Leichte Muse in schweren Zeiten |
||
Mikis Theodorakis im Eröffnungsfilm Dance Fight Love Die – Unterwegs mit Mikis Theodorakis |
Von Elke Eckert
Mikis Theodorakis ist im Juli 90 Jahre alt geworden. In seiner Heimat wird er nicht nur als der bekannteste griechische Komponist verehrt, sondern auch als Schriftsteller und Politiker. Ende der 1960er Jahre kämpfte er im Untergrund gegen die Junta und musste wegen seines Widerstands Folter und Haft aushalten. Auch heute noch sagt er zu aktuellen Konflikten deutlich seine Meinung. Weltberühmt wurde Theodorakis durch seine Filmmusik zu Alexis Sorbas. Der Themenschwerpunkt »Musik im griechischen Film« ist mit fünf Veranstaltungen vor allem ihm gewidmet.
Regisseur Asteris Kutulas hat Mikis Theodorakis fast drei Jahrzehnte – von 1987 bis 2014 – immer wieder mit der Kamera begleitet und dieses Filmmaterial mit historischen Aufnahmen und fiktionalen Spielszenen verknüpft: Dance Fight Love Die – Unterwegs mit Mikis Theodorakis (dt. Fass.) ist als Work-in-Progress-Preview zum Auftakt der Filmtage zu sehen (Donnerstag,
12.11., 19.30 Uhr, Carl-Orff-Saal).
Tags darauf hält Asteris Kutulas, der auch literarische Werke von Theodorakis ins Deutsche übersetzt und ein Verzeichnis des Gesamtwerks des Komponisten herausgegeben hat, einen Vortrag über »Mikis Theodorakis und das Kino«, in dem er auf dessen Schaffen als Filmkomponist eingeht und deutlich macht, wie Theodorakis Musiker aller Stilrichtungen und in aller Welt beeinflusst und inspiriert hat. (Freitag, 13.11., 18:30 Uhr). Der Vortrag
ist die persönliche Einleitung zum Doku Double Feature Theodorakis (Freitag, 13.11., 20:00 Uhr), das sich aus dem von Kutulas und Klaus Salge gedrehten Porträt Mikis Theodorakis – Komponist (dt. Fass.) und Sonne und Zeit (dt. Fass.) zusammensetzt. Das 2010 entstandene Porträt lässt Mikis Theodorakis selbst zu Wort kommen und gewährt damit nicht nur einen Einblick in dessen 70-jähriges Lebenswerk, sondern auch in seine Gedankenwelt. Die Dokumentation zeichnet die Entstehung des Gedichtzyklus »Sonne und Zeit« nach, den Theodorakis während seiner Haftzeit in den sechziger Jahren verfasst und später teilweise vertont hat, und zeigt Aufnahmen vom gleichnamigen Konzert, das
1998 in Berlin stattfand. An beiden Abenden steht Asteris Kutulas für ein Gespräch mit dem Publikum zur Verfügung.
Am Sonntag, 15.11. um 15 Uhr wird Mikis Theodorakis noch einmal gewürdigt: mit der Verfilmung der antiken Tragödie Iphigenie (OmeU) von 1977, zu der er die Filmmusik geschrieben hat.
Eine Hommage ist auch der 2015 als bester griechischer Dokumentarfilm ausgezeichnete A Family Affair (OmdtU). Die kretische Familie Xilouris gilt als der bekannteste Musikerclan Griechenlands. Regisseurin Angeliki Aristomenopoulou hat den Familienpatriarchen Psarantonis, seinen Sohn und die Enkel bei den Vorbereitungen zu ihrem ersten gemeinsamen Auftritt begleitet. Ein sehr persönliches Porträt, das mit einem Konzert endet (Samstag, 14. und Freitag, 20.11., 18:00 Uhr).
Der preisgekrönte Debütfilm Norway (OmeU), in dem es einen Vampir auf der Suche nach immerwährender Musik ins nächtliche Athen verschlägt, verbindet den ersten mit dem zweiten Themenschwerpunkt der Filmtage: Aktuelle Filme, deren meist junge Regisseure ganz unterschiedlich auf die schwierige wirtschaftliche Lage in Griechenland reagieren – experimentell und eskapistisch,
aber auch zornig und brutal. In Yannis Veslemes' skurril-symbolhaftem Erstling zieht Blutsauger Zano durch die Discos, weil sein Herz still stehen würde, wenn er aufhört zu tanzen (Mittwoch, 18.11., 20 Uhr, Samstag, 21.11., 15 Uhr).
Sein Spielfilmdebüt gibt auch Konstantinos Koutsoliotas mit dem Drama Winter (OmeU), in dem ein junger Schriftsteller vor seinen Gläubigern aus
London flieht und in seinem verlassenen Elternhaus Zuflucht sucht. Doch Erinnerungen lassen ihn auch dort nicht zur Ruhe kommen. Traum und Realität verschmelzen, was wegen ungewöhnlicher 3D-Effekte vor allem visuell sehr überzeugend ist (Montag, 16. und Donnerstag, 19.11., 20 Uhr).
Yannis Economides' Blick auf eine Gesellschaft, die ihre Werte immer mehr preisgibt, ist der durch die Augen eines Auftragsmörders, der durchaus ehrenvolle Motive hat für das, was er tut. Stratos (OmdtU) war 2014 für den Goldenen Bären nominiert, Vangelis Mourikis wurde für die Rolle des Killers in Griechenland als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet (Dienstag, 17. und Samstag, 21.11., 20 Uhr).
Dass Vangelis Mourikis einer der wandlungsfähigsten Charakterdarsteller Griechenlands ist, beweist er auch in Norway und Winter. Als Gast des Festivals stellt er alle drei Filme persönlich vor.
Regisseur und Drehbuchautor Panos Koutras erzählt in seinem Roadmovie Xenia – Eine neue griechische Odyssee (OmdtU) eine ganz spezielle Coming-of-Age-Geschichte: Der 16-jährige Danny und sein zwei Jahre älterer Bruder Odysseas müssen als Söhne einer Albanerin mit der Ausweisung aus Griechenland rechnen, sobald sie volljährig sind. Nur wenn ihr griechischer Vater sie als seine
Söhne anerkennt, dürfen sie bleiben. Dazu müssten sich die drei aber erst mal kennenlernen… Neun Auszeichnungen und die Wahl zum griechischen Kandidaten für den Auslands-Oscar 2016 sind bisher die Anerkennung dafür, dass Koutras sein schweres Thema mit leichter Hand inszeniert hat (Samstag, 14.11., 20 Uhr und Samstag, 21.11., 17 Uhr).
Ebenfalls sensibel, aber auch sehr kompromisslos ist Syllas Tzoumerkas Psychogramm einer jungen Frau, in deren Alltag sich die
Wirtschaftskrise spiegelt. Weil ihr Mann auf See ist, kümmert sich Maria allein um die Kinder und bricht ihr Studium ab, um auch die Eltern in deren Geschäft zu unterstützen. Als die finanzielle Situation trotzdem immer auswegloser wird, verliert Maria die Kontrolle über sich und ihr Leben. A Blast – Ausbruch (OmdtU) lebt vor allem vom intensiven Spiel seiner
Hauptdarstellerin Angeliki Papoulia (Sonntag, 15.11., 20 Uhr, Donnerstag, 19.11., 18 Uhr).
Wie Griechenland in diese Krise geraten ist, zeigt der Filmemacher Yorgos Avgeropoulos in seiner Dokumentation Agora – From Democracy To The Market (OmdtU). Über vier Jahre hat er die Eurokrise aus griechischer Sicht porträtiert. Avgeropoulos sprach mit Bürgern und politischen Entscheidungsträgern und findet erschütternde Bilder für die sozialen
Auswirkungen der Krise (Sonntag, 22.11., 17 Uhr).
Die Doku Hippie, Hippie, Matala! Matala! (OmeU) avancierte im letzten Jahr zum Publikumshit und wird deshalb noch einmal gezeigt. Das kretische Fischerdorf Matala lockte in den 1960er-Jahren Aussteiger und Freigeister aus aller Welt an, die sich in den Höhlen am Strand häuslich niederließen. Die einzigartige Wohngemeinschaft besteht nicht lange, weil die Athener Militärregierung
eingreift (Montag, 16.11., 18 Uhr).
Die Höhepunkte des diesjährigen Kurzfilmfestivals von Drama (Mittwoch, 18.11., 18 Uhr) und die Familientragödie Blackmail Boy (Sonntag, 15.11. und Dienstag, 17.11., 18 Uhr, OmeU) runden das Festivalprogramm ab. Abschlussfilm ist das Drama Little England (OmeU), mit dem Regie-Veteran Pantelis Voulgaris
einen preisgekrönten Bestseller seiner Ehefrau Ioanna Karystiani verfilmt hat (Freitag, 20.11. und Sonntag, 22.11., 20 Uhr).
+ + +
29. Griechische Filmwoche
12. bis 22. November
Vortragssaal der Bibliothek im Gasteig, München, statt (Eröffnungsfilm: Carl-Orff-Saal des Gasteig). Weitere Infos unter www.griechischefilmwoche.de
Eine Veranstaltung der Filmstadt München e.V.