Freundinnen, die sich in Leipzig 1989 vor der Wende ereignet – für Kinder erzählt, und zwar im Zeichentrick. Das ungewöhnliche Experiment ist perfekt gelungen, was schon die ersten Bilder absolut stimmig zeigen: die Struktur der Stadt Leipzig mit ihrer vielseitigen Bausubstanz, die Atmosphäre in den grünen Hinterhöfen, die prägenden Türme und die unverwechselbare Nikolaikirche mit den grünen Palmwedeln, Kapitellen und weißen Säulen. Am Ende, zum langen Abspann, sind historische s/w Fotos von den Demonstrationen im Herbst 1989 eingeblendet, ein würdiger Abschluss, der auf die realen Ereignisse verweist. Grundlage für den Film war das 2009 erschienene Kinder- und Jugendbuch »Fritzi war dabei« von Hanna Schott. Sie hatte dafür mit drei Frauen Gespräche geführt, die 1989 zehn Jahre alt waren und in Leipzig gelebt haben. Aus diesen drei Erfahrungen ist die Hauptfigur Fritzi entstanden, die als Ich-Erzählerin die Ereignisse im Herbst 1989 in Leipzig schildert.
Der Film, für den Beate Völcker das Kinderbuch adaptierte, beginnt in den Sommerferien, als Fritzi überraschend der kleine Hund »Sputnik« in den Arm gedrückt wird, weil Sophie mit ihrer Mutter nach Ungarn fährt, ohne ihr Hündchen. Als Sophie am ersten Schultag nach den Ferien immer noch nicht zurück ist, im »Westfernsehen« aber von vielen DDR-Bürgern berichtet wird, die über Ungarn in den Westen flüchten, wird Fritzi klar: Sophie kommt nicht zurück. Der Film konzentriert sich auf drei historische Ereignisse: die Montagsdemonstration am 4. September 1989, zu der Fritzi durch den neuen Mitschüler Bela und nicht zuletzt durch das neugierige Hündchen Sputnik eher zufällig kommt; am 2. Oktober, wo die Staatsmacht in unerhörter Härte auf die Demonstranten losging, und eine Woche später die Demonstration am 9. Oktober, ein Datum, das zu einem wichtigen Wendepunkt im Herbst 1989 wurde. Fritzi hat im Film eine aktive Rolle und damit gibt es eine starke Identifikationsfigur. Aus ihrer Perspektive wird ein aufregender Zeitabschnitt erfahrbar und Geschichte lebendig, nachvollziehbar.
Die Jury des Verbands der deutschen Filmkritik kürte 2020 Fritzi als besten Kinderfilm mit der Begründung: »Fritzi – Eine Wendewundergeschichte ist ein besonderer Film, dessen Ost-West Regisseur-Duo Ralf Kukula und Matthias Bruhnes es kongenial gelungen ist, ein politisches Thema, nämlich den Fall der Mauer, spannend und unterhaltsam und dann auch noch kindgerecht zu verfilmen. Dabei ist Fritzi auch endlich wieder einmal ein kreativ animierter Zeichentrickfilm mit einem überaus stimmigen Drehbuch (Beate Völcker, Péter Palátsik), der nicht schneller, schriller, lauter und bunter sein will, sondern Charaktere pointiert, ohne sie zu verraten und Ereignisse verdichtet, ohne die Realität zu verbiegen. Und darüber hinaus eine historische Geschichte erzählt, die Zuschauer rührt und mitreißt und Kinder ohne pädagogischen Zeigefinger lehrt, die Welt mit eigenen Augen zu sehen.«
Siehe auch unsere Filmkritik auf artechock.
Verfügbarkeit: Am 20.3.2020 erscheint die DVD, außerdem ist der Film über die üblichen Streaming-Anbieter abrufbar.
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Schweden 2017 · 65 Min. · FSK: ab 0
Regie: Linda Hambäck ∙ Drehbuchvorlage: Ulf Nilsson, Gitte Spee ∙ Drehbuch: Janne Vierth ∙ Altersempfehlung: ab 5
Ein rundum gelungener Zeichentrickfilm und mit seinen 65 Minuten für jüngere Kinder gut geeignet, wobei sich auch Eltern amüsieren können. Erzählt wird von Gordon, dem gutmütigen Froschkommissar und Hüter des Waldes, der seines Amtes langsam müde geworden ist. Da kommt ihm die arme Waldmaus Buffy – wie sich herausstellt klug und clever – als Assistentin gerade recht. Nun verfolgen sie gemeinsam den Nussdiebstahl, den die hysterischen Hasen angezeigt haben, und schützen die Waldbewohner vor dem Fuchs. Schließlich übergibt der amtsmüde Gordon seinen Posten an Buffy, die hochmotivierte Waldmaus, die bald ihre erste Bewährungsprobe am Fuchsbau bestehen muss. Das ist alles farbenfroh gezeichnet, die Tiere sind liebevoll charakterisiert und immer wieder ist die Geschichte mit stimmungsvollen Details angereichert, wie beispielsweise kleine Fenster, die am Abend in den Baumstämmen zu leuchten beginnen und eine atmosphärische Waldlandschaft zaubern.
Die Adaption der Kinderbuchreihe von Ulf Nilsson und Gitte Spee beruht auf drei »Gordon«-Büchern (»Der erste Fall«, »Der letzte Fall« und »Doch noch ein Fall«). Die Handlung wurde neu kombiniert und manche Details etwas verkürzt. Für Regisseurin Linda Hambäck, als Mutter auch kritische Leserin viele Kinderbücher, ist Ulf Nilsson ein Autor, den sie gern liest, und sie mochte auch von Anfang die Illustrationen von Gitte Spee. »Als ich 'Der erste Fall' zu lesen begann, habe ich mich sofort in die Tonalität der Geschichten verliebt. Da ist so eine gewisse Ruhe in der Erzählung. Er rät uns, freundlich und wohlwollend zueinander zu sein, und gleichzeitig ist es fesselnd – man will wissen, was als Nächstes geschehen wird.« Für einen Film braucht sie ca. drei Jahre, »man muss also mit dem Material jeden Tag leben, daher sollte man es wirklich lieben«. Und von dieser Haltung ist ihr liebenswerter und absolut sehenswerter Familienfilm geprägt.
Siehe auch unsere Filmkritik auf artechock.
Verfügbarkeit: Die DVD ist bereits erschienen; Streaming bei den üblichen Anbietern ist ebenfalls möglich.
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Frankreich 1998 ∙ 75 Min. ∙ FSK: ab 0
Regie, Buch und Design: Michel Ocelot – Animation: Rija Studio (Riga), Exist Studio (Budapest) – Musik: Youssou N'Dour ∙ Altersempfehlung: ab 6 J.
Schon vor der Geburt macht das kleine Menschenkind auf sich aufmerksam. »Mutter, Mutter, bring mich zur Welt«, ertönt ein Stimmchen, leise zwar, aber bestimmt. Was die Mutter zu der Antwort bewegt: »Ein Kind, das im Mutterleib sprechen kann, kann sich auch selbst zur Welt bringen.«
So beginnt eine ungewöhnliche Mutter-Sohn-Beziehung und eine wunderbare Geschichte. Der kleine Knirps, der sich selbst als Kiriku vorstellt, bleibt nicht im Körbchen liegen, sondern beginnt sofort mit der Erkundung seiner Umwelt, einem afrikanischen Dorf mit runden Strohhütten, vielen Frauen und Kindern, wenigen Männern. Die Ursache für den Männer-Schwund ist in der Nachbarschaft zu suchen, in dem gut bewachten Refugium der Zauberin Karaba, die das ganze Dorf mit einem Fluch belegt hat. Kiriku ist neugierig und kann gar nicht verstehen, dass sich sein Dorf von einer einzelnen Person ängstigen und tyrannisieren lässt. Mutig stellt er sich der schönen Frau entgegen. Die wiederum kann gar nicht fassen, dass es jemand wagt, ihr aufrecht gegenüber zu treten. Egal, wie klein, auch Kiriku muss sich beugen. Tut er aber nicht. Obwohl Karaba nicht nur die Männer des Dorfes, Wasser und Gold besitzt, hat sie nie genug. Jetzt hat sie es auf die Kinder abgesehen. Doch Kiriku durchkreuzt ihre räuberischen Absichten. Im Gegensatz zu den Dorfbewohnern nimmt Kiriku das Unheil nicht als unabänderliches Schicksal, sondern sucht nach den Ursachen für den Fluch. Seine Mutter, die um die Besonderheit ihres Sohnes weiß, verrät ihm ein Geheimnis – und wie in jedem schönen Märchen besiegt auch hier die Liebe das Böse.
Das westafrikanische Märchen, auf dem Michel Ozelots Animationsfilm basiert, war für die Filmemacher eine phantastische Inspiration. Hintergründe, Farben, Figuren, Pflanzen, Tiere – alles strahlt Wärme und Vitalität aus. Das Leben der Menschen ist vom Rhythmus der Natur bestimmt wie von den Launen der Zauberin. Und wie jedes aufgeweckte neugierige Kind findet auch Kiriku sich nicht ab mit dem Vorgegebenen, ein kleiner Rebell, dem es auf originelle Weise gelingt, die Geschicke seines Dorfes zum Guten zu wenden. Kiriku und die Zauberin bezaubert durch künstlerische Gestaltung und Choreographie, durch Leichtigkeit und Witz in den Dialogen und nicht zuletzt durch die authentischen Klänge des Musikers Youssou N'Dour. Ein herausragender Zeichentrickfilm, der Erwachsene wie Kinder begeistert. »Ich finde diesen Film sehr sehr gut, weil ich afrikanische Märchen sehr mag. Und ich mag Kiriku sehr, weil er allerliebst ist und mutig. Das ist ein wunderschöner Film, vielen Dank, Monsieur Ocelot!« Das schrieb Melanie, 9 Jahre, beim Kinderfilmfest München.
Verfügbarkeit: Als neue oder gebrauchte DVD online überall erhältlich.
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Deutschland / Turkmenistan 1992/93 ∙ 98 Min. ∙ FSK:
Regie: Arend Agthe ∙ Drehbuch: Arend Agthe, Usman Saparov . Darsteller: Max Kullmann, Murat Orasov, Pjotr Olev, Neidhardt Riedel u.a. ∙ Altersempfehlung: ab 8
Karakum ist turkmenisch und bedeutet so viel wie »schwarze Erde« – hinter diesem geheimnisvollen Namen verbirgt sich eine riesige Sand- und Salzwüste im Süden Turkmenistans. Dort entstand nach dem Ende der UdSSR, gleichwohl unter schwierigen Bedingungen die deutsch-turkmenische Koproduktion Karakum von Arend Agthe (Flußfahrt mit Huhn, Der Sommer des Falken) mit dem turkmenischen Regisseur Usman Saparov (Ein Mann von acht Jahren, Engelchen mach Freude). Das Ergebnis ist ein überaus spannender Abenteuerfilm.
Der 13-jährige Robert aus Hamburg macht sich ganz allein in den Sommerferien auf den Weg zu seinem Vater, der als Ingenieur bei einem Erdgasprojekt in der Wüste Karakum arbeitet. Gemeinsam wollen sie Urlaub machen, die Wüste erkunden und bis zum Kaspischen Meer fahren. Als Robert in Nebyt Dag, dem nächstgelegenen Flughafen, landet, erwartet ihn dort jedoch nicht wie vereinbart sein Vater, sondern Pjotr, der verwegen aussehende Fahrer des Camps, um ihn und eine auf der Bohrstation sehnlichst erwartete teure Gasturbine abzuholen und ins Lager zu bringen. Auf der Fahrt dorthin nehmen sie in einem Dorf noch Murad, den Neffen von Pjotr, mit. Auch er will seinen Vater, der eine große Schafherde bei einer entfernt gelegenen Oase hütet, besuchen. Die gleichaltrigen Jungen können sich allerdings sprachlich kaum verständigen. Die Fahrt zum Camp nimmt aber einen anderen Verlauf. Pjotrs Kurierdienst für eine Drogenhändlerbande und eine Panne des Lastwagens abseits der regulären Route bringen die Jungen in Gefahr. Als Pjotr auf der Suche nach Wasser verschwunden ist, sind Roberts technischer Erfindungsgeist und Murads praktische Wüstenerfahrung gefragt…
Karakum – mit überzeugenden Darstellern besetzt, wobei die beiden jugendlichen Hauptdarsteller Max Kullmann und Murat Orasov sowie Pjotr Olev, der den zwielichtigen LKW-Fahrer spielt, hervorzuheben sind – zieht einen von Anfang an in seinen Bann, ein Film voller Spannung, Abenteuer, tollen Bildern der Wüste, aber auch ein Film über eine langsam wachsende Freundschaft zwischen zwei Gleichaltrigen aus ganz verschiedenen Kulturkreisen.
Verfügbarkeit: Sowohl als Stream bei den meisten Plattformen als auch als DVD, gebraucht und neu.
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Schweden / Norwegen 1984 ∙ 126 Min. ∙ FSK: ab 6
Regie: Tage Danielsson ∙ Buch: Astrid Lindgren ∙ Darsteller: Hanna Zetterberg, Dan Håfström, Börje Ahlstedt, Lena Nyman, Per Oscarsson u.a. ∙ Altersempfehlung: ab 8
In einer Gewitternacht wird auf der Mattisburg ein Kind geboren, der Räuberhauptmann Mattis ist außer sich vor Freude über seine Tochter, die sie Ronja nennen. Das Mädchen wächst bei Mattis und Lovis frei und unbekümmert heran, Räuber sind für Ronja das Normalste auf der Welt, Angst hat sie nicht – „her mit den Fahren“ ruft sie, und so lernt sie nicht nur Graugnome, Wilddruden und Rumpelwichte kennen, sondern auch Birk, den Sohn von Borka, dem verfeindeten Räuberhauptmann. Schon bald merkt Ronja, dass Birk kein Feind ist, sie werden Freunde und verbringen den ganzen Sommer in den sagenumwobenen, urwüchsigen Wäldern zusammen – heimlich. Die Freundschaft der beiden Kinder muss manche schwere Probe bestehen. Mit ihrer unnachgiebigen Stärke zwingen die beiden schließlich ihre Eltern zur Einsicht.
Ronja Räubertochter ist ein Beispiel geglückter Literaturverfilmung. Astrid Lindgrens wildromantische Geschichte – ein Appell an die Menschlichkeit – ist mit filmischen Mitteln adäquat umgesetzt worden. Der Film hat Kraft, Poesie und Humor. Die schwedisch-norwegische Produktion wurde zunächst von Olle Hellbom begonnen, unter dessen Regie die meisten der Lindgren-Bücher verfilmt wurden, und nach dessen Tod im Jahre 1983 von Tage Danielsson fortgesetzt. Er setzte technische Tricks sparsam, aber wirkungsvoll ein; seiner Meinung nach soll »ein Special Effect nicht mehr als ein oder zwei Minuten dauern – dann wird man davon müde«. So wechseln düstere, ein bisschen unheimliche Szenen mit heiteren, amüsanten Begebenheiten – etwa der Flug der bedrohlichen Wilddruden, die atemberaubenden Sprünge der Kinder über die Schlucht oder die irrwitzigen Rumpelwichte, die alles und jedes hinterfragen mit ihrem ständigen »Wiesu denn bluß?«… Zuallererst ist Ronja Räubertochter aber ein Film, der eine starke Geschichte erzählt, ein Film über eine Eltern-Kind-Beziehung, über das Heranwachsen und Selbstständigwerden von Kindern, über deren Hoffnungen und Wünsche, ihre Sehnsucht nach einer friedlichen und freundlichen Welt. Der Unversöhnlichkeit und Sturheit von Erwachsenen setzen sie ihre Stärke entgegen. Es ist aber auch ein »skandinavischer« Film, der seinen Reiz aus einer urwüchsigen Landschaft bezieht: Wälder im Frühling voller Buschwindröschen, weichen Moosdecken, rauschenden Wildbächen, gewaltigen Wasserfällen, klaren Seen und Plätzen, wo der Blick frei ist. Ein echter Klassiker, den man sich immer wieder anschauen kann!
Verfügbarkeit: Als Stream bei fast allen Anbietern als auch preisgünstig als gebrauchte DVD.
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BRD 1983 ∙ 100 Min. ∙ FSK: ab 6
Regie und Drehbuch: Arend Agthe ∙ Darsteller: Julia Martinek, David Hoppe, Fedor Hoppe, Uwe Müller, Hans Beerhenke ∙ Altersempfehlung: ab 6
»Lieber Opa, wir sind in einem geheimen Auftrag unterwegs, wir erkunden einen neuen Zugang zum Meer.« Der Opa ist wie vom Donner gerührt, als er am Morgen diese Nachricht anstelle seiner ihm anvertrauten Enkel Robert und Johanna vorfindet, greift sich das Boot vom Nachbarn und paddelt ihnen auf der Weser nach – wie die Kinder in der Nacht davor, denn Robert ist auf der Suche nach einem unerforschten Zugang zum Meer, die »Nord-Ost-Passage«. Eine waghalsige Verfolgungsjagd zwischen Kindern und Großvater, denn immer, wenn er in Reichweite von deren Boot gelangt, wird er von Robert, Johanna und den beiden Freunden plus Huhn ausgetrickst. Alle sind gleichermaßen abenteuerlustig – zu Wasser, zu Lande und in der Luft.
Differenziert werden die Kinder gezeichnet: Robert lebt in der Abenteuerwelt seiner Bücher und interpretiert reale Erlebnisse manchmal so, dass sie ihn und andere gefährden. Johanna ist neugierig und doch ängstlich, sie hat am ehesten Mitgefühl mit dem ausgetricksten Opa und ist froh, als sie zusammen im Boot sitzen. Dem Großvater fällt eine Doppelrolle zu, die ihn manchmal zu überfordern scheint, die er aber immer wieder mit neuer List und erstaunlichem Erfindungsgeist spielt: Einerseits muss er den Erwachsenen vortäuschen, dass es den Kindern gut geht, andererseits muss er versuchen, sie »einzufangen«, schließlich hat er die Verantwortung während der Abwesenheit der Eltern übernommen – und im Grunde hat er großes Verständnis für die Abenteuerlust der Kinder ... Das Huhn – von dem sich ja der Filmtitel ableitet – spielt schließlich auch keine unwesentliche Rolle. Wer genau beobachtet, wird sehen, dass es auf seine Weise die handelnden Personen unterstützt und damit die einzelnen Episoden abrundet.
Flußfahrt mit Huhn ist auch heute noch ein Film, der Spaß macht – ein Film voller Poesie und Spannung zugleich. Die Bilder lassen Zeit zum Betrachten, vermitteln ein Gefühl für die Landschaft und wecken Lust, selbst auf Entdeckungsfahrt zu gehen.
Verfügbarkeit: Als Stream bei fast allen Anbietern als auch preisgünstig als gebrauchte DVD.
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GRITTA VON RATTENZUHAUSBEIUNS / GRITTA VOM RATTENSCHLOSS
DEFA-Studio für Spielfilme, DDR 1985 ∙ 83 Min. ∙ FSK: ab 6
Regie und Kamera: Jürgen Brauer ∙ Drehbuch: Christa Kozik, nach Gisela und Bettina von Arnims Geschichte »Das Leben der Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns« ∙ Darsteller: Nadja Klier, Hermann Beyer, Fred Delmare, Suheer Saleh ∙ Altersempfehlung: ab 6
Das Mädchen Gritta lebt mit seinem Vater, einem liebenswert-versponnenen Erfinder, der nur seine Konstruktion einer Thronrettungsmaschine, TRM 1848, im Kopf hat, und dem treuen Diener Müffert in einem romantisch-vergammelten Schloss. Obwohl es an allen Ecken und Enden mangelt, lebt Gritta frei und unbeschwert. Die 13-Jährige kann machen , was sie will, streift durch Wiesen und Wälder, saust auf einem vom Vater gebauten Flugfahrrad durch die Gegend, liest Bücher, die nicht für Kinder geschrieben sind, spielt mit den possierlichen Ratten im Schloss. Dieses lustige Leben ändert sich schlagartig, als der Vater sich in die Gräfin Nesselkrautia verliebt – von Gritta nur »Gräfin Zimtzicke« genannt – und sie zur Frau nimmt. Sie sorgt schließlich dafür, dass Gritta in eine Klosterschule kommt. Dort wird die ihrer ganzen Umgebung überlegene junge Märchenheldin Zeugin finsterer Machenschaften zwischen der Äbtissin und Pekavus, dem Gouverneur des Königs. Sie entflieht mit einigen anderen Schülerinnen und schafft es, dass der böse Gouverneur, nachdem er sich schon selbst zum König gekrönt hatte, mit Hilfe der Thronrettungsmaschine ihres Vaters buchstäblich in die Luft befördert wird.
Vorlage für diesen Film war ein schon vergessenes Werk von Bettina von Arnim (1785-1859), das die preußische Romantikerin italienischer Herkunft 1843 mit ihrer damals 16-jährigen Tochter Gisela geschrieben hatte: »Das Leben der Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns«, einen Märchenroman, der auch eine Satire auf damalige Zustände darstellte. In diese phantasievolle Geschichte hat Bettina von Arnim gewiss ihre eigenen Wunschträume projiziert. Im gleichen Jahr wie diesen Märchenroman schrieb sie ihr Werk »Dies Buch gehört dem König«: Ausdruck ihrer Illusionen über Friedrich Wilhelm IV. als möglichen demokratischen Monarchen trotz seiner reaktionären Umgebung am Berliner Hofe. Aus der Romantikerin war damals bereits eine sozialkritische Schriftstellerin geworden, die sich gegen Zensur, Untertanengeist und Todesstrafe engagierte und von politischen Gegnern sogar als Kommunistin verdächtigt wurde. Die Autorin Christa Kozik, nach deren Drehbüchern mehrere Kinderfilme (Philipp, der Kleine, Moritz in der Litfaßsäule) im Defa-Studio Babelsberg entstanden, entdeckte das Buch in der Bibliothek des Schlosses Wiepersdorf (bei Jüterbog im südlichen Umland von Berlin und zu DDR-Zeiten ein temporärer Arbeitsort für Schriftsteller ähnlich der Villa Waldberta am Starnberger See), wo Bettina mit ihrem Mann Achim von Arnim lebte und wo auch das Grab besucht werden kann.
Der Film von Jürgen Brauer, dessen ursprünglicher Titel Gritta von Rattenzuhausbeiuns Bezug nimmt auf den alljährlichen »Empfang« auf Schloss Wiepersdorf , wenn die Familie nach der Winterpause aus Berlin in ihr Sommerdomizil zog, will in erster Linie vergnüglich-ironisch unterhalten und das ist ihm auch gelungen. Und das selbstbewusst und kluge Mädchen Gritta ist eine stimmige Identifikationsfigur – und so ist der Film eine echte Wiederentdeckung.
Verfügbarkeit: Als Stream bei fast allen Anbietern und preisgünstig als gebrauchte DVD.
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Die Geschichte vom kleinen Muck
DDR 1953 ∙100 Min.∙ FSK: ab 0
Regie: Wolfgang Staudte ∙ Drehbuch: Peter Podehl, Wolfgang Staudte ∙ Darsteller: Thomas Schmidt, Johannes Maus, Friedrich Richter, Trude Hesterberg, Alwin Lippisch, Silja Lesny ∙ Altersempfehlung: ab 6
Die historische Defa-Produktion von Wolfgang Staudte nach dem Märchen von Wilhelm Hauff eine abenteuerliche Geschichte: Eines Tages gelingt es dem alten Muck, wegen seines Buckels von Kindern und Erwachsenen gehänselt, eine Kinderschar, die ihn mal wieder verspottet hat, in sein Haus zu locken und dort so lange festzuhalten, bis sie sich seine Lebensgeschichte angehört haben: Als Sohn eines Gelehrten wächst er liebevoll betreut auf, doch sein Vater stirbt überraschend und der kleine Muck flieht vor seinen habgierigen Verwandten. Allein macht er sich auf den Weg, den »Kaufmann, der das Glück verkauft«, ausfindig zu machen und lernt die Welt und viele Menschen kennen: den Oberleibläufer des Sultans, die junge Amanza, die alte Ahavzi und andere skurrile Gestalten. Er fällt den Intrigen der korrupten Ratgebers des Sultans zum Opfer, wird eingekerkert und des Landes verwiesen. Schließlich gelingt es ihm noch, einen Krieg zu verhindern und dem Sultan und seinen Höflingen eine Lehre zu erteilen. Am Schluss hat er gelernt, dass wahres Glück nicht mit Zauberdingen zu erreichen ist. Der kleine Muck lässt freiwillig die Zauberpantoffel und den Zauberstab in der Wüste und kehrt zu den Menschen zurück.
In der orientalischen Märchenwelt geht es geheimnisvoll, dramatisch und nicht immer mit rechten Dingen zu. Die für einen deutschen Film der damaligen Zeit aufsehenerregenden perfekten Filmtricks wie der Wettlauf mit den Zauberpantoffeln oder das verblüffende Spiel auf einer Fontäne erstaunen noch heute.
»Der Film ist an Stellen, die von Hauffs Vorlage abweichen, besonders geprägt von Staudtes gesellschaftlicher Einstellung: Abneigung gegen Hass und Benachteiligung, Ablehnung korrupter Zustände und Herrschaftsverhältnisse, Mitgefühl mit den gesellschaftlich Benachteiligten. Die kindliche Hauptfigur Muck macht sich auf, den Kaufmann des Glücks zu suchen, erfährt Neid, Hass und Missgunst, aber auch Freundschaft und Zuneigung. Wolfgang Staudte (1906-1984) zählte zu den bedeutendsten deutschen Filmregisseuren der 50er und 60er Jahre. Mit Die Geschichte vom kleinen Muck gelang Staudte die Verfilmung eines deutschen Märchens, die in ihrer Qualität von den bundesdeutschen Märchenverfilmungen der 50er Jahre nicht annähernd erreicht wurde. Der Film setzte Maßstäbe, die aufgrund der politischen Ignoranz jener Jahre in der Bundesrepublik Deutschland nicht zur Kenntnis genommen worden sind. Der mit großem Aufwand gedrehte Film bezieht seine Wirkung aus der sinnvollen Geschichte, dem Spiel der Darsteller (vor allem des kleinen Muck), dem orientalischen Kolorit aus 1001 Nacht, seinen Trickaufnahmen und der Farbgebung. Die Dramaturgie des Films schafft Interesse beim Zuschauer und hält es bis zum Schluß aufrecht, parallel zu dem Interesse der Kinder, die im Film Mucks Publikum bilden. Die deutlich spürbare Absicht des Films wirkt nicht aufgesetzt und wird unaufdringlich durch die Handlung und das Spiel wirkungsvoll ins Bild gesetzt.« (Joachim Giera, KJK Nr. 90-2/2002)
Verfügbarkeit: Als Stream bei fast allen Anbietern und preisgünstig als gebrauchte DVD.
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Die Abenteuer des Prinzen Achmed
Deutschland 1923 – 1926 ∙ 66 Min.
Regie, Drehbuch, Silhouetten und Animation: Lotte Reiniger ∙ Kamera/Technik: Carl Koch ∙ Mitarbeit: Walther Ruttmann, Berthold Bartosch ∙ Musik: Wolfgang Zeller (Komposition für Orchester) ∙ Zwischentitel ∙ Altersempfehlung: ab 8
Der Silhouettenfilm Die Abenteuer des Prinzen Achmed, der als erster abendfüllender Trickfilm in die Filmgeschichte einging, entstand in den Jahren 1923-1926 in einem kleinen Atelier in Potsdam. Lotte Reiniger erinnert sich an die Vorgeschichte dieses kühnen Filmprojekts: »Seit Jahrhunderten hatte der Prinz Achmed mit seinem Zauberpferd als Märchenfigur in den Geschichten von Tausendundeiner Nacht ein behagliches Dasein geführt und war beliebt, glücklich und zufrieden. Aus diesem Frieden wurde er eines Tages aufgeschreckt, als eine Filmgesellschaft auf die Idee kam, seine und viele weitere Abenteuer aus derselben Quelle zu einem Trickfilm zu verwenden. Zu diesem Zwecke musste er ‚umgeboren’ werden. Denn es sollte ein Silhouettenfilm werden, weil der Hersteller, der von dieser Idee besessen war, nämlich ich, nichts anderes konnte als Silhouettenfilme machen. … Prinz Achmed selber musste zunächst körperlich erfunden, gezeichnet, geschnitten, beweglich gemacht, beleuchtet, bewegt und aufgenommen werden.«
Erzählt wird von Achmed, Sohn des großen Kalifen und Bruder von Prinzessin Dinarsade. Am Geburtstag des Kalifen erscheint ein Fremder und stellt sein Wunderwerk vor: ein Pferd, das durch die Lüfte fliegen kann. Der Kalif begehrt dieses Zauberpferd, der Zauberer aber fordert als Gegengabe die schöne Kalifentochter Dinarsade. Das erzürnt ihren Bruder, zugleich möchte er das fliegende Pferd einmal ausprobieren. So beginnt Prinz Achmeds abenteuerliche Reise. Auf der Insel Wak-Wak trifft er die schöne Pari Banu, in die er sich auf den ersten Blick verliebt. Inzwischen sinnt der Zauberer auf Rache und es gelingt ihm ein zweites Mal, dem Prinzen übel mitzuspielen. Er raubt Pari Banu, und Prinz Achmed findet sich in einer öden Gegend auf einem Felsen wieder. In dessen Inneren haust die Todfeindin des Zauberers, die gute Hexe vom Flammenberg. Sie hilft dem tapferen Achmed, doch wieder ist das Glück nur kurz, denn die Dämonen der Insel Wak Wak holen sich ihre Herrin zurück. Nachdem die gute Hexe in einem spektakulären Kampf den bösen Zauberer besiegt hat, gelingt es Prinz Achmed mit Hilfe von Aladins Wunderlampe, Pari Banu aus den Fängen der wilden Dämonen zu befreien und der Kalif kann seine Kinder und deren Geliebte überglücklich in die Arme schließen.
Insgesamt wurden etwa 250.000 Einzelbilder aufgenommen und schließlich fast 96.000 verwendet. Die Uraufführung des Stummfilms fand am 2. Mai 1926 in der Berliner Volksbühne am Bülowplatz statt, dazu erklang die sinfonische Orchestermusik des Filmkomponisten Wolfgang Zeller, die er in Korrespondenz mit Lotte Reiniger parallel zum Film geschrieben hatte und heute noch für Live-Aufführungen verfügbar und neu eingespielt auf der restaurierten DVD zu hören ist.
Verfügbarkeit: Auf DVD bei absolut Medien.