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Dokfest 2003 15.05.2003
 
 
Das schönste Festival ist immer das nächste...
Epilog zum 18. Internationalen Dokumentarfilmfestival München
HEIRATE MICH
 
 
 
 

Eine Woche im Mai. 33 Grad im Schatten. Man schleckt halbgeschmolzene Eiscreme und fächelt sich Luft zu. In ganz Deutschland sind die Kinos verwaist. In ganz Deutschland? Nein! In einem großen Dorf im Süden Germaniens stürmen die Menschen die Filmtheater, stehen Schlange in der brütenden Sonne. Der Grund dafür heißt Dokfest München. "Die waren alle bei uns", löst Festivaldirektor Hermann Barth feixend das Rätsel um die deutschlandweit schlechtbesuchteste Kinowoche seit langem.

In den vergangenen Monaten sah man sie eifrig auf Festivals stöbern, Hermann Barth und Ulla Wessler - zwei cineastische Trüffelschweine in ihrem Element. Reiche Beute brachten sie nach München: mehr als 100 wunderbare Filme aus aller Welt. Zum besten von ihnen kürte die internationale Jury einstimmig Tishe! von Victor Kossakowsky aus Russland. Bei seinem Blick aus dem Fenster auf eine Straße in St. Petersburg entdeckt er Komisches und Rätselhaftes und die unerwartete Schönheit unscheinbarer Dinge. Der, so die Jury-Begründung, "originellste, kunstvollste, unterhaltsamste und poetischste Dokumentarfilm des Wettbewerbs" erhielt den mit 10.000 Euro dotierten Dokumentarfilmpreis des Bayerischen Rundfunks.

Der Preis für den besonderen Dokumentarfilm wurde an den Film Tehora der israelischen Regisseurin Anat Zuria verliehen. In wunderbaren Bildern gewährt der Film Einblick in die Miqveh, die rituelle Waschung der Frauen nach der Menstruation, und rührt dabei an ein Tabu. Drei Frauen in unterschiedlichsten Lebenssituationen berichten mit ungeheurer Offenheit vom schmerzlichen Spannungsfeld zwischen individuellen Bedürfnissen und ihrem religiösen Empfinden.

Bei aller Freude über das gelungene Festival fiel ein schwerer Schatten auf die Abschlussfeier am vergangenen Samstag: der Bestand des Dokfests ist mehr als fraglich. "So nicht wieder" war die klare Botschaft der Organisatoren an die Stadt München. Denn in Zeiten leerer Kassen wurde das Budget gegenüber dem Vorjahr um 50 Prozent zusammengestrichen. Und wo die Basisfinanzierung nicht gewährleistet ist, halten sich auch Sponsoren zurück. Wenn bis zur Sommerpause nicht seitens der Stadt eine angemessene Summe zugesichert wird, wird das 18. Dokfest wohl das letzte gewesen sein.

Dabei ist der Dokumentarfilm gerade heute besonders wichtig. In Zeiten, in denen verstärkt Ellenbogen zum Einsatz kommen, werden klare Positionen für mehr Menschlichkeit dringend benötigt. Wenn Hoffnungslosigkeit und Depression dominieren, brauchen die Menschen neue Denkanstöße und Ermutigung, über den Tellerrand der eigenen Befindlichkeit hinauszublicken.

Das Dokfest München vereint all dies in wunderbarer Weise:
- Engagierte Menschen wie die Protagonisten von Planet Hasenbergl machen Mut zur Eigeninitiative, bauen Stigmata ab und beziehen Stellung gegen Diskriminierung und Ausgrenzung.
- Filme wie Heirate mich gewähren Einblicke in das Denken und Leben von Menschen aus anderen Kulturkreisen und lassen so die eigenen Probleme in realistischen Dimensionen erscheinen.

"Das beste Foto ist immer das nächste", sagt der Fotograf Herr Tanaka in Tokyo Noise. Die fernöstliche Weisheit lässt sich auch aufs Dokfest übertragen. Und so hoffen wir, dass das beste Festival uns immer wieder aufs Neue erwartet.

Wer auch im nächsten Jahr ein Dokfest in München erleben möchte, der beiteilige sich an unserer Aktion: "Ich will mein Dokfest!" - e-mails an Münchens OB Christian Ude: oberbuergermeister.ude@muenchen.de.

Nani Fux

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Filmkritiken zum Dokfest 2003:
Golden Lemons
Heirate mich
Hirtenreise ins dritte Jahrtausend
My Body
Planet Hasenbergl
Poem
Tehora (Purity)

Tishe! (Hush!)
Tokyo Noise
Vaterland

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